Entscheidungsstichwort (Thema)

Dauerschuldcharakter bei Wiederaufleben einer erlassenen Verbindlichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Erlässt ein Gläubiger dem Steuerpflichtigen Dauerschulden und soll der Gläubiger unter der aufschiebenden Bedingung eines Bilanzüberschusses berechtigt sein, den Betrag zu fordern, handelt es sich bei der neuen Verbindlichkeit nicht um eine Dauerschuld, wenn die tatsächliche Laufzeit des neuen Darlehens unter einem Jahr liegt und für die Zeit zwischen Erlöschen und Wiederaufleben der Verbindlichkeit keine Zinsen zu zahlen sind.

 

Normenkette

GewStG § 12 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.01.2003; Aktenzeichen I R 50/02)

 

Tatbestand

Die Klägerin schuldete ihrer Gesellschafterin, der A-Ltd., aufgrund eines Darlehensvertrages aus dem Jahre 1988 DM 18.000.000,–. Das Darlehen wurde im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Schachtelbeteiligung aufgenommen und konnte jederzeit zurückgezahlt werden, spätestens jedoch am 31.12.1998. Weiterhin schuldete die Klägerin ihrer Gesellschafterin, der B-Ltd., aufgrund von fünf Darlehensverträgen aus den Jahren 1990 bis 1992 insgesamt DM 42.250.000,–. Die Klägerin hatte diese Darlehen in voller Höhe dreißig Tage nach Abgabe einer schriftlichen Mitteilung der Gläubigerin zurückzahlen. Eine vorherige Rückzahlung war jederzeit im Ganzen oder zum Teil ohne Vertragsstrafe möglich.

Die Gläubigerinnen erließen der Klägerin mit Erlaßverträgen in den Jahren 1990 bis 1992 die genannten Verbindlichkeiten. Die Klägerin buchte diese aus ihren Bilanzen aus. Die Erlaßverträge haben den gleichen Wortlaut und sind in englischer Sprache abgefaßt. Die exemplarisch für alle Verträge vorgelegte Übersetzung enthält die folgenden Regelungen:

„2. Die Gläubigerin verzichtet zum ……… in voller Höhe auf die Darlehensforderung von DM ………. Die Schuldnerin akzeptiert diesen Verzicht.

3. Die Gläubigerin ist berechtigt, den Betrag von ………, auf den verzichtet wurde, von der Schuldnerin unter der aufschiebenden Bedingung zu fordern, daß die Schuldnerin in der Zukunft einen Bilanzüberschuß erwirtschaftet bzw. einen Liquidationserlös erzielt.

4. Für die nach Abs. 3 entstehende Schuld gelten die gleichen Modalitäten (Verzinsung, Rückführung) wie für die nach Abs. 2 erloschene Schuld.”

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Erlaßverträge und die vorliegende Übersetzung verwiesen.

Im Wirtschaftsjahr 1993 erhielt die Klägerin gemäß Beschluß vom 15.12.1993 eine Vorabdividende der C-GmbH in Höhe von DM 86.871.525, – und erzielte einen Jahresüberschuß, der die erlassenen Verbindlichkeiten überstieg. Aufgrund der verbesserten Ertragslage passivierte die Klägerin die erlassenen Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt DM 60.250.000, – in ihrer Bilanz zum 31.12.1993. Die genannten Verbindlichkeiten wurden sämtlich im Laufe des Jahres 1994 getilgt. Für das Jahr 1994 leistete die Klägerin ebenfalls die entstandenen Zinsen. Für die Zeit zwischen dem Erlaß der Verbindlichkeiten und der erneuten Passivierung erfolgten keine Zinsleistungen.

Einen Überblick über die Darlehen gibt die folgende Übersicht:

Darlehensbetrag DM

Darlehensauszahlung am

vereinbarte Laufzeit längstens bis

Darlehenserlaß DM

Erlaß zum

erneute Passivierung

Tilgung am

18.000.000

19.12.1988

31.12.1998

18.000.000

31.12.1990

31.12.1993

27.07.1994

16.000.000

27.11.1991

30 Tage

13.000.000

31.12.1991

31.12.1993

27.07.1994

nach schriftlicher Mitteilung

3.000.000

31.12.1992

31.12.1993

27.07.1994

15.000.000

24.04.1992

dto.

15.000.000

31.12.1992

31.12.1993

14.12.1994

5.750.000

28.09.1990

dto.

5.750.000

31.12.1990

31.12.1993

27.07.1994

3.500.000

13.11.1991

dto.

3.500.000

31.12.1991

31.12.1993

27.07.1994

2.000.000

15.02.1991

dto.

2.000.000

31.12.1991

31.12.1993

27.07.1994

60.250.000

60.250.000

Die genannten Verbindlichkeiten haben den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 01.01.1994 in voller Höhe gemindert. Die Klägerin sah in ihrer Gewerbesteuererklärung für das Jahr 1994 davon ab, die Zinsen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb und die Verbindlichkeiten dem Einheitswert des Betriebsvermögens hinzuzurechnen. Zur Begründung führte sie an, daß die Laufzeit der Verbindlichkeiten nach erneuter Entstehung unter einem Jahr liege, da die Tilgung noch in 1994 erfolgt sei. Der Beklagte setzte den Gewerbesteuermeßbetrag 1994 mit Bescheid vom 28.03.1996 davon abweichend fest. Er rechnete die Zinsen für die Verbindlichkeiten gemäß § 8 Nr. 1 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzu und nahm für die Verbindlichkeiten gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG Hinzurechnungen zum Einheitswert vor. Steuerliche Auswirkung hat jedoch nur die Hinzurechnung zum Einheitswert des Gewerbebetriebs, da der Meßbetrag nach dem Gewerbeertrag trotz der Hinzurechnung DM 0, – beträgt. Gegen die Hinzurechnung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG richtet sich die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage.

Nach Ansicht der Klägerin sind für die Verbindlichkeiten in Höhe von DM 60.250.000, – keine Hinzurechnungen beim Einheitswert des Gewerbebetriebs vorzunehmen. Es handele si...

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