Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des geldwerten Vorteils bei Gewährung eines Arbeitgeberdarlehens
Leitsatz (redaktionell)
1) Für die Ermittlung des geldwerten Vorteils eines Arbeitnehmers, der ein Arbeitgeberdarlehen erhält, kann die Finanzverwaltung Durchschnittswerte festsetzen.
2) Die Regelung in Abschnitt 31 Abs. 8 Satz 3 LStR 1999 mit einem Darlehenszinssatz von 6% ist nicht am Marktgeschehen orientiert und bindet die Rechtsprechung nicht. 1999 war ein effektiver Zinssatz von 4,99 % durchschnittlich hoch, so dass kein geldwerter Vorteil für ein Arbeitgeberdarlehen mit entsprechender Zinshöhe anzunehmen ist.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 S. 8; Lohnsteuerrichtlinien 1999 Abschn. 31 Abs. 8 S. 3; EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, wie der geldwerte Vorteil eines Arbeitgeberdarlehens zu ermitteln ist.
Der Kläger nahm im Rahmen einer Umschuldung zwei Hypothekendarlehen auf. Am 5. März 1999 nahm er ein Darlehen bei der Bank A über …,– DM auf. Am 18. Juni 1999 nahm er ein weiteres Darlehen über …,– DM bei der Pensionskasse… auf. Der Zinssatz für das Arbeitgeberdarlehen betrug nominal 4,88 v.H. und effektiv 4,99 v.H. Die Zinsbindung betrug 10 Jahre, Sondertilgungen waren nicht möglich.
Die Arbeitgeberin des Klägers versteuerte für das zweite Darlehen Zinsvorteile von 1,01 v.H. in Höhe von … DM.
Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid vom 11. Dezember 2000 einen entsprechenden Zinsvorteil als Arbeitslohn.
Aufgrund des hiergegen vom Kläger eingelegten Einspruchs wurde der Einkommensteuerbescheid 1999 aus anderen Gründen am 29. Januar 2001 geändert. Dieser Änderungsbescheid wurde zum Gegenstand des laufenden Einspruchsverfahrens.
Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2001, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wies der Beklagte anschließend den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung bezog er sich darauf, dass nach den Lohnsteuerrichtlinien ein Durchschnittszinssatz von 6 v.H. zugrunde zu legen sei. Soweit ein Arbeitgeber ein Darlehen zu einem niedrigeren Zinssatz gewähre, liege ein geldwerter Vorteil vor.
Mit der Klage trägt der Kläger vor:
Im Bereich … habe der übliche Effektivzins bei einer zehnjährigen Zinsbindung ohne Sondertilgungen bei 4,99 v.H. gelegen.
Hierzu legt der Kläger eine Zusammenstellung der Hypothekenzinsen von Februar bis Juli 1999 vor, auf die Bezug genommen wird (Bl. 46 der Gerichtsakten). Daraus ergibt sich ein in den einzelnen Monaten schwankender Nominal- bzw. Effektivzinssatz. Nach dem Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom Januar 2000 betrug der Effektivzinssatz z.B. im Mai 1999 zwischen 4,84 v.H. und 5,49 v.H., im Juni 1999 lag er zwischen 4,86 v.H. und von 5,80 v.H. und für Juli 1999 zwischen 4,99 v.H. und 6.17 v.H.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteueränderungsbescheid vom 29. Januar 2001 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2001 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit um … DM gemindert werden.
Der Beklagte beantragt,
das Verfahren im Hinblick auf das BFH-Verfahren VI B 34/04 zu vertagen,
hilfsweise die Klage abzuweisen,
äußerst hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.
Der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger deshalb in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –. Der Beklagte hat zu Unrecht einen geldwerten Vorteil des Klägers wegen der Vereinbarung eines niedrigeren Zinssatzes als 6 v.H. für ein Arbeitgeberdarlehen angenommen.
Der Senat sieht keine Veranlassung, die Sache im Hinblick auf die beim Bundesfinanzhof unter dem Az. VI B 34/04 anhängige Nichtzulassungsbeschwerde zu vertagen. Er misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu und lässt deshalb die Revision zu, so dass der Bundesfinanzhof Gelegenheit erhält, die Rechtsfrage zu entscheiden, ohne dass es auf die Zulässigkeit und/oder Begründetheit einer Nichtzulassungsbeschwerde ankommt.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch andere Vorteile, die für eine Beschäftigung im privaten Dienst gewährt werden. Zu diesen Vorteilen gehört u.a. ein Arbeitgeberdarlehen, wenn dieses nicht marktüblich verzinst wird. Im Streitfall ist das Arbeitgeberdarlehen jedoch marktüblich verzinst worden.
Der erkennende Senat stimmt dem Beklagten zwar zu, dass die Verwaltung grundsätzlich berechtigt ist, einen durchschnittlichen Zinssatz festzusetzen, bei dessen Unterschreiten ein geldwerter Vorteil angenommen werden kann (anderer Auffassung FG Köln, Urteil des Einzelrichters vom 27.1.2004 6 K 8194/00). Nach § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG kann die oberste Finanzbehörde eines Landes mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen für weitere Sachbezüge der Arbeitnehmer Durchschnittswer...