Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.04.2000; Aktenzeichen VIII R 75/98)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die nachträgliche Vorlage einer Steuerbescheinigung im Sinne § 44 KStG ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellt.

Der Kläger war in den Streitjahren zu 85 % beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma S. GmbH in …. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 1987 bis 1989 bei der Firma S. GmbH wurde festgestellt, daß in den Streitjahren an den Kläger gezahlte Umsatztantiemen, die bei ihm als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erfaßt worden waren, als verdeckte Gewinnausschüttungen der Gesellschaft anzusehen sind. Es handelte sich dabei um folgende Beträge:

1987

1988

1989

DM

DM

DM

Aufgrund dieser Feststellungen änderte der Beklagte mit Bescheiden vom 29. September 1992 die Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, indem er die Einkünfte aus Kapitalvermögen um die vorstehend aufgeführten Beträge erhöhte und die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit entsprechend verminderte. Körperschaftsteuer wurde nicht angerechnet. Hierzu enthielten die Bescheide die Erläuterung, daß eine Anrechnung der Körperschaftsteuer gemäß § 36a EStG nicht erfolgt sei.

Einspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos.

Nach Beendigung des Finanzgerichtsprozesses wurden am 29. April 1996 Steuerbescheinigungen der S. GmbH über die verdeckten Gewinnausschüttungen für den Kläger ausgestellt. Am 7. Mai 1996 reichte der Kläger diese Steuerbescheinigungen beim Beklagten ein und beantragte, die dort ausgewiesenen Körperschaftsteuerbeträge auf die Einkommensteuer der Kläger wie folgt anzurechnen:

1987

1988

1989

DM

DM

DM

Mit Bescheiden vom 20. Juni 1996 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung für die Streitjahre gemäß § 36a Abs. 4 EStG, indem er die Körperschaftsteuerbeträge als Einnahmen aus Kapitalvermögen erfaßte und sie anschließend auf die Einkommensteuer anrechnete.

Mit Einsprüchen vom 4. Juli 1996 rügten die Kläger die Berichtigung ihrer Einkünfte gemäß § 36a Abs. 4 EStG und beantragten, die Einkünfte aus Kapitalvermögen wie in den Bescheiden vom 29. September 1992 anzusetzen und die Körperschaftsteuer gemäß den vorliegenden Steuerbescheinigungen anzurechnen. Zur Begründung ihrer Einsprüche trugen die Kläger im wesentlichen vor, daß die Änderungsvorschrift des § 36a Abs. 4 EStG auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar sei. Die aus der Körperschaftsteueranrechnung resultierenden Mehreinkünfte hätten bereits in den geänderten Steuerbescheiden vom 29. September 1992 berücksichtigt werden müssen. Eine Änderung dieser Bescheide sei ausschließlich nach den Vorschriften der §§ 172 ff. AO zulässig.

Mit Einspruchsentscheidung vom 4. November 1997 folgte der Beklagte dieser Argumentation der Kläger nicht. Der Beklagte vertrat die Auffassung, daß dahinstehen könne, ob die Änderungsvorschrift des § 36a Abs. 4 EStG auf den Streitfall anzuwenden sei, eine Änderung sei jedenfalls nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO durchzuführen.

Zur Begründung ihrer nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren erhobenen Klage tragen die Kläger vor, daß die Steuerbescheide weder nach § 36a Abs. 4 EStG noch nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO hätten geändert werden können. Wie bereits im Einspruchsverfahren dargelegt, seien die Voraussetzungen des § 36a EStG nicht gegeben. Eine Änderung der Einkommensteuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei ebenfalls nicht möglich, weil die Vorlage der Steuerbescheinigungen nicht Voraussetzung für eine Erfassung der Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG sei. Bereits beim Erlaß der geänderten Steuerbescheide vom 29. September 1992 im Anschluß an die Betriebsprüfung hätten die anrechenbaren Körperschaftsteuerbeträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG als Einnahmen angesetzt werden müssen. Die Tatsache, daß es sich um anrechenbare Körperschaftsteuer handele, ergebe sich unmittelbar aus § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG. Voraussetzung hierfür sei in den Streitjahren ausschließlich gewesen, daß es sich beim Ausschüttenden um eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft- oder Personenvereinigung gehandelt habe. Dies sei im Streitfall gegeben und bekannt gewesen. Die Vorlage der Steuerbescheinigung sei nicht Voraussetzung für den Ansatz der anrechenbaren Körperschaftsteuerbeträge bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern ausschließlich für die Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuerschuld. Zudem sei in den Streitjahren auch nicht Voraussetzung für die Anrechnung der Körperschaftsteuer gewesen, daß die entsprechenden Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG erfaßt worden seien. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen seien in den Einkommensteuerbescheiden 1987 bis 1989 vom 29. September 1992 nicht richtig angesetzt worden. Da die Rechtsbehelfsfristen für diese Bescheide abgelaufen seien, seien diese bestandskräftig geworden. Eine Änderung der Bescheide wäre ausschließlich nach § 172 AO zul...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge