Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Gestattung der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten; konkludente Antragstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

Gem. § 20 UStG ist für die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten anstelle der Regelbesteuerung ein Antrag notwendig, auf Grund dessen das FA die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten durch formlosen VA gestattet haben muss. Dieser Antrag kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch konkludent gestellt werden. Hat der Stpfl. einen konkludenten Antrag auf Genehmigung der Ist-Besteuerung beim FA gestellt, dann hat die antragsgemäße Festsetzung der USt den Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt worden ist. Im Streitfall hat der Stpfl. durch Abgabe seiner Steuererklärungen hinreichend deutlich die Gestattung der Ist-Versteuerung beantragt.

 

Normenkette

UStG § 20

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.09.2019; Aktenzeichen XI R 39/17)

BFH (Urteil vom 18.09.2019; Aktenzeichen XI R 39/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Umsätze aus Leistungen zu versteuern hat, die er in den Streitjahren gegenüber einer von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft erbracht und in Rechnung gestellt, für die die Kapitalgesellschaft das vereinbarte Entgelt aber nicht – in voller Höhe – entrichtet hat; streitig ist dabei insbesondere, ob dem Kläger die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gestattet war.

Der Kläger war in den Streitjahren als Rechtsanwalt unternehmerisch tätig. Zudem war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der H. GmbH bzw. ab dem 7. Juli 2009 der H. GmbH (HRB …, AG E.; im Folgenden: GmbH). Ab dem Jahr 2007 erbrachte der Kläger Leistungen sowohl gegenüber verschiedenen Mandanten als auch gegenüber der GmbH, ab dem Jahr 2010 nur noch gegenüber der GmbH. Für seine Tätigkeit gegenüber der GmbH als Geschäftsführer bezog der Kläger kein gesondertes Gehalt. Ab dem 1. Januar 2007 bestand zwischen dem Kläger und der GmbH ein Kooperationsvertrag (Bl. 139 BpHA Bd. I). Nach diesem Vertrag sollte der Kläger Mandate namens und im Auftrag der GmbH bearbeiten und zur Abrechnung bringen. Die GmbH stellte dem Kläger Räumlichkeiten und Infrastruktur (PC mit Internet, EMail, Telefon und Fax, Literatur, Besprechungsraum, Visitenkarten etc.) zur Verfügung und richtete ein Konto bei der E-Bank ein, über das der Kläger mit Zustimmung der GmbH verfügen konnte. Als Vergütung erhielt der Kläger von den vom ihm bearbeiteten und abgerechneten Mandanten eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 45% der jährlich vereinnahmten Nettoumsätze, zahlbar durch monatliche Abschlagszahlungen in Höhe der jeweils vereinnahmten monatlichen Nettoumsätze. Die Abrechnung der monatlichen Abschlagszahlungen sollte durch der GmbH erteilte Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis erfolgen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kooperationsvertrag vom 28. Dezember 2006 verwiesen.

Am 15. Februar 2007 trafen der Kläger und die GmbH eine Abrechnungsvereinbarung (vgl. Bl. 138 BpHA Bd. I). Danach sollte die Auszahlung der vereinbarten Umsatzbeteiligung in Höhe von 45% der vereinnahmten Nettoerlöse „in jeder Hinsicht flexibel gestaltet” werden können, solange aus der Buchhaltung der GmbH jederzeit der Stand des Abrechnungssaldos ermittelt werden könne. Grund für diese Vereinbarung war „die Erfahrung des Klägers, dass kleine Anwaltskanzleien hohen Umsatzschwankungen” ausgesetzt seien. Mit der Vereinbarung solle insbesondere vermieden werden, die künftigen Zahlungs- und Verrechnungspraktiken als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren.

Am 22. April 2008 schlossen der Kläger und die GmbH eine Rangrücktrittsvereinbarung dergestalt, dass der Kläger gegenüber der GmbH in Bezug auf alle seine gegenwärtigen und zukünftigen Honoraransprüche, Darlehensforderungen und Auslagenersatzansprüche den Rangrücktritt in dem Umfang erklärte, in dem die Durchsetzung der Zahlungsansprüche zur Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung der GmbH führen würde. Der Kläger durfte hiernach die Befriedigung seiner Forderungen nur in der Art und Weise verlangen, als dass hierdurch die Existenz der GmbH und der Fortbestand der Kanzlei nicht gefährdet wurden. Die dem Rangrücktritt unterfallenden Forderungen konnten nur aus zukünftigen Gewinnen, einem Liquidationsüberschuss oder aus sonstigem freien Vermögen der GmbH befriedigt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rangrücktrittserklärung verwiesen (Bl. 177 BpHA Bd. I).

Der Kläger gab am 3. Juni 2011 die Steuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 und am 18. September 2012 die Steuererklärungen für das Jahr 2011 beim – damals zuständigen – Finanzamt E. ab. Enthalten waren jeweils u.a. sowohl die Einkommensteuererklärung, die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und die Umsatzsteuererklärung. Dabei entsprachen die erklärten Einnahmen in den Einnahme-Überschuss-Rechnungen jeweils den erklärten Umsätzen zum allgemeinen Steuersatz (z.B.: 2009: Umsätze: … €, USt: … ...

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