Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbegünstigungen nach §§ 16, 34 EStG bei Wiederaufnahme der Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Verkauft ein Freiberufler seine Einzelpraxis und betreut danach zwecks Überleitung auf den Erwerber seine Mandanten als freier Mitarbeiter des Erwerbers weiter, können die Steuerbegünstigungen nach §§ 16, 34 EStG für den Veräußerungserlös jedenfalls dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige nach fehlgeschlagener Überleitung 22 Monate nach dem Verkauf seine freiberufliche Tätigkeit in derselben Stadt mit Teilen des ehemaligen Personals wieder aufnimmt und Leistungen wieder gegenüber der früheren Klientel erbringt.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 3, §§ 34, 16 Abs. 2 bis Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.08.2018; Aktenzeichen VIII R 2/15)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der aus der Veräußerung seiner Einzelpraxis resultierende Gewinn des Klägers nach § 18 Abs. 3 i.V.m. §§ 16, 34 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) tarifbegünstigt zu versteuern ist.

Der Kläger ist Steuerberater. Nach seinem Ausscheiden aus der A Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Jahr 2003 hatte er seine berufliche Tätigkeit zunächst in deren ehemaligen Räumlichkeiten in der B Innenstadt (C-Straße) ausgeübt. Ab dem 1. April 2004 war der Kläger als Steuerberater unter der Büroanschrift D-Straße … in B freiberuflich tätig.

Mit Vertrag vom 24. Januar 2008 veräußerte der Kläger seine als Einzelpraxis geführte Steuerberatungskanzlei mit Wirkung zum 1. April 2008 zu einem Kaufpreis von 750.000 € an die in B, E-Straße …, geschäftsansässige S & T KG Steuerberatungsgesellschaft (STS). Gegenstand des Kaufvertrags, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, war neben dem mobilen Praxisinventar (Mobiliar, Geräte, Maschinen und Fachliteratur) der gesamte Mandantenstamm des Klägers. Den aus diesen Mandatsverhältnissen erzielten Jahresumsatz bezifferten die Vertragsparteien mit ca. 600.000 €. Der Kläger verpflichtete sich insoweit, im Rahmen seiner Möglichkeiten darauf hinzuwirken, dass die Mandanten dem Beraterwechsel zustimmen, an der Mandatsüberleitung mitzuwirken und weitere Akquisitionen für die STS durchzuführen. Darüber hinaus war vertraglich vereinbart, dass die bestehenden Lieferungs- und Leistungsverträge, die unfertigen Arbeiten und die bei dem Kläger seinerzeit angestellten (sechs) Arbeitnehmer gemäß § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) von der Erwerberin (STS) mit allen Rechten und Pflichten übernommen werden.

Unter demselben Datum (24. Januar 2008) trafen die vorgenannten Parteien eine freiberufliche Tätigkeitsvereinbarung, in dem die bereits im Kaufvertrag genannten Verpflichtungen des Klägers, bei der Überleitung der übertragenen Mandate auf die STS mitzuwirken und neue Mandanten für die STS zu akquirieren, wiederholt wurden. Die fachliche Beratung der eingebrachten und etwaiger neu akquirierter Mandate sollte im Namen und für Rechnung der STS erfolgen. Diese schuldete dem Kläger als Vergütung für seine mit 32 Wochenstunden (4-Tage-Woche) angesetzte Tätigkeit ein monatliches Pauschalhonorar i.H. von 5.000 € zzgl. Mehrwertsteuer; für neu akquirierte Mandate sollte er zusätzlich 20 v.H. des fakturierten Jahresumsatzes erhalten. Dem Kläger wurde ausdrücklich gestattet, auch für andere Auftraggeber als die STS tätig zu werden, für einen unmittelbaren Wettbewerber der STS allerdings nur nach deren vorheriger schriftlicher Zustimmung. Die Geltungsdauer des Vertrags war „zunächst” bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Für den Fall, dass der Kläger über diesen Zeitpunkt hinaus für die STS tätig bleiben würde, sollten ihm statt des monatlichen Festhonorars 40 v.H. der fakturierten Umsätze zustehen, soweit diese auch persönlich durch ihn erbracht werden.

Unter dem 9. Mai 2009 schlossen der Kläger und die STS eine weitere privatschriftliche Vereinbarung, in deren Präambel zunächst auf den Veräußerungsvertrag vom 24. Januar 2008, insbesondere die Modalitäten der Kaufpreisfindung, Bezug genommen wurde. In Anknüpfung an die darin übereinstimmend dokumentierte Absicht, „die endgültige Gegenleistung zum Kaufpreis auf den 31. März 2009 zu ermitteln”, vereinbarten die Parteien auf Basis einer beiliegenden Mandantenumsatzliste einen Gesamtkaufpreis von 700.000 €. Abschließend stellten sie fest, dass mit dieser Vereinbarung und deren Erfüllung die gegenseitigen Ansprüche aus dem Kaufvertrag vom 24. Januar 2008 abschließend geregelt seien und etwaige weitere Ansprüche nicht mehr bestünden. Die darüber hinaus getroffenen Regelungen in der freiberuflichen Tätigkeitsvereinbarung gleichen Datums sollten unverändert fortgelten.

Nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 10. November 2009 die Einkommensteuer des Klägers für 2008 (Streitjahr) unter Zugrundelegung von gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO) geschätzten Besteuerungsgrundlagen (u.a. Einkünften aus selbständiger Tätigkeit i.H. von 130.000 €) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) auf 36.247 € fes...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge