Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Erstattungszinsen ist Teil der Festsetzung von Prozesszinsen. Zinsen als steuerbare Kapitalerträge. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 10/20)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Anrechnung der Zinsen nach § 233a AO ist Teil der Zinsfestsetzung über Prozesszinsen und nicht erst im Erhebungsverfahren vorzunehmen.

2. Zinsen, also auch Prozesszinsen zur Einkommensteuer nach § 236 AO, fallen unter den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dem steht auch die Regelung in § 12 Nr. 3 EStG nicht entgegen.

 

Normenkette

AO § 236 Abs. 1, 4, § 233a; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3, § 12 Nr. 3

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten noch, ob überhaupt Prozesszinsen zur Einkommensteuer für 1999 festzusetzen sind.

Die Klage i.S. Einkommensteuer 1999 (Az. 5 K 1062/14) ist bei Gericht am 16.04.2014 (laut Eintragung ins Register des Gerichts) eingegangen. Während dieses Klageverfahrens erging der geänderte Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 05.08.2016. Damit war dem Klagebegehren entsprochen. Die Beteiligten erklärten die Hauptsache des Rechtsstreits i.S. Einkommensteuer 1999 für erledigt. Das Guthaben in Höhe von 1.614.350,82 EUR wurde am 05.08.2016 an die Klägerin ausgezahlt (vgl. Kontenabruf i..S. Einkommensteuer 1999, Akte Prozesszinsen, Bl. 8).

Mit Bescheid vom 05.08.2016 setzte der Beklagte Erstattungszinsen zur Einkommensteuer für 1999 gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) in Höhe von -1.113.297 EUR im Zeitraum 01.04.2001 bis 08.08.2016 fest und zahlte am 17.08.2016 nach Abrechnung mit bereits von der Klägerin getilgter Zinsen in Höhe von 356.363 EUR ein Guthaben in Höhe von 1.469.660 EUR an die Klägerin aus.

Mit Bescheid vom 22.12.2017 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 14.12.2017 auf Festsetzung von Prozesszinsen zur Einkommensteuer für 1999 ab, weil Erstattungszinsen in gleicher Höhe bereits am 05.08.2016 festgesetzt und abzuziehen gewesen seien. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 15.02.2018).

Dagegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt zur Begründung im Wesentlichen noch vor, dass die Auffassung des Beklagten, dass die Anrechnung der Erstattungszinsen auf die Prozesszinsen in der Summe zu keinem anderen Ergebnis führe, unschlüssig sei. Der Anspruch auf Festsetzung von Prozesszinsen erlösche nicht durch die Anrechnung gemäß § 236 Abs. 4 AO. Bei der Anrechnung handele es sich um einen selbständigen Verwaltungsakt. Zudem seien Erstattungszinsen und Prozesszinsen steuerlich nicht gleich zu behandeln. Entgegen der Auffassung des Beklagten treffe es nicht zu, dass sowohl Prozesszinsen als auch Erstattungszinsen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählten. Prozesszinsen seien (unter Hinweis auf das die bisherige Rechtsprechung ändernde Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 15.06.2010 VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503; und auf Buge in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG, Anm. 308) nicht einkommensteuerpflichtig. Auf diese Rechtsprechungsänderung habe der Gesetzgeber zwar mit einer Gesetzesänderung reagiert und § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG eingefügt. Diese Gesetzesänderung betreffe aber nur Erstattungszinsen.

Zudem spreche gegen die im Gerichtsbescheid vertretene Auffassung, dass die Steuerbarkeit der Prozesszinsen dahinstehen könne, dass das Rechtsschutzbedürfnis bei Steuerbarkeit der Prozesszinsen entfiele. Es wäre dann unerheblich, ob die Klägerin Prozesszinsen oder Erstattungszinsen erhalte. Hinzu komme, dass die materiell-rechtliche Nichtsteuerbarkeit der Prozesszinsen gemäß § 236 AO auf das Verfahrensrecht zurückwirke. Ebenso wenig komme es darauf an, ob die Anrechnung im Festsetzungs- oder Erhebungsverfahren erfolge. Dies habe allenfalls Einfluss auf eine sachdienliche Antragstellung. Entscheidend sei vielmehr, dass ein Anspruch auf Prozesszinsen entstanden sei und dass die gesetzlich vorgesehene Anrechnung der Erstattungszinsen auf Prozesszinsen bisher nicht erfolgt sei und mangels Festsetzung der Prozesszinsen bisher auch nicht habe erfolgen können, obwohl der Klägerin ein Anspruch auf Festsetzung entstandener Prozesszinsen zustehe. Die Anrechnung von Erstattungszinsen habe hinsichtlich der Prozesszinsen Erfüllungswirkung und führe in Höhe des Anrechnungsbetrags bei der Klägerin zu einem nichtsteuerbaren Zufluss. Dies wäre nicht der Fall, wenn der entstandene Anspruch auf Prozesszinsen nicht durch Erfüllung, sondern mangels Festsetzung ersatzlos erlöschen würde. Dass die Anrechnungsvorschrift des § 236 Abs. 4 AO zum Entfall des Festsetzungsanspruchs führen könne, werde soweit ersichtlich sonst nirgends vertreten.

Die Klägerin beantragt,

  1. den Rechtstreit gemäß § 6 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf den Senat zurück zu übertragen,
  2. unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 22.12.2017 und der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2018 den Beklagten zu verpflichten, Prozesszinsen zur Einkommensteuer 1999 auf 217.937,2...

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