Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessungsgrundlage der GrEStG bei übernommener Instandhaltungsrücklage

 

Leitsatz (redaktionell)

Die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage ist bei Erwerb von Teileigentum nicht um ein übernommenes Guthaben aus einer Instandhaltungsrücklage zu mindern.

 

Normenkette

GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.09.2020; Aktenzeichen II R 49/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Übernahme einer Instandhaltungsrücklage bei der Bemessung der Besteuerungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin erwarb mit notariellem Vertrag vom ….05.2016, UR.Nr. 1 mehrere Teileigentumsrechte an dem Grundbesitz Gemarkung M, P-Straße, verbunden mit dem Sondereigentum an insgesamt vier Gewerbeeinheiten sowie neun Tiefgaragenstellplätzen. Gemäß Ziffer II 2 Absatz 6 des Vertrages sollte der Anteil des Verkäufers an den gemeinschaftlichen Geldern (Vorschüsse, Instandhaltungsrücklage usw.) bei Besitzübergang auf die Klägerin übergehen. Gemäß Ziffer III betrug der Kaufpreis 40.000 € und war insgesamt fällig am 01.07.2016.

Mit Bescheid vom 18.05.2016 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer i.H. von 2.600 € auf Basis einer Bemessungsgrundlage von 40.000 € fest.

Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch machte die Klägerin geltend, die Bemessungsgrundlage müsse um die miterworbenen Guthaben aus der Instandhaltungsrücklage von insgesamt 14.815,19 € gemäß Aufteilung und Zuordnung zu den einzelnen Objekten vermindert und die Grunderwerbsteuerfestsetzung gemäß § 3 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) aufgehoben werden, da der auf die erworbenen Teileigentumsrechte entfallende Kaufpreis abzüglich der Instandhaltungsrücklage je Teileigentum 2.500 € nicht übersteige.

Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 28.07.2016 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten Klage trägt die Klägerin wie folgt vor:

Unstreitig werde einer Wohnungseigentümergemeinschaft Teilrechtsfähigkeit zugesprochen. Das Vermögen umfasse auch das Verwaltungsvermögen, zu dem die Instandhaltungsrücklage als gemeinschaftliches Vermögen gehöre. Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei eine Bruchteilsgemeinschaft und auf das Vermögen dieser Gemeinschaft sei konsequenterweise § 39 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) anzuwenden. Danach seien Wirtschaftsgüter, die mehreren zur Gesamthand zustehen, den Beteiligten anteilig zuzurechnen, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich sei. Zudem habe der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 05.10.2011 I R 94/10, BFHE 235, 367, BStBl II 2012, 244, entschieden, dass die Beteiligung eines Wohnungseigentümers an der Instandhaltungsrücklage ein Wirtschaftsgut darstelle, das bei bilanzierenden Wohnungseigentümern als Forderung auszuweisen sei. Der Ausweis erfolge mit den Anschaffungskosten, die der in die Instandhaltungsrücklage geleistete, noch nicht verbrauchte Einzahlungsbetrag darstelle. Insbesondere habe der BFH in dem Beschluss klargestellt, dass die Geldmittel zwar mit der Einzahlung in die Instandhaltungsrücklage beim Eigentümer abgeflossen seien, diese aber aus steuerrechtlicher Sicht nach wie vor zu seinem (dem des Eigentümers) Vermögensbereich gehörten. Diese Beurteilung habe der BFH auch ausdrücklich für die Rechtslage nach Einführung des § 10 Abs. 6 und 7 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) im Jahr 2007 bestätigt. Deshalb könne folgerichtig nur gelten, dass bei Erwerb einer Eigentumswohnung der gezahlte Gesamtkaufpreis auf die unterschiedlichen erworbenen Wirtschaftsgüter (Anteil Grund und Boden, Gebäude und Forderung Instandhaltungsrücklage) aufzuteilen und die Forderung vom Gesamtkaufpreis abzuziehen sei. Das vom Beklagten zitierte BFH-Urteil vom 02.03.2016 II R 6/15, BFH/NV 2016, 1069, widerspreche dem nicht und sei zudem zum Erwerb im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens ergangen. Der BFH weise in diesem Urteil sogar darauf hin, dass sein Urteil nicht auf Erwerbsvorgänge zu übertragen sei.

Nach dem von der Klägerin geschlossen Kaufvertrag sollten u.a. die gemeinschaftlichen Gelder aus der Instandhaltungsrücklage bei Besitzübergang auf die Klägerin übergehen. Diese Folge träte jedoch auch schon kraft Gesetzes ein, so dass die vertragliche Abrede nur deklaratorischen Charakter habe. Die Instandhaltungsrücklage stelle jedoch bis zum Verkauf ein Wirtschaftsgut des Eigentümers dar, das mit dem Verkauf auf den Erwerber übergehe. Eine hohe Instandhaltungsrücklage bedeute in aller Regel, dass ein sogenannter Reparaturstau eingetreten sei. Dies habe direkten Einfluss auf die Kaufpreisfindung. Für Gebäude mit Instandhaltungsrückstau werde üblicherweise weniger bezahlt als für ein durchrenoviertes Gebäude, da der Erwerber zusätzlich Geld für die Instandhaltung aufbringen müsse. In diesem Fall habe der Veräußerer diesen Betrag jedoch bereits über die Instandhaltungsrücklage eingezahlt. Daraus folge, dass für das Gebäude zwischen fremden Dritten aufgrund des Instandha...

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