Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG bei Beteiligung einer Organgesellschaft an einer Personengesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Der auf eine Organgesellschaft aus einer Beteiligung an einer Personengesellschaft entfallende, anteilige Gewerbesteuer-Messbetrag kann nicht in die Feststellung der anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge der Organträger-Personengesellschaft einbezogen werden.

Gewerbesteuer-Messbeträge stammen nur dann i. S. von § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft, wenn eine Personenobergesellschaft Mitunternehmerin einer Personenuntergesellschaft ist.

§ 35 EStG enthält in Bezug auf die „Abschirmwirkung“ von Organgesellschaften mit nachgeschalteten Personengesellschaften keine verdeckte Lücke, die im Wege der Analogie geschlossen werden könnte.

Gesetzesfolgen, die bei generalisierender Betrachtung für die gesetzliche Regelung typisch sind, können nicht im Wege einer abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen i. S. von § 163 AO korrigiert werden.

 

Normenkette

EStG § 35; AO § 163

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.09.2011; Aktenzeichen IV R 42/09)

BFH (Urteil vom 22.09.2011; Aktenzeichen IV R 42/09)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die zutreffende Auslegung des § 35 Abs. 2 EStG und die Höhe des gesondert und einheitlich festzustellenden Gewerbesteuer-Messbetrags im Falle der Beteiligung einer Organgesellschaft an einer Personengesellschaft.

Die Kläger waren in den Streitjahren 2001 - 2003 zu je 50 % als Kommanditisten an der H KG beteiligt. Komplementärin ohne Kapitaleinlage war die Verwaltungsgesellschaft H-U GmbH. Die Komplementärin erhielt zu Lasten des Ergebnisses der Gesellschaft für die Übernahme der persönlichen Haftung eine Vergütung in Höhe von 3 % ihres Stammkapitals von DM 50.000,- (€ 25.565,-) und von einem danach verbleibenden Gewinn 0,5 % (vgl. § 7 Gesellschaftsvertrag vom 21.12.1992). Die H KG hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.02. - 31.01. eines Jahres.

Die Kläger waren darüber hinaus alleinige Gesellschafter der G GmbH (heute: F GmbH). Die - jeweils hälftigen - Anteile an der G GmbH stellten Sonderbetriebsvermögen bei der H KG dar. Die H KG war in den Streitjahren zudem körperschaft- und gewerbesteuerliche Organträgerin der G GmbH, die ihrerseits zu 97 % als Kommanditistin an der R KG beteiligt war.

Die Beteiligungsverhältnisse der Streitjahre im Schaubild:

Die Kläger übertrugen ihre Kommanditbeteiligungen mit Wirkung zum 01.01.2007 (Eintragung im HR am … 2007) auf die S GmbH (heute: V GmbH); zugleich schied die H-U GmbH als Komplementärin aus der H KG aus. Das Vermögen der H KG ist damit mit Wirkung zum 01.01.2007 der S GmbH als allein verbliebener Gesellschafterin angewachsen (Eintragung im HR am … 2007).

Mit gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheiden für 2001 - 2003 vom 04.10.2004 (2001), 02.06.2005 (2002) und 30.08.2005 (2003) wurden für die Kläger gemäß § 35 Abs. 3 EStG a. F. anteilige Gewerbesteuermessbeträge der H KG in folgender Höhe festgestellt:

Gewerbesteuermessbetrag

DM

gesamt

280.180

81.026

60.900

Anteil Kläger zu 1.

140.090

40.513

30.450

Anteil Kläger zu 2.

140.090

40.513

30.450

Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am 07.06.2007 beantragten die Prozessbevollmächtigten der Kläger im Namen der H KG, die o. a. Feststellungsbescheide nach § 164 Abs. 2 AO zu ändern, und die zugunsten der Kläger festgestellten, anteiligen Gewerbesteuermessbeträge um die bei der R KG zugunsten der G GmbH festgestellten anteiligen Gewerbesteuermessbeträge zu erhöhen. Hierbei handelte es sich um folgende Beträge:

2001

2002

2003

§ 35 EStG

DM

Anteil G GmbH

91.425

50.500

31.755

Hilfsweise wurde beantragt, die o. a. anteiligen Gewerbesteuermessbeträge der G GmbH nach § 163 AO im Billigkeitswege in die Feststellungsverfahren der H KG einzubeziehen.

Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28.06.2007 ab. Eine Einbeziehung anteiliger Gewerbesteuermessbeträge der R KG in die Feststellungsverfahren der H KG scheide aus. Die H KG sei über die G GmbH nur mittelbar an der R KG beteiligt. Die auf die G GmbH als unmittelbare Gesellschafterin der R KG entfallenden, anteiligen Gewerbesteuermessbeträge könnten nicht an die H KG durchgereicht werden. Dafür fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Dementsprechend sei auch für eine abweichende Steuerfestsetzung im Billigkeitswege gemäß § 163 AO kein Raum.

Unter dem 04.07.2007 ergingen für die R KG geänderte Feststellungsbescheide für 2001 - 2003. Die auf die G GmbH entfallenden, anteiligen Gewerbesteuermessbeträge betrugen nunmehr:

2001

2002

2003

§ 35 EStG

DM

Anteil G GmbH

19.336,95

33.169,15

33.595,95

Gegen den Ablehnungsbescheid vom 28.06.2007 legten die Prozessbevollmächtigten der Kläger im Namen der H KG am 09.07.2007 Einspruch ein. Nach einer bei der H KG durchgeführten Betriebsprüfung (Prüfungsbeginn: 22.08.2005; vgl. Prüfungsbericht vom 03.08.2007) erließ der Beklagte am 28.09.2007 gegenüber der H KG nach § 164 Abs. 2 AO geändert...

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