Entscheidungsstichwort (Thema)

Ortsübliche Marktmiete i.S. des § 21 Abs. 2 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei der Bestimmung der ortsüblichen Marktmiete i.S. des § 21 Abs. 2 EStG handelt es sich um eine Schätzung i.S. des § 162 Abs. 1 AO.

2) Es ist die Aufgabe des Finanzgerichts, zwecks Durchführung der Schätzung als Tatsacheninstanz im Einzelfall festzulegen, auf welchem Weg und anhand welcher Beweisanzeichen die ortsübliche Marktmiete realitätsnah ermittelt werden kann.

3) Sind in einem Objekt mehrere baulich vergleichbare und an Dritte vermietete Appartements vorhanden, besteht die allein sachgerechte Methode zur Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete i.S. des § 21 Abs. 2 EStG in der Heranziehung der vermieteten weiteren Appartements.

 

Normenkette

AO § 162; FGO § 96; EStG § 21 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Nach umfangreichen Differenzen während des außergerichtlichen Rechtsschutzverfahrens waren im Klageverfahren zunächst nur noch die Aufteilung der Vermietungseinkünfte nach § 21 Abs. 2 des EinkommensteuergesetzesEStG – wegen verbilligter Überlassung zweier Wohnungen an zwei Kinder der Kläger sowie die Nichtanerkennung von Kosten für Bettwäsche (59,90 €), Decken (35,96 €) und Handtücher (62,21 €) streitig.

Die Kläger erzielen unter anderem Einkünfte aus der Vermietung zweier Objekte in B. Streitig ist die Ermittlung der Einkünfte aus dem Wohneigentums-Objekt S, das die Kläger im Wesentlichen im Jahr 2012 angeschafft und danach renoviert haben.

Es handelte sich bei dem erworbenen Wohneigentum ursprünglich um einen Kiosk oder eine Kneipe sowie einen Teil einer separat im Streitjahr erworbenen Garage mit ca. 93 m² Grundfläche. Ursprüngliches Baujahr war das Jahr 1957. Das Objekt wurde zwecks nachfolgender Wohnraumnutzung in Form von vier Apartments vollkommen umgestaltet. Dabei wurden alle nichttragenden Wände, Wand- und Deckenbekleidung sowie Bodenbeläge entfernt und die Einheit komplett entkernt. Nachfolgend wurden alle Wände, die wasserführenden Leitungen und Installationen sowie die Elektrik erneuert. Außerdem wurden zwecks späterer Wohnnutzung neue Türen und Fenster eingebaut und die Wohnungen neu gestaltet und eingerichtet. Nach dem Umbau ergaben sich Apartments mit Flächeninhalten von 26 m², 19 m², 26 m² und 22 m². Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung im Bauantrag, den in der Rechtsbehelfsakte befindlichen Plan der Wohneinheit nach Umgestaltung sowie den – nach Abklärung des Sachverhaltes mit den Prozessbevollmächtigten erstellten – Aktenvermerk des Bausachverständigen Diplom-Ingenieur H vom XX.XX. 2016 verwiesen.

Die Kläger hatten ursprünglich in ihrer Steuererklärung folgende Angaben zu den Vermietungseinkünften des Objektes in der S gemacht:

Einnahmen/Ausgaben

Beträge

streitig/unstreitig

Einnahmen Wohnungen

5.264 €

unstreitig

Einnahmen Garage

1.500 €

Einnahmen Gesamt

6.764 €

AfA Gebäude

2.590 €

streitig

AfA bewegliche WG

8.159 €

streitig

Erhaltungsaufwand

3.403 €

streitig

Laufende Werbungskosten

3.592 €

unstreitig

Fahrtkosten

3.962 €

streitig

Werbungskosten Gesamt

21.706 €

streitig

Werbungskostenüberschuss

14.942 €

streitig

Der Beklagte wich in den Einkommensteuerbescheiden vom 4. November 2014 sowie vom 15. April und 15. Mai 2015, die jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen, von diesen Werten ab. Zu diesen Bescheiden gab es teils unzulässige und teils zulässige Einsprüche, die letztlich im Rahmen eines unstreitig zulässigen Einspruchsverfahrens in der Sache fortgeführt wurden. Im Zuge dieses Rechtsbehelfsverfahrens wurden diverse Positionen einvernehmlich geklärt.

So wurde die Bemessungsgrundlage der Absetzungen für Abnutzung – AfA – für das Gebäude neu berechnet. Auf der Basis von anteiligen (Gebäude-)Anschaffungskosten (60.287,70 €) und anschaffungsnahen Herstellungskosten (42.818,57 € laut Listen der Kläger vom 31. Oktober 2015/16. November 2017), also einer Bezugsgröße von 103.106,27 €, erhöht um die im Einspruchsverfahren konkretisierten Fahrtkosten von 5.382 € sowie weitere erwerbsnahe Aufwendungen von 1.910 €, also insgesamt ausgehend von Herstellungskosten (HK) in Höhe von 110.398 €, wurde die AfA mit 2.208 € pro Jahr berechnet. Auf das Streitjahr entfiel unstreitig nur eine hälftige AfA von 1.104 €.

Offen blieb insoweit die Behandlung der als laufende Erhaltungsaufwendungen geltend gemachten 3.403 €, hinsichtlich derer der Akteninhalt keinen Aufschluss über die Lebenssachverhalte, die dieser Position zugrunde liegen, gibt.

Weiterhin wurden die AfA auf bewegliche, teilweise geringwertige Wirtschaftsgüter i.H.v. 8.501 € berücksichtigt. Die darin enthaltene Abschreibung auf bewegliche Sachen mit Gesamtanschaffungskosten von 3.000 € wurde einvernehmlich auf drei Jahre verteilt (vgl. Klägerschriftsatz vom 17. Juli 2017), also mit einer Jahresrate von 1.000 € berücksichtigt, von der auf das Streitjahr nur 6/12 entfielen. Streitig blieb die Berücksichtigung der Aufwendungen für Bettwäsche, Bett...

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