rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bergschaden als höhere Gewalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein durch Bergbau verursachter Gebäudeschaden ist als Ereignis aufgrund höherer Gewalt i.S.d. R 35 Abs. 10 EStR 1993 zu qualifizieren, so dass eine hierfür erhaltene und erst im Folgejahr zu Wiederherstellungszwecken verbrauchte Entschädigung als Rücklage für Ersatzbeschaffung gewinnmindernd zu berücksichtigen ist.

 

Normenkette

EStG § 6; EStR 1993 R 35 Abs. 10; EStG § 5

 

Tatbestand

Die Kläger betreiben einen Pressevertrieb in der Rechtsform einer atypisch stillen Gesellschaft. Die einzige Betriebsstätte befindet sich in … A.-Stadt, B.-Straße 2. Das Betriebsgrundstück liegt im Abbaubereich des C.-Vereins AG (C.). Der letzte Abbau in diesem Gebiet fand im Jahre 1992 statt.

Das auf dem Grundstück im Jahre 1988 mit Herstellungskosten von 567.599 DM errichtete Gebäude trug im Laufe der Zeit bergbaubedingt erhebliche Schäden davon. Am 19.3.1992 erfolgte eine Begutachtung der Schäden durch Mitarbeiter des C. Festgestellt wurden unter anderem Verformungen der Stützenkonstruktion und der Trapezblechaußenwandverkleidungen, Schäden am Hallenboden sowie Undichtigkeit von Fenstern. Wegen der noch anhaltenden Bergeinwirkungen wurde vereinbart, die Beseitigung der Schäden Anfang 1993 in Angriff zu nehmen. Zwischenzeitlich notwendige Reparaturen zur Erhaltung von Bausubstanz oder Betriebsfunktion sollten ausgeführt werden.

Am 3.7.1993 brannte das Betriebsgebäude nieder. Bergbaubedingte Reparaturarbeiten waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt. In einer Besprechung am 8.7.1993 wies der C. darauf hin, daß durch den Brandschaden ehemals vorhandene Schadensersatzansprüche untergegangen seien. Lediglich die Instandsetzung der noch vorhandenen, durch den C. geschädigten Gebäudeteile falle weiterhin in die Reparaturpflicht des C. Am 25.10.1993 erklärte sich der C. schließlich bereit, eine Pauschalentschädigung in Höhe von 245.000 DM zu zahlen, mit der alle durch Bergschäden herzuleitenden Ersatzansprüche abgegolten sein sollten. Der Ersatzanspruch gegen den C. wurde bei der Regulierung durch die Feuerversicherung schadensmindernd berücksichtigt.

Bei der Erstellung der Bilanz zum 31.12.1993 buchte die klägerische Gesellschaft den Restbuchwert des Betriebsgebäudes zum 3.7.1993 (297.997 DM) vollständig aus. Dem Aufwand aus der Abschreibung stellte sie den Ertrag aus Versicherungsanspruch (654.822 DM) und C.-Entschädigung (245.000 DM abzüglich Gutachterkosten in Höhe von 1.895 DM = 243.105 DM) gegenüber. Die Differenz zwischen Restbuchwert und Entschädigungen erfaßte sie in einem Sonderposten mit Rücklageanteil nach R 35 EStR (599.930 DM). Zum 31.12.1994 zog sie die Rücklage von den Herstellungskosten des in diesem Jahre fertiggestellten Nachfolgegebäudes ab. Der so ermittelte Gewinn des Jahres 1993 wurde mit dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid vom 7.7.1995 erklärungsgemäß festgestellt.

Im Rahmen einer mit Bericht vom 6.3.1997 abgeschlossenen Betriebsprüfung des Finanzamts für Großbetriebsprüfung D.-Stadt gelangte der Prüfer hingegen zu der Auffassung, daß nach dem Brandschaden vom 3.7.1993 die Beseitigung des Bergschadens nicht mehr durchführbar gewesen sei und deshalb keine Rücklage für Ersatzbeschaffung wegen der Entschädigungszahlung des C. gebildet werden könne. Das Gebäude sei einzig und allein wegen des Brandschadens aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Die gebildete Rückstellung sei daher in Höhe von 245.000 DM im Jahre 1993 gewinnwirksam aufzulösen (Tz. 12 des Berichts).

Der Beklagte folgte der Auffassung des Finanzamts für Großbetriebsprüfung mit dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewinnfeststellungsbescheid vom 2.5.1997, den er an E. als Empfangsbevollmächtigten der F. adressierte.

Mit dem hiergegen für die Firma F. erhobenen Einspruch wurde geltend gemacht, daß verschiedene Gebäudeteile, wie etwa Hallenboden und Sozialräume, von dem Brand nahezu unversehrt geblieben und allein bergbaubedingt geschädigt gewesen seien. Im Rahmen des Neuaufbaus seien diese Teile dann repariert worden. Wegen der Vermischung von Herstellungskosten und Reparaturaufwendungen sei insgesamt Herstellungsaufwand angenommen worden. Hinsichtlich der Bergschäden liege ebenso wie im Falle des Brandes höhere Gewalt vor.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 9.7.1998, die der Beklagte an E. und G. in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der F. adressierte, wurde der Gewinn aus Gewerbebetrieb unter Berücksichtigung der in der Rückstellung enthaltenen Gutachterkosten um 1.895 DM herabgesetzt. Im übrigen wies der Beklagte auf Weisung der Oberfinanzdirektion H. vom 19.6.1998 den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, daß ein Bergschaden nicht als höhere Gewalt gewertet werden könne und es daher an einer notwendigen Voraussetzung für die Bildung der Rücklage fehle. Höhere Gewalt liege nur bei Elementarereignissen wie z. B. Brand, Sturm oder Überschwemmung sowie bei Diebstahl, nicht aber bei Verkehrsunfällen vor. Solchen Er...

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