rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung eines erkrankten Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Berücksichtigung eines Kindes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) EStG, das eine Ausbildung krankheitsbedingt nicht aufnehmen oder fortsetzen kann, setzt voraus, dass das Kind seine Ausbildungswilligkeit noch während der Erkrankung für die Zukunft erklärt.

 

Normenkette

EStG § 63 Abs. 1, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c), § 62 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist nur noch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für den Monat Dezember 2016 und die Rückforderung des Kindergeldes für diesen Monat.

Die Klägerin erhielt laufend Kindergeld für das in Ausbildung befindliche Kind A, geb. ….1997. Mit Schreiben vom 11.7.2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Kindergeldfestsetzung vom 29.6.2015 ab August 2018 wegen Abschlusses der Ausbildung im Juli 2018 aufgehoben werde, verbunden mit der Aufforderung den Abschluss der Ausbildung nachzuweisen. Die Klägerin teilte der Beklagten daraufhin mit Erklärung vom 14.7.2018 mit, dass ihre Tochter die Ausbildung als … im September 2016 wegen einer Erkrankung habe abbrechen müssen, sich aber im Januar 2017 bei der Bundesagentur für Arbeit ausbildungssuchend gemeldet habe und seit dem 1.8.2017 einer Ausbildung als … nachgehe. Entsprechende Nachweise wurden beigefügt. Hinsichtlich der Erkrankung der Tochter wurde ein Attest der behandelnden Ärztin B vom 2.1.2019 vorgelegt, wonach die Tochter der Klägerin in der zweiten Hälfte des Jahres 2016 aufgrund von rezidivierenden Infekten, Sinusitiden und … häufig erkrankt gewesen sei und deshalb die Schule im September 2016 habe abbrechen müssen. Auch danach sei sie die restlichen drei Monate des Jahres häufig krank gewesen.

Mit Bescheid vom 24.1.2019 hob die Beklagte daraufhin die Kindergeldfestsetzung für die Monate Oktober bis Dezember 2016 auf und forderte die überzahlten Beträge in Höhe von insgesamt 570,– € zurück, da die Tochter A in diesem Zeitraum weder in Ausbildung noch ausbildungssuchend gewesen sei. Für die Zeiträume ab Januar 2017 wurde in einem gesonderten Bescheid erneut Kindergeld für die Tochter der Klägerin als ausbildungsplatzsuchendes Kind festgesetzt.

Der gegen den Bescheid vom 24.1.2019 geführte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 3.5.2019 als unbegründet zurückgewiesen. Im Streitfall hätten die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld von Oktober 2016 bis Dezember 2016 nicht vorgelegen bzw. seien nicht nachgewiesen worden. Die angeführte Erkrankung des Kindes sei kein Grundtatbestand gemäß § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG), der einen Anspruch auf Kindergeld auslöse. Bei Erkrankung eines Kindes müsse das Kind eine Willenserklärung dahingehend abgeben, dass es sich nach Wegfall der Erkrankung entweder wieder arbeitslos melden (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG)oder sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt um einen Ausbildungsplatz bewerben werde (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG). Diese Willenserklärung sei aber nur für die Zukunft möglich und könne für die Vergangenheit nicht abgegeben werden. Sie gelte erst ab Eingang bei der Familienkasse. Eine rückwirkende Entscheidung über den Kindergeldanspruch eines erkrankten Kindes sei folglich nicht möglich.

Im vorliegenden Fall habe sich das Kind zwar zunächst in Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befunden. Diese Ausbildung sei jedoch vorzeitig am 27. September 2016 beendet worden, ohne die Familienkasse hierüber trotz bestehender gesetzlicher Verpflichtung zu unterrichten. Eine weitere Berufsausbildung für die Zeit danach liege für den streitigen Zeitraum nicht vor.

Mit der hiergegen geführten Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 24.1.2019. Sie legt ein weiteres Attest der behandelnden Ärztin B vom 16.6.2021 mit folgendem Wortlaut vor:

„Die o.g. Patientin war in der zweiten Hälfte des Jahres 2016 aufgrund von rez. Infekten teilweise mit Fieber, Sinusitiden, … und … häufig erkrankt und musste daher die Schule im September 2016 abbrechen. Auch danach war sie die restlichen drei Monate des Jahres 2016 weiter krank aufgrund der o.g. Erkrankungen.

Im Zeitraum Oktober bis Dezember 2016 bei o.g Patientin vorliegende Diagnosen mit Diagnoseschlüssel:

Ende Dezember 2016 war absehbar, dass der gesundheitliche Zustand der Patientin sich besserte und die o g. Erkrankungen ab Januar 2017 nicht mehr vorliegen würden.”

Die Klägerin führt aus, ausweislich des Attests sei Ende Dezember abzusehen gewesen, dass sich der gesundheitliche Zustand des Kindes verbessern würde und die festgestellten Erkrankungen ab Januar 2017 nicht mehr vorliegen würden. Eine auf Dauer angelegte Schulunfähigkeit habe dementsprechend nicht vorgelegen, so dass die Kindergeldzahlung weiterhin zu recht erfolgt sei. Sie, die Klägerin, habe die Familienkasse ordnungsgemäß darüber informiert, dass ihre Tochter schwer erkrankt gewesen sei, so dass die behandelnde Ärztin...

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