Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendiger Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung: Elektronische Einlegung - Angabe der E-Mail-Adresse des Finanzamts nicht erforderlich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergibt, ist nicht "unrichtig" i. S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO.

2. Die Information in der Rechtsbehelfsbelehrung darüber, dass der Einspruch elektronisch eingelegt werden kann, ist ausreichend; nicht erforderlich ist die Angabe der E-Mail-Adresse des Finanzamts.

 

Normenkette

AO §§ 356-357

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Rechtsbehelfsbelehrung im Umsatzsteuerbescheid 2014 den Anforderungen der Abgabenordnung entspricht.

Der Kläger erzielte im Streitjahr und in den vorhergehenden Jahren Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.

Am 09.09.2014 reichte der Kläger bei dem Beklagten einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit ein, mit dem er erklärte, eine Tätigkeit als ... aufgenommen zu haben.

Der Kläger gab für 2014 zunächst keine Umsatzsteuererklärung ab. Der Beklagte erinnerte den Kläger an die Abgabe der Umsatzsteuererklärung für 2014 mit Schreiben vom 25.01.2016 und einer Fristsetzung bis zum 22.02.2016.

Mit Bescheid für 2014 über Umsatzsteuer vom 01.04.2016 setzte der Beklagte - ohne einen Vorbehalt der Nachprüfung - die Umsatzsteuer auf ... € fest. Dabei schätzte er die Besteuerungsgrundlagen; er berücksichtigte Lieferungen und sonstige Leistungen zu 19 % i. H. v. ... € und Vorsteuerbeträge i. H. v. ... €.

Die Rechtsbehelfsbelehrung lautet wie folgt:

"Die Festsetzung der Umsatzsteuer kann mit dem Einspruch angefochten werden.

Der Einspruch ist bei dem vorbezeichneten Finanzamt oder bei der angegebenen Außenstelle schriftlich einzureichen, diesem/dieser elektronisch zu übermitteln und dort zur Niederschrift zu erklären.

... Die Frist für die Einlegung des Einspruchs beträgt einen Monat.

Sie beginnt mit Ablauf des Tages, an dem Ihnen dieser Bescheid bekannt gegeben worden ist. Bei Zusendung durch einfachen Brief gilt die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass der Bescheid zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. ...".

Ein Hinweis auf die E-Mail-Adresse des Beklagten findet sich in dem Umsatzsteuerbescheid für 2014 nicht.

Am 17.05.2016 reichte der Kläger die Umsatzsteuererklärung für 2014 ein, mit der er die Umsatzsteuer auf -... € berechnete.

Mit Bescheid vom 12.07.2016 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheides für 2014 vom 01.04.2016 mit der Begründung ab, dass der Antrag nur innerhalb der Einspruchsfrist erfolgen könne, die Frist jedoch am 04.05.2016 abgelaufen sei.

Mit Schreiben vom 27.07.2016, eingegangen am 01.08.2016, legte der Kläger, vertreten durch die Prozessbevollmächtigte, gegen den Ablehnungsbescheid vom 12.07.2016 Einspruch ein. Diesen begründete er damit, dass die Rechtsbehelfsbelehrung nicht korrekt und vollständig sei; die Rechtsbehelfsfrist beginne deshalb nicht zu laufen. Zugleich stellte der Kläger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen eines Büroversehens der Prozessbevollmächtigten; diesen begründete er damit, dass "erst jetzt" festgestellt worden sei, dass es sich offensichtlich um ein EDV-Versehen handele. Versehentlich sei versäumt worden, in dem Einspruchsschreiben zur Einkommensteuer 2014, die mit Bescheid vom 01.04.2016 festgesetzt worden war, zugleich gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 Einspruch einzulegen. Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid war am 06.05.2016 durch die Prozessbevollmächtigte eingelegt worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30.08.2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 06.09.2016, eingegangen am 13.09.2016, Klage erhoben.

Der Kläger trägt vor:

Im Kopfzeilenbereich des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides vom 01.04.2016 befänden sich die Daten zur postalischen Zustellung, im Fußzeilentext die Kontoverbindung und ein Verweis auf die Homepage der Finanzbehörden. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei fehlerhaft. Sie solle den Adressaten über die Möglichkeit informieren, ob und wie eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung durch einen Rechtsbehelf angegriffen werden könne. Die Anspruchsgrundlage des § 356 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) solle dieses Recht des Steuerpflichtigen gewährleisten. Die vollständige Anschrift der Finanzbehörde solle entweder der Rechtsbehelfsbelehrung oder dem Verwaltungsakt entnommen werden können, damit der Beteiligte überhaupt wisse, an wen er den Einspruch richten müsse. Dies solle Fristversäumnisse oder Verzögerungen aufgrund einer fehlerhaften Adressierung des Einspruchs vermeiden helfen. Gleiches gelte für die Telefaxnummer.

Wenn der Beklagte auf die digitale Einlegungsmöglichkeit verweise, müsse er in analoger Anwendung des § 356 Abs. 1 AO auch die E-Mail-Adresse dem Kläger zugänglich machen. Diese befinde sich jedoch nicht auf dem Verwaltungsakt. Der Kläger habe...

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