Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweiswert eines Zeitreihenvergleichs

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Vermutung der Richtigkeit einer Buchführung kann durch einen inneren Betriebsvergleich mit einer sog. qualifizierten Nachkalkulation widerlegt werden. Es muss der Nachweis erbracht werden, dass das Buchführungsergebnis sachlich schlechterdings nicht zutreffen kann.

2) Das Ergebnis eines Zeitreihenvergleichs ist nicht geeignet, die Beweiskraft einer formell ordnungsgemäßen Buchführung gemäß § 158 AO zu verwerfen.

 

Normenkette

AO §§ 158, 146-147, 162

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe die Umsätze und Gewinne aus der Buchführung des Klägers um Zuschätzungen erhöht werden müssen.

Der Kläger ist seit April 2000 Inhaber der Gaststätte „D” im …Stadtteil …. Es handelt sich um eine Schank- und Speisewirtschaft im Stil eines Brauhauses. Die Gaststätte ist täglich geöffnet. Auf die im Rahmen der Betriebsprüfung eingereichte Speisekarte wird Bezug genommen.

In den Streitjahren (2002 bis 2004) arbeitete der Kläger, der vor der Übernahme der Gaststätte dort viele Jahre als Buffetier tätig war, im Verkauf mit. Sein Stellvertreter war Herr M.. Es waren mehrere Kellner und Köche angestellt. Insgesamt beschäftigte der Kläger im Jahresdurchschnitt 13 Arbeitnehmer (einschließlich Aushilfen).

Es waren zwei miteinander verbundene elektronische Registrierkassen vorhanden, die über verschiedene Schlüssel bedient wurden. Kasse 1 wurde von den einzelnen Kellnern geführt und hatte verschiedene Bedienerspeicher. Kasse 2 wurde nur vom Thekenpersonal – in der Regel vom Kläger – bedient.

Die Kellner wickelten das Geschäft an den Tischen nur über ihre Notizzettel, die Bierdeckel der Gäste und die Verzehrbons für Theke und Küche ab. Im Regelfall buchten die Kellner erst nach der Bezahlung die Speisen und Getränke in die Kasse 1 ein. Manchmal benutzten sie die Kasse vor dem Kassieren als Rechenmaschine. Die Kassen können eine Rechnung bzw. einen Bewirtungsbeleg im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG ausdrucken. Zum Vergleich sind zwei aktuell erstellte Exemplare zu den Akten gereicht worden (Bl. 111 FG-Akte). Bewirtungsbelege oder Rechnungen werden von den Gästen jedoch nur in Ausnahmefällen verlangt. War dem Kellner bereits bei der Bestellung gesagt worden, dass alle Umsätze eines Tisches am Ende in einer Rechnung erscheinen sollten, buchte er sie in der Kasse mit der entsprechenden Tischnummer und konnte bei der Abrechnung den Bewirtungsbeleg allein mit seinem Schlüssel erzeugen. Verlangte ein Gast erst beim Bezahlen einen Bewirtungsbeleg, musste der Kläger sich mit seinem Schlüssel in die Kellnerkasse einschalten und aus den bereits erfassten Umsätzen des Kellners eine gesonderte manuelle Rechnung erzeugen, die dem Gast ausgehändigt wurde. Kopien der von den Kassen erstellten Rechnungen fertigte der Kläger nicht.

Von den Gästen gezahlte Trinkgelder wurden in den Kassen nicht erfasst. Alle von den Kellnern vereinnahmten Beträge sammelten diese in ihren Brieftaschen.

Nach Geschäftsschluss erstellten die Kassen auf Anforderung tägliche Finanzberichte mit fortlaufenden Nummern (von Nr. 1 am 2. Januar 2002 bis zu Nr. 1150 am 1. Januar 2005) und Angabe der Uhrzeit (Z-Bons). Diese bestanden aus getrennten Einzelberichten über die Solleinnahmen jeder Kasse, die durch Auszählen des Kasseninhalts mit dem Ist-Bestand verglichen wurden. Ferner wurde ein Bedienerbericht erstellt, in dem die aufaddierten Einnahmen getrennt nach den einzelnen Kellnern und dem Thekenbereich dargestellt wurden. Die Bedienerberichte dienten als Grundlage für die Abrechnung des Klägers mit den Kellnern. Diese gaben ihm aus ihren Brieftaschen den Kassensollbetrag gemäß ihrem jeweiligen Kellnerspeicher. Den Rest des Bargelds – ihre Trinkgelder – behielten sie. Die Einnahmen beider Kassen wurden schließlich auf einem Tagesendsummenbon zusammengefasst. Nach dessen Ausdruck war der Tagesspeicher gelöscht. Die vorgenannten Finanzberichte der Kassen wurden chronologisch in Heftstreifen für jeden Monat geordnet aufbewahrt. Die Kassenstreifen bewahrte der Kläger nicht auf.

Am jeweils nächsten Tag zeichnete der Kläger auf einem Datev-Vordruck „Kasse” die Kassenbewegungen des Vortrages auf. Ausgehend vom bereits eingetragenen Kassenbestand notierte er zunächst gemäß dem Z-Bon aus der vorvergangenen Nacht die Einnahme und trug dazu das Datum des Vortages ein. Anschließend zeichnete er alle nachfolgenden Ausgaben – für Wareneinkäufe oder Einzahlungen bei der Bank – des Vortages mit einem Stichwort auf. Die Eintragungen schlossen mit dem rechnerisch ermittelten neuen Kassenendbestand.

Der Kläger machte in den Jahren 2002 und 2003 insgesamt drei Urlaubsreisen, die in zwei Fällen 9 Tage und einmal 15 Tage dauerten. Die für 2004 geplante Urlaubsreise wurde krankheitsbedingt storniert. Während der Abwesenheit des Klägers in 2002 und 2003 hatte Herr M. die Verantwortung für die Kassen. Dieser rief abends die Finanzberichte ab, zählte die Kassen aus und rechnete mit den Kellnern ab. Tagsüber n...

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