Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Zuschüssen zum Mutterschaftsgeld bei „arbeitnehmerähnlichen” Beschäftigungsverhältnissen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Zuschuss zum Mutterschaftsgeld aufgrund einer tarifvertraglich angelehnten Zahlung im Rahmen eines „arbeitnehmerähnlichen” Beschäftigungsverhältnisses ist nicht steuerfrei nach § 3 Nr. 1 Buchst. d) EStG.

2) Gemäß § 3 Nr. 1 Buchst. d) EStG sind lediglich Zahlungen begünstigt, die auf der Grundlage des Mutterschutzgesetzes erbracht werden.

 

Normenkette

EStG §§ 18, 3 Nr. 1 Buchst. d)

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.09.2022; Aktenzeichen VIII R 39/19)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer 2014 über die Steuerfreiheit einer dem Zuschuss zum Mutterschaftsgeld tarifvertraglich angelehnten Zahlung im Rahmen eines „arbeitnehmerähnlichen” Beschäftigungsverhältnisses.

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Die Klägerin ist seit 2005 bei zwei Rundfunkanstalten, dem E sowie dem X, in einem arbeitsrechtlich als sog. „arbeitnehmerähnliche Person” eingestuften Beschäftigungsverhältnis tätig. Im Streitjahr 2014 erzielte sie bei den beiden Rundfunkanstalten einerseits geringfügige – hier nicht im Streit stehende – nach Steuerklasse VI lohnversteuerte Einkünfte. Einen „Zuschuss zum Mutterschaftsgeld” weisen die Lohnsteuerbescheinigungen nicht aus (Zeile 15 – keine Eintragung) und ein solcher Zuschuss wurde im Rahmen des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses auch nicht gezahlt. Andererseits erzielte die Klägerin überwiegend bei beiden Rundfunkanstalten – was dem Grunde nach unstreitig ist – Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Am … März 2014 wurde die gemeinsame Tochter der Kläger, M, geboren. Die Klägerin erhielt aufgrund von tarifvertraglichen Regelungen vom E anlässlich der Geburt einen Betrag i.H.v. 10.159 € und vom X i.H.v. 5.704 € (letztlich zutreffender Betrag; zwischenzeitlich wurden fehlerhaft 6.103 € erklärt/erfasst).

Eine Bescheinigung des E vom 28. November 2018 (zum Betrag 10.159 €) führt an, dass es sich um einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld handele und nicht um ein Honorar für Urheberleistungen. Rechtsgrundlage der Zahlung sei der Tarifvertrag über Zahlungen bei Schwangerschaft vom …, der ausführt:

„Die Mitarbeiterin erhält auf Antrag für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der vom Arzt attestierten Niederkunft (bei Frühgeburten oder Mehrlingsgeburten: zwölf Wochen) einen Zuschuss, der zusammen mit den Leistungen der Krankenversicherung oder eines vergleichbaren Trägers der Sozialversicherung nach Maßgabe der nachstehenden Absätze je Kalendertag 75 % von 1/365 ihrer Vorjahresbezüge bei E, zuzüglich einer inzwischen erfolgten tariflichen Honorarerhöhung, beträgt. Bei Frühgeburten und sonstigen vorzeitigen Entbindungen verringern sich die Fristen zusätzlich um den Zeitraum der Schutzfrist entsprechend § 3 Abs. 2 Mutterschutzgesetz, der nicht in Anspruch genommen werden konnte.”

Der X führt in einer Bestätigung vom 22. November 2017 Zahlungen i.H.v. 5.704 € an und führt aus, es handele sich um eine Zuschusszahlung zu Leistungen der Krankenversicherung für die Dauer von 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt. Der Anspruch ergebe sich aus dem Tarifvertrag. Umsatzsteuerlich werde er als „echter Zuschuss” gewertet. Rechtsgrundlage sei § 10 des Tarifvertrags, der lautet:

„Weist eine Beschäftigte dem X durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung ihre Schwangerschaft nach und erfüllt sie zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen von §§ 2 und 3 und liegt im Zeitraum von 12 Monaten vor diesem Zeitpunkt ein Beschäftigungsjahr, so hat sie gegen den X Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses.”

Die genaue Berechnung regelt § 10 Abs. 4 des Tarifvertrags.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2012 erklärte die Klägerin einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit i.H.v. 37.009 € ohne Berücksichtigung der vorgenannten Zahlungen. Die Zahlungen vom E (10.159 €) und X (zunächst hier fehlerhaft mit 6.103 € statt 5.704 € angegeben) erklärte sie – ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte mit entsprechendem Eintrag – in der Anlage N als Lohnersatzleistungen. Dem folgte der Beklagte im Erstbescheid vom 8. Juli 2016, erlassen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, nicht und erfasste – neben einer weiteren hier nicht streitigen Änderung (wg. Zahlungen an eine Pensionskasse) – die vorgenannten Zahlungen zur Geburt bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG). Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein. Unter dem 8. Mai 2018 erging ein Änderungsbescheid, in welchem letztlich neben einer anderen Änderung der o.g. Erfassungsfehler bei der Zahlung des X korrigiert wurde. Der Bescheid führte unter Aufhebung des Vorbehalts nunmehr Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 57.492 € (hierin versteuert: vorgenannte Zuschüsse i.H.v. 15.863 €) an und setzte eine Einkommensteuer i.H.v. 16.186 € fest. Mit Einspruchsentscheidung vom gleichen Tage (8. Mai 2018) wies d...

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