rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Grobes Verschulden bei neuer Tatsache

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Fehler des Steuerpflichtigen beruhen regelmäßig auf einem Versehen, also leichter Fahrlässigkeit. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Finanzamts.

2) Es ist nicht grob fahrlässig, wenn die Berücksichtigung eines im Dezember des Streitjahres geborenen 4. Kindes unterbleibt, weil die Ehefrau die Steuererklärung wegen eines Auslandsaufenthalts vor Erstellung der Steuererklärung blanko unterschreibt und der Ehemann im Rahmen der Absprache mit dem Steuerberater bei der Erstellung der Steuererklärung den Hinweis auf das 4. Kind vergisst und eine Eintragung in den Steuererklärungsvordrucken unterbleibt.

 

Normenkette

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Nacherklärung des 4. Kindes der Kläger zu einer Abänderung der bestandskräftigen Einkommensteuerveranlagung führen muß.

Der Kläger war im Streitjahr 1999 Gesellschafter-Geschäftsführer der … GmbH – … –, ….

Der Beklagte führte für die Kläger als Ehegatten eine Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer 1999 durch und setzte wegen zunächst fehlender Steuererklärung die Einkommensteuer unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO fest. Der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 11.05.2001 erging gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 06.07.2001 beantragten die Kläger, den Schätzungsbescheid zu ändern; zugleich wurde die Einkommensteuererklärung 1999 vorgelegt, die von der Steuerberatungs-GbR maschinenschriftlich gefertigt worden war und den sog. Mantelbogen, die zugehörigen Anlagen FW, N, GSE sowie zwei Anlagen „Kinder” enthielt. Der maschinenschriftlich ausgefüllte „Mantelbogen” wies – ebenso wie das Schreiben der Prozeßvertreter vom 06.07.2001 – den Eingangsstempel des Beklagten vom 06.07.2001 aus, war jedoch von den Klägern nicht unterschrieben worden. In den beiden Anlagen „Kinder” waren die am 02.05.1995 geborenen Zwillinge … und … sowie die am 02.12.1997 geborene Tochter … aufgeführt, und es wurden für diese Kinder Betreuungskosten geltend gemacht. In der ebenfalls beigefügten Lohnsteuerkarte 1999 des Klägers war die Anzahl der „Kinder unter 18 Jahren” mit 03,0 angegeben. Die Lohnsteuerkarte 1999 der Klägerin (Steuerklasse 5) wies keinen Arbeitslohn aus.

Darüberhinaus wurde zu den Steuerakten von einem amtlichen Vordruck das erste Blatt des „Mantelbogens” der Einkommensteuererklärung 1999 genommen; dieses Blatt war unter Angabe des Beklagten, der Steuernummer der Kläger und des Namens des Klägers handschriftlich erstellt und mit zwei Stempelaufdrucken der Prozeßvertreter versehen worden. Außerdem enthielt dieser Mantelbogen den diagonal handschriftlich gefertigten Zusatz „Weiter s. maschinelle Vordrucke” sowie die beiden Unterschriften des Klägers und der Klägerin. In dem für den Eingangsstempel vordruckmäßig vorgesehenen Feld enthielt der amtliche Vordruck die handschriftliche Ergänzung „E. 6.06.01” (gemeint wohl: Eingang 6.07.01).

Am 11.07.2001 fragte der Beklagte bei dem Prozeßvetreter – neben anderen Punkten – auch wegen Kinderbetreuungskosten an; das Antwortschreiben vom 13.07.2001 ging jedoch auf diesen Punkt nicht ein.

Aufgrund der Steuererklärung erließ der Beklagte am 09.08.2001 einen Änderungsbescheid und berücksichtigte darin erklärungsgemäß die angegebenen Kinder der Kläger. Der Änderungsbescheid blieb wie zuvor wegen Verfassungsbeschwerden bzw. Revisionen hinsichtlich der Anwendung des § 32 c EStG nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig; es wurde aber der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Mit Schreiben vom 21.09.2001 beantragten die Kläger zunächst, den Änderungsbescheid vom 09.08.2001 wegen neuer Tatsachen hinsichtlich des Ansatzes einer verdeckten Gewinnausschüttung zu ändern (§ 173 AO). Nach Erörterung wurde jedoch dieser Antrag zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 22.10.2001 stellten die Kläger durch ihren Prozeßvertreter (erneut) Antrag auf Änderung der Einkommensteuerveranlagung 1999 und machten geltend, bei der Anfertigung der Einkommensteuererklärung 2000 habe sich herausgestellt, dass der Sohn … bereits 1999 geboren worden sei. Dem Antrag war die Ablichtung einer Geburtsbescheinigung des Standesamts … beigefügt, mit der die Geburt des Sohnes am 07.12.1999 bestätigt wurde.

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 1999 mit Bescheid vom 25.10.2001 ab und gab zur Begründung an, den Klägern sei grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der steuermindernden Tatsache vorzuwerfen. Den Klägern als Eltern des Kindes sei naturgemäß bei Erstellung der Einkommensteuererklärung 1999 bekanntgewesen, dass der Sohn … am 07.12.1999 geboren worden sei. Ein Eintrag in der Anlage „Kinder” sei nicht vorgenommen worden, obwohl dort ausdrücklich auf diesen Sachverhalt hingewiesen worden sei. Ein eventuelles Verschulden eines steuerlichen Beraters sei dem Steuerpflichtigen zuzurechnen. Hinsichtlich der...

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