rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung des Begriffs "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit"

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dem EuGH wird gem. Art. 234 Abs. 2 EGV die Frage vorgelegt, ob sich aus der Unternehmensbescheinigung eine Bindungswirkung hinsichtlich der Ansässigkeit des Unternehmers im Ausstellungsstaat ergibt.

2. Wie ist der Begriff des "Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit" auszulegen?

 

Normenkette

UStDV § 59 Abs. 1 Nr. 2; UStG § 18 Abs. 9 S. 7

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 28.06.2007; Aktenzeichen C-73/06)

 

Tatbestand

A.

I.

Die Klägerin ist eine am … 1995 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach luxemburgischem Recht (Eintragung in das Handels- und Gesellschaftsregister des Bezirksgerichts Luxemburg vom … 1995, Sek. B Nr. …). Sie betreibt ein Transportunternehmen und hat ihren Sitz in der Rue de … in … in Luxemburg. Alleinige Gesellschafterin ist die in … (Schweiz) ansässige … AG (im Folgenden:. AG), bei der es sich ebenfalls um ein Transportunternehmen handelt. Geschäftsführer der Klägerin sind zwei in der Schweiz bzw. Italien wohnhafte Angestellte der. AG. Am Sitz der Klägerin betreibt Herr … (im Folgenden: D) die Firma …, von der sie auch ihre Büroräume angemietet hat. D hatte auch die Gründung der Klägerin als Vertreter der Alleingesellschafterin veranlasst. Unter der Adresse der Klägerin haben 13 weitere Gesellschaften, unter anderem auch drei Tochtergesellschaften von Schweizer Transportunternehmen, ihren Sitz.

Im April 1997 beantragte die Klägerin beim Beklagten für 1996 die Vergütung von Vorsteuerbeträgen in Höhe von …,25 DM, die nahezu ausschließlich auf Grund von Aufwendungen für Kraftstoff angefallen waren. Dem Antrag war eine dem Muster in Anhang B der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABlEG) 1979 Nr. L 331, 11 (im Folgenden: Achte Richtlinie) entsprechende Bescheinigung der Administration de L'Enregistrement et des Domaines des Großherzogtums Luxemburg vom 15. April 1997 beigefügt, wonach die Klägerin (unter Angabe ihres Namens, der Art ihrer Tätigkeit sowie ihrer Geschäftsadresse) unter der entsprechenden luxemburgischen Steuernummer (TVA …) der Mehrwertsteuer unterliegt. In der Bescheinigung ist auch ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (…) vermerkt.

Im Mai 1998 beantragte die Klägerin außerdem – wiederum unter Beifügung einer den Vorgaben der Achten Richtlinie entsprechenden Bescheinigung– die Vergütung von Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum 1997 in Höhe von …,98 DM, die ebenfalls im Wesentlichen auf Grund des Bezugs von Kraftstoff angefallen waren.

Die Informationszentrale Ausland (IZA) des Beklagten erteilte auf Anfrage die Auskunft, die Klägerin unterhalte unter der in der Bescheinigung angegebenen Adresse keinen Telefonanschluss. Lediglich auf den Namen des D sei ein Anschluss angemeldet. Der Beklagte kam daher zu dem Schluss, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass der Sitz ihrer Geschäftsleitung statt in der Schweiz in Luxemburg sei. Daher seien die Voraussetzungen für die Gewährung der Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG 1993) i.V. mit §§ 59 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1993 (UStDV 1993) nicht erfüllt. Er lehnte die vorgenannten Anträge deshalb mit Bescheiden vom … 1998 und vom … 1998 ab.

II.

Hiergegen erhob die Klägerin Einsprüche und legte eine zusätzliche Bescheinigung der Luxemburger Finanzverwaltung vom 19. Februar 1999 vor, wonach sie „eine Handelsgesellschaft im Sinne des deutsch-luxemburgischen Doppelbesteuerungsabkommens” sei und den „luxemburgischen direkten Steuern” unterliege. Sie trug vor, die Kommission der Europäischen Gemeinschaft, Generaldirektion XXI (Steuern und Zollunion, Steuerpolitik) habe auf Anfrage mit Schreiben vom 29. Oktober 1998 mitgeteilt, aus der Achten Richtlinie ergebe sich, dass für die Bescheinigung der Qualität des Steuerpflichtigen die Behörde des Ansässigkeitsstaats zuständig sei. Sofern die Behörden des Erstattungsstaates Zweifel an der Eigenschaft einer natürlichen oder juristischen Person als Steuerpflichtiger hätten, könnten sie über die gemeinschaftsrechtlichen Instrumente der Amtshilfe den Ansässigkeitsstaat bitten, die Verhältnisse der fraglichen Person zu prüfen. Weiter führte die Klägerin aus, die Tatsache, dass sie dieselbe Anschrift habe wie andere Tochterunternehmen schweizerischer Transportunternehmen, erkläre sich daraus, dass Büroräume einer europaweit tätigen Bürogemeinschaft Schweizer Transportunternehmer angemietet worden seien. Für sie, die Klägerin, seien in Luxemburg die für alle Auslandsgeschäfte der klägerischen Unternehmensgruppe zuständigen beiden Geschäftsführer sowie D und noch eine weitere Person tätig, die auch für alle behördlichen Angelegenheiten und die Leitung der Buchhaltung verantwortlich seien. ...

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