Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der USt-Pflicht bei Verkäufen über Online-Plattform; Kleinunternehmerregelung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 19 UStG regelt nicht, wie bei Neugründungen von Unternehmen zu verfahren ist. Nach Sinn und Zweck der Regelung ist jedoch in dem Fall, in dem ein Unternehmer neu beginnt, auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kalenderjahres, also des Erstjahres, abzustellen, der 17.500 € nicht überschreiten darf.

2. Maßgeblich für die Zuordnung zum Anlagevermögen ist grds. die Funktion und wirtschaftliche Bedeutung, die dem Vermögen innerhalb des Betriebsorganismus zufällt.

 

Normenkette

UStG § 19 Abs. 1, § 1 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.09.2019; Aktenzeichen V R 27/19 (V R 1/17))

BFH (Urteil vom 26.09.2019; Aktenzeichen V R 27/19)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger bei Verkäufen über Online-Plattformen umsatzsteuerpflichtig tätig geworden ist oder ob die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) zur Anwendung kommt.

Der Kläger gründete mit Wirkung zum ….08.2003 mit dem Partner K die XK GbR in D, A-Straße … (nachfolgenden GbR). Gegenstand des Unternehmens ist der Einzelhandel mit …. Seit der Auflösung der GbR am ….03.2008 wird das Unternehmen als Einzelunternehmen vom Kläger fortgeführt. Im Jahr 2010 fand beim Kläger eine Steuerfahndungsprüfung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D (nachfolgend Steufa) statt. Nach den Ermittlungen der Steufa war der Kläger bereits vor Gründung der GbR mit eigenen Accounts bei Online-Plattformen registriert und hatte dort Umsätze erzielt bzw. durch den späteren Geschäftspartner K erzielen lassen. Hierbei handelt es sich um die Mitgliedskonten R (Umsätze in den Streitjahren 2006 und 2007 von 25.278,79 € bzw. 5.265,16 €), U (Umsätze 2002 und 2003) sowie W (Umsätze ab 2003 ff.). Zudem räumte der Kläger ein, dass er in den Jahren 2002 und 2003 Teile seiner Sammlung über seinen Freund O gegen eine Provision von 10 % veräußert habe. Wegen weiterer Einzelheiten und der Ermittlungsergebnisse wird auf den Kurzbericht der Steufa vom 04.08.2010 nebst Anlagen verwiesen. Der Beklagte folgte den Ermittlungsergebnissen der Steufa und erließ am 14.05.2012 die erstmaligen Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 2006 und 2007.

Die hiergegen gerichteten Einsprüche wurden mit Entscheidung vom 14.03.2013 als unbegründet zurückgewiesen. Diesbezüglich führte der Beklagte wie folgt aus:

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) unterlägen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführe. Unternehmer sei gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübe. Gewerblich oder beruflich sei nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehle. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) sei im Einzelfall aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen, ob die Voraussetzungen einer nachhaltigen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG erfüllt seien. Dabei sei insbesondere zu würdigen die Dauer und Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze, das planmäßige Tätigwerden, das Unterhalten verschiedener Online-Plattform-Accounts sowie eines Geschäftslokals. Insoweit sei die Anzahl der Geschäftsvorfälle nur eines von mehreren zu würdigenden Kriterien. Nach den Feststellungen der Steufa habe der Kläger in den Streitjahren 2006 und 2007 aus vielen Onlineverkäufen Umsätze von 25.278 € in 2006 und 5.265 € in 2007 erzielt und dabei einen erheblichen Organisationsaufwand betrieben. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass ein Verkäufer, wie auch der Kläger, sich als Wiederverkäufer für jeden einzelnen im Internet zur Versteigerung anstehenden Gegenstand Gedanken zu dessen möglichst genauer Bezeichnung, zu seiner Platzierung in der einschlägigen Produktgruppe und über ein Mindestgebot machen müsse. Zudem müsse zur Erhöhung der Verkaufschancen und des erzielbaren Erlöses in aller Regel mindestens 1 digitales Bild angefertigt werden. Außerdem müsse der Verkäufer den Auktionsablauf in regelmäßigen Abständen überwachen oder überwachen lassen, um rechtzeitig auf Nachfragen reagieren zu können. Zudem müsse nach Auktionsende der Zahlungseingang überwacht werden, um die Ware anschließend zügig zu verpacken und zu versenden. Deshalb sei davon auszugehen, dass eine intensive und langfristige Verkaufstätigkeit unter Nutzung bewährter Vertriebsmaßnahmen auf der Online-Plattform vorliege, die als nachhaltig im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen sei.

Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger wie folgt vor:

Die grundsätzliche Umsatzsteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 UStG werde zwar nicht bestritten. Dennoch seien die streitigen Verkäufe von großen Teilen der Sammlung von …sportgeräten des Kläge...

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