Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage des Vorliegens von Post-Universaldienstleistungen; Steuerbefreiung als Post-Universaldienstleistung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: V R 6/21)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine steuerfreie Universalleistung liegt nicht vor, wenn eine Postdienstleistung nicht für alle Nutzer zugänglich ist, weil der Universalpostdienstleister die Dienstleistung einzelvertraglich mit einem Kunden unter Beachtung von dessen besonderen Bedürfnissen vereinbart hat.

2. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist zur richtlinienkonformen Bestimmung einer steuerfreien Universaldienstleistung i.S. des § 4 Nr. 11b UStG neben der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung die PostDRL und die sie umsetzenden nationalen Bestimmungen in ihrer Gesamtheit und nicht entsprechend dem Wortlaut von § 4 Nr. 11b UStG lediglich Art. 3 Abs. 4 PostDRL 97/67/EG sowie § 19 PostG heranzuziehen.

 

Normenkette

MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. a; UStG § 4 Nr. 11b

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen V R 6/21)

 

Tatbestand

Zwischen der Klägerin, der A, und dem Beklagten ist streitig, ob bestimmte Leistungen der Klägerin im Bereich der von ihr erbrachten Postdienstleistungen gemäß § 4 Nr. 11b UStG steuerbefreit sind.

Streitjahr ist das Jahr 2016, für das der Beklagte während des Klageverfahrens am 23.10.2020 einen Umsatzsteuerbescheid erließ, mit dem die von der Klägerin angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen 2016 in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 23.04.2018 sowie der Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 16.01.2020 geändert wurden.

Auf die Einspruchsentscheidung vom 23.04.2018 sowie die Umsatzsteuerbescheide 2016 vom 16.01.2020 und 23.10.2020 nebst Anlagen wird verwiesen.

Bei den streitigen Leistungen der Klägerin handelt es sich um folgende, durch sie oder eine ihrer Organgesellschaften erbrachte, vom Beklagten als umsatzsteuerpflichtig behandelte Produkte:

I.

Umsätze in Euro

Netto

Brutto

USt

1.

DV-Freimachung

2.

Handyporto

3.

Teilleistungen

4.

Brief zum Kilotarif

5.

Nachnahme Brief

(-Porti … € als steuerbefreit erklärt und festgesetzt)

(-Nachnahmeentgelt … als umsatzsteuerpflichtig erklärt und festgesetzt)

-Nachnahmeübermittlungsentgelt (NNÜ)

6.

Nachnahme Paket

7.

Rolle/Sperrgut

gesamt

II.

erklärte und festgesetzte Vorsteuern

1.

DV-Freimachung

2.

Handyporto

3.

Teilleistungen4. Brief zum Kilotarif

5.

Nachnahme Brief (NNÜ)

6.

Nachnahme Paket

7.

Rolle/Sperrgut

gesamt

Die Klägerin bietet flächendeckend im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit des postalischen Universaldienstes an.

Gemäß § 4 Nr. 11b S. 2 UStG hat sie mit Schreiben vom 27.04.2010 gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine entsprechende Verpflichtungserklärung abgegeben. Das BZSt hat ihr am 23.06.2010 die diesbezügliche Bescheinigung erteilt, die regelmäßig geprüft und bestätigt wird.

Die Klägerin hatte im Jahr 2012 wegen Umsatzsteuer 2011 beim Finanzgericht Köln geklagt (Az. 1 K 2078/12 und 1 K 2540/12). Streitgegenstand war die Steuerbefreiung von Leistungen aus dem Bereich der Postdienstleistungen der Klägerin gemäß § 4 Nr. 11b UStG; teilweise handelte es sich um die gleichen Leistungen, über die im vorliegenden Verfahren zu entscheiden ist.

Auf den in dem Verfahren 1 K 2540/12 am 30.09.2014 ergangenen richterlichen Hinweis wird verwiesen (Anlage 24 zur Klagebegründung, Bl. 448 ff).

Der Beklagte erließ unter dem 02.02.2016 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2011.

Hierauf nahm die Klägerin am 04.05.2016 die Klagen zurück.

Mit der vorliegenden Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

Mit der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 11b UStG habe der Gesetzgeber beabsichtigt, Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL auf nationaler Ebene umzusetzen und sich dabei an der Auslegung der Richtlinienvorschrift durch das EuGH-Urteil vom 23.04.2009 – C-357/07, TNT Post UK-Ltd., orientiert.

Danach bestimme sich gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL und der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.12.1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl L15 vom 21.01.1998, Seite 14, L 23 vom 30.01.1998, Seite 39), zuletzt geändert durch die RL 2008/6/EG (Abl. L 52 vom 27.02.2008, Seite 3) – Postdienstrichtlinie (PostDRL) –), welche Leistungen gemäß § 4 Nr. 11b UStG als Universaldienstleistungen steuerbefreit seien. Die PostDRL werde gemäß dem Postgesetz (PostG) und der Postuniversaldienstleistungsverordnung (PUDLV) umgesetzt, wobei auch die Verträge des Weltpostvereins beachtlich seien.

Im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 16.10.2019 – C-4/18 und 5/18, Winterhoff, weist die Klägerin darauf hin, dass mit diesem vor kurzem ergangenen Urteil die grundlegenden Feststellungen zum Anwendungsbereich der Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL bekräftigt worden seien; insbesondere sei der Zusammenhang zwischen der Befreiungsvorschrift und der PostDRL, deren Zweck es sei, den Universalpostdienst sicherzustellen, festgeschrieben w...

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