Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsarztpraxis: Kein weiteres immaterielles Wirtschaftsgut neben Praxiswert

 

Leitsatz (redaktionell)

Beim Erwerb einer Vertragsarztpraxis ist neben dem erworbenen Praxiswert kein weiteres selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut in Form des "mit einer Vertragsarztzulassung verbundenen wirtschaftlichen Vorteils" vorhanden. Dies gilt auch für die Übernahme sog. "Abrechnungspunkte".

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 1; SGB V § 103 Abs. 4; EStG § 5 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die im Kreiskrankenhaus in A ein Röntgeninstitut betreibt. Sie befindet sich in einem so genannten gesperrten Planungsbereich mit den sich aus § 103 SGB V ergebenden Zulassungsbeschränkungen für Radiologen.

Zum 01.01.2006 ist Herr B aus der Gesellschaft ausgeschieden. Er wurde mit Beschluss vom 13.03.2008 zum Verfahren notwendig beigeladen.

2006 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2005 durch, deren Ergebnisse sich aus dem Bericht vom 15.11.2006 ergeben. Hinsichtlich der steuerlichen Beurteilung des Erwerbs des Vertragsarztsitzes von Frau D. (Tz. 2.2 des Betriebsprüfungsberichtes) konnte keine Einigung erzielt werden.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Frau D. führte in F eine radiologische Einzelpraxis. Sie verfügte über einen Vertragsarztsitz verbunden mit einem Individualbudget von rund 3 Mio. Punkten/Quartal. Nach Aufgabe dieser Einzelpraxis in F verlegte Frau D. ihren Vertragsarztsitz zum 01.10.2001 nach A und gründete mit Herrn E, einem Gesellschafter der Klägerin, mit Vertrag vom 27.09.2001 eine Gemeinschaftspraxis, die in den Räumen der Klägerin betrieben wurde. Diese Gemeinschaftspraxis bestand bis zum 31.03.2002.

Ausweislich der Absichtserklärung vom 07.08.2001 von G und H, die in F eine Gemeinschaftspraxis für Radiologie und Nuklearmedizin betreiben, und Herrn K – einem Gesellschafter der Klägerin – als Vertreter der Klägerin bestand Übereinkunft, die Praxis von Frau D. für einen Kaufpreis von maximal 1,4 Mio. DM zu erwerben. Davon sollten höchstens 900.000 DM die Klägerin und maximal 500.000 DM die Praxis für Radiologie und Nuklearmedizin in F tragen. Folgende Voraussetzungen sollten vorab erfüllt sein:

  1. Der Praxisstandort in F müsste geschlossen werden.
  2. Das Budget von Frau D. in Höhe von 3 Mio. Punkten sollte zu einem Anteil von 1,8 Mio. Punkten sowie dem Kassenarztsitz selbst in die Klägerin eingebracht werden; der Rest von 1,2 Mio. Punkten sowie eine Budgeterhöhung um 1 Mio. Punkte sollte der Praxis Dres. G/H zukommen.
  3. Sämtliche Vereinbarungen der Absichtserklärung sollten unter der aufschiebenden Bedingung stehen, dass

    1. die Praxisräume in der J-Straße … geräumt seien;
    2. der Kassenarztsitz von Frau D. auf einen der Mitarbeiter der Klägerin übertragen sei;
    3. die Budgetaufteilung durch die Kassenärztliche Vereinigung, wie oben aufgeführt, unwiderruflich erfolgt sei.

Der Vereinbarung vom 13.11.2001 zwischen Dres. G/H und Kollegen, der Klägerin und D. ist unter Punkt 10 zu entnehmen, dass die Klägerin das Archiv von Frau D. übernommen hat. Den Dres. G/H und Kollegen wurde ein jederzeitiges Zutrittsrecht zu dem Archiv eingeräumt. Beide Arztgruppen sollten sich die benötigten Röntgenaufnahmen und Befunde aus dem Archiv selber beschaffen können.

Zum 01.04.2002 übernahm Herr L, der seit 01.01.2002 Gesellschafter der Klägerin ist, den Vertragssitz von Frau D.. Die Klägerin zahlte am 02.04.2002 den Kaufpreis von 900.000 DM abzüglich 20.000 DM, die die GbR als Kosten für die als Archiv genutzte Lagerhalle in F aufgewendet hatte und insoweit von Frau D. zu tragen waren.

Neben dem Kaufpreis von 900.000 DM fielen noch Anschaffungsnebenkosten in Form von Rechtsberatungskosten von rund 20.000 DM an.

Die Betriebsprüfung kam im Betriebsprüfungsbericht vom 15.11.2006 zu dem Schluss, dass der Kaufpreis auf den Vertragsarztsitz (500.000 DM) und auf die mit dem Vertragsarztsitz erworbenen Abrechnungspunkte (420.000 DM) aufzuteilen sei, da es sich jeweils um selbständig erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens handele. Eine Teilwertabschreibung sei nur hinsichtlich der Abrechnungspunkte und zwar ab 2005 – aufgrund der mit Einführung des Leistungskataloges „EBM 2000plus” verbundenen dauerhaften Absenkung der durchschnittlich abgerechneten Punkte – in Höhe von 27,34 % des Bilanzansatzes möglich, wohingegen die Klägerin dem Konto „Praxiswert D” zum 01.04.2002 einen Betrag von 880.000 DM zugeführt und auf drei Jahre abgeschrieben hatte.

Mit geänderten Bescheiden über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Jahre 2002 bis 2005 vom 16.02.2007 folgte der Beklagte den Feststellungen der Betriebsprüfung.

Derr Beklagte wies den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 30.10.2007 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage vom 28.11.2007 verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren fort. Sie erklärt sich mit der Erhöhung der Anschaffungskosten auf 920.000 DM einverstan...

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