Entscheidungsstichwort (Thema)

JStG 2009: Erträge aus der Rückzahlung von Anleihen als Einkünfte aus § 20 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Einführung des § 52a Abs. 10 Satz 7 2. Hs. EStG durch das JStG 2009 (jetzt § 52 Abs. 28 Satz 16 letzer Hs.) – betreffend die Besteuerung von Erträgen aus der Rückzahlung von Anleihen als Einkünfte aus Kapitalvermögen - verstößt weder gegen den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Vertrauensschutzgrundsatz noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Normenkette

EStG 2009 § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 2, § 52a Abs. 10 S. 7; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.12.2022; Aktenzeichen VIII R 23/20)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Qualifikation von Erträgen aus der Rückzahlung von Anleihen als nicht steuerbares Veräußerungsgeschäft außerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Satz 2 EStG in der Fassung ab dem 01.01.2009.

Der Kläger erwarb am 18.12.2008 Anleihen der C AG (ISIN …) und der I AG & Co KGAA (ISIN …). Es handelt sich hierbei um nachrangige Inhaberschuldverschreibungen mit einer Laufzeit von ca. 100 Jahren, bei welchen unstreitig eine Abgrenzung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich ist. Beide Anleihen waren so ausgestaltet, dass zunächst eine feste Verzinsung von 5% bzw. 5,375 % vorgesehen war und ab einem bestimmten Zeitpunkt (2015 bzw. 2015) eine variable Verzinsung in Abhängigkeit zum EURIBOR erfolgen sollte. Die Kapitalerträge der Schuldverschreibungen sollten mithin in unterschiedlicher Höhe gezahlt werden. In beiden Fällen war es der Emittentin möglich, ab dem Zeitpunkt der Zinsumstellung die Schuldverschreibung zu kündigen und zum Nennwert zurückzuzahlen. Von dieser Möglichkeit wurde durch die jeweilige Emittentin zum erst möglichen Zeitpunkt Gebrauch gemacht, sodass am …2015 bzw. …2015 die Rückzahlung in Höhe der Nennwerte (C: … €, I: … €) erfolgte.

Darüber hinaus erwarb der Kläger am …2008 Anleihen der M B.V. (ISIN …), welche zum 2016 durch die Emittentin gekündigt und in Höhe des Nominalwertes von … € zurückgezahlt wurden. Auch bei diesen Anleihen war eine feste Verzinsung für einen begrenzten Zeitraum (sog. Festzinslaufzeit), ein Sonderkündigungsrecht der Emittentin zum Ende der Festzinslaufzeit und jedem darauf folgenden variablen Zinszahlungstermin verbunden mit der Pflicht zur Rückzahlung der Anleihe zum Nennbetrag sowie eine variable Verzinsung nach Ablauf der Festzinslaufzeit bis zur Endfälligkeit vereinbart. Ebenso war auch bei diesen Anleihen unstreitig eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anleihe-Prospekte verwiesen (für die C-Anleihe: http://www…. für die I-Anleihe: http://www… und für die M-Anleihe: http://www…).

Die Bank beurteilte die Rückzahlung der Anleihen jeweils als steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft, ermittelte den Gewinn nach §§ 43a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. 20 Abs. 4 EStG und unterwarf diesen dem Kapitalertragsteuerabzug.

Mit den Einkommensteuererklärungen für 2015 und 2016 beantragte der Kläger, die seines Erachtens zu Unrecht einbehaltenen und abgeführten Steuerabzugsbeträge in Höhe von insgesamt … € (2015) bzw. … € (2016) aus diesen Vorgängen zu erstatten. Dazu reichte der Kläger, der ansonsten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und aus Vermietung und Verpachtung erzielte, eine Anlage KAP, die Abrechnungen über die Wertpapierkäufe vom …2008 (M B.V.) und…2008 (C AG und I AG & Co KGAA) und die Gesamtkündigungen vom …2015 (C AG), …2015 (I AG & Co. KGAA) und 2016 (M B.V.) ein. In den Anlagen KAP beantragte er jeweils in der Zeile 5 eine Überprüfung des Steuereinbehaltes für bestimmte Kapitalerträge und gab hierzu in Zeile 7 unter der Kz. 10 jeweils die aus den Anleihen erzielten Veräußerungsgewinne in Höhe von insgesamt 4.614,47 € (2015) bzw. 616,33 € (2016) sowie unter Kz. 20 den seines Erachtens zutreffenden Betrag von jeweils 0 € als korrigierten Betrag an. Ergänzend führte er aus, dass es sich bei den Wertpapieren um nachrangige festverzinsliche Schuldverschreibungen –sog. Subordinated Medium-Term Notes– handle, welche nicht als echte Finanzinnovationen nach § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG a.F. zu qualifizieren seien, da eine Trennung zwischen Kapitalstamm und Zinskupon und somit Kapitalnutzungsentgelt und Wertentwicklung des Kapitals problemlos möglich sei. Die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns scheide daher nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist aus.

Mit Schreiben vom 31.08.2016 teilte der Beklagte mit, dass der Einbehalt der Steuerabzugsbeträge durch das Finanzinstitut bei Schuldverschreibungen der vorliegenden Art zu Recht erfolgt und beabsichtigt sei, von der Einkommensteuererklärung 2015 insoweit abzuweichen, als dass eine Erstattung der Steuerabzugsbeträge nicht erfolgen würde.

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 20.11.2016 den Verbleib seines Einkommensteuerbescheides 2015 erfragte, erließ der Beklagte m...

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