Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirkung der widerspruchslosen Eintragung einer durch Steuerbescheid festgesetzten Steuerforderung zur Insolvenztabelle, Änderung der Steuerfestsetzung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Einspruch gegen einen Steuerbescheid gilt durch die widerspruchslose Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle als zurückgenommen.

2) Ist eine Steuer bereits durch Steuerbescheid festgesetzt, scheidet der Erlass eines Insolvenzfeststellungsbescheides nach § 251 Abs. 3 AO aus.

3) Der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO verliert mit der widerspruchslosen Eintragung der Forderung in die Insolvenztabelle seine Wirkung.

 

Normenkette

AO §§ 172 ff, 249 ff, 251 Abs. 3, § 164 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.10.2014; Aktenzeichen I R 39/13)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens den Körperschaftsteuerbescheid für 2008 nach § 164 Abs. 2 AO zu ändern.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft – AG – die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von Beschichtungstechnologie sowie den Vertrieb von sämtlichen Dienstleistungen und Zusatzprodukten zur Beschichtungstechnologie. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Beschichtung von Werkzeugen als Lohnveredelung, die Herstellung und der Vertrieb von Anlagen zu diesem Zweck sowie des damit verbundenen technischen Services. Hauptkunden sind weltweit Werkzeughersteller, die Automobil- und Flugzeugindustrie sowie Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen.

Die Klägerin entstand aus einer mit notariellem Vertrag vom 28. September 2001 beurkundeten Umwandlung. Ihr Grundkapital beträgt 3.500.000 EUR.

Durch Beschluss des Amtsgerichts C vom 1.9.2009 wurde auf Antrag der Klägerin über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet.

Weil die Klägerin für das Jahr 2008 zunächst keine Steuererklärungen vorlegte, ermittelte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen für dieses Jahr im Schätzungswege. Hierbei ging der Beklagte von dem Zahlenmaterial aus, das die Klägerin in ihrem Antrag auf Anpassung der Körperschaft- und Gewerbesteuervorauszahlungen ab 2008 mitgeteilt hatte. Das von der Klägerin mitgeteilte körperschaftsteuerliche Einkommen für 2008 i.H.v. 3.117.029 EUR erhöhte der Beklagte um Zinsaufwendungen i.H.v. 500.000 EUR, die aus seiner Sicht nicht zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen waren. Auf dieser Grundlage setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin die Körperschaftsteuer für 2008 mit gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 30. Juli 2009 auf 542.554 Euro fest. Nach Abzug der von der Klägerin bereits im Vorauszahlungswege geleisteten Zahlungen i.H.v. 458.552 EUR verblieb eine noch zu entrichtende Abschlusszahlung i.H.v. 84.002 EUR. Diesen Betrag sowie die Nachzahlung des Solidaritätszuschlags zur Körperschaftsteuer 2008 i.H.v. 4.620,47 EUR meldete der Beklagte im Rahmen des Insolvenzverfahrens zur Insolvenztabelle an.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 17. August 2009 Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2008 ein. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, für das Jahr 2008 ergebe sich, wie der dem Einspruchsschreiben beigefügten vorläufigen Gewinn- und Verlustrechnung zu entnehmen sei, ein negatives zu versteuerndes Einkommen.

Den durch den Beklagten zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungsbeträgen zur Körperschaftsteuer 2008 wurde seitens des Insolvenzverwalters zunächst widersprochen. Nachdem der Widerspruch zurückgenommen worden war, wurde die Forderung zur Körperschaftsteuer 2008 in die Insolvenztabelle eingetragen.

Nach der Rücknahme des Widerspruchs gegen die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung wegen Körperschaftsteuer 2008 und der sich in der Folge ergebenden Feststellung dieser Forderung im Sinne des § 178 Abs. 3 der Insolvenzordnung – InsO – hat der Beklagte den gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2008 erhobenen Einspruch als erledigt angesehen.

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts C vom … Mai 2011 nach Bestätigung des vom Insolvenzverwalter am … Februar 2011 vorgelegten Insolvenzplans aufgehoben. Nach den Regeln dieses Insolvenzplans wurden die seitens des Beklagten als Gläubiger der Gruppe 3 zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen, soweit diese festgestellt worden sind, mit einer Quote von 8,43 % bedient.

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 reichte die Klägerin den Jahresabschluss und die Steuererklärungen für das Kalenderjahr 2008 beim Beklagten ein. Der Beklagte wertete dieses Schreiben als Antrag auf Änderung des Körperschaftsteuerbescheids für 2008 vom 3. Juli 2009. Aus den Unterlagen ergibt sich ein körperschaftsteuerliches Einkommen von -194.175 EUR.

Der Beklagte lehnte mit Verfügung vom 29. Februar 2012 eine Änderung des Körperschaftsteuerbescheids für 2008 ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass die Forderung aus dem Körperschaftsteuerbescheid im Insolvenzverfahre...

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