Entscheidungsstichwort (Thema)

Business-Kleidung ist keine typische Berufskleidung

 

Leitsatz (amtlich)

Das Tragen von Business-Kleidung ist der allgemeinen Lebensführung i. S. d. § 12 Nr. 1 EStG zuzurechnen, weil es auch dem menschlichen Bedürfnis nach Bekleidung Rechnung trägt und eine private Nutzungsmöglichkeit bei gelegentlichen besonderen privaten Anlässen, objektiv nicht ganz oder jedenfalls nicht nahezu ausgeschlossen werden kann.

 

Normenkette

EStG §§ 9, 12

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen des Klägers für seine beruflich genutzte Kleidung als Werbungskosten abziehbar sind.

Der Kläger ist seit ... bei der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg zugelassener Rechtsanwalt. Er ist seit ... 2011 angestellter Rechtsanwalt einer internationalen tätigen Wirtschaftsrechtssozietät. ....

In der Zeit von April bis Dezember 2011 erwarb der Kläger fünf Anzüge, zwölf Hemden, drei Hosen und zwei Paar Schuhe im Gesamtwert von 3.830,95 € wie folgt:

ESt-Akten Bl.

Rechnungsdatum

Artikel

Anzahl

Preis

16

21.07.2011

Anzug

1

661,00 €

21

19.09.2011

Anzug

1

34,40 €

20

26.09.2011

Anzug

1

542,40 €

14

03.06.2011

Anzug

1

353,00 €

14

03.06.2011

Anzug

1

374,00 €

11

27.04.2011

Hemd

1

69,90 €

15

23.06.2011

Hemd

1

69,00 €

18

05.10.2011

Hemd

1

71,20 €

23

05.12.2011

Hemd

1

89,00 €

13

09.05.2011

Hemd

1

49,95 €

11

28.04.2011

Hemd

2

139,80 €

19

26.09.2011

Hemd

2

126,40 €

121

21.04.2011

Hemd

1

69,90 €

17

21.07.2011

Hose

1

102,00 €

22

28.11.2011

Hose

2

341,00 €

12

21.04.2011

Schuhe

1

119,00 €

12

20.04.2011

Schuhe

1

119,00 €

Summe

3.830,95 €

In seiner Einkommensteuererklärung für 2011 machte er bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Werbungskosten u. a. für Berufskleidung in Höhe von 1.278 € geltend. Diesen Betrag hatte der Kläger unter Berücksichtigung von Anschaffungskosten in Höhe von 3.830,95 € und einer dreijährigen Nutzungsdauer ermittelt.

Mit Bescheid vom 13.06.2012 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2011 auf ... € fest. Dabei berücksichtigte er Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von ... €. In den Erläuterungen zur Festsetzung führte der Beklagte aus, dass Aufwendungen für Bekleidung nicht als Werbungskosten abziehbar seien, weil es sich nicht um typische Berufskleidung handele.

Am 09.07.2012 legte der Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 27.09.2012 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Am 29.10.2012 hat der Kläger Klage erhoben.

Der Kläger trägt vor:

Die Aufwendungen für die streitgegenständliche Kleidung stellten Werbungskosten dar. Er, der Kläger, habe die Aufwendungen für die Business-Garderobe zwecks Erwerbung von Einnahmen getätigt. Sie seien in zeitlich engem Zusammenhang mit dem Beginn seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt im Anschluss an die Unterzeichnung des Anstellungsvertrages im ... 2011 und der Aufnahme seiner Tätigkeit im ... 2011 erfolgt. Diese Ausgaben seien durch seine Tätigkeit als Rechtsanwalt aufgrund der Erwartungen und Gepflogenheiten hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes angestellter Rechtsanwälte in internationalen Anwaltssozietäten auch veranlasst gewesen.

Es handele sich um Aufwendungen für Arbeitsmittel und damit um Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinen Urteilen vom 10.11.1989 VI R 159/86 und vom 09.03.1979 VI R 171/77 stelle die streitgegenständliche Kleidung berufstypische, nämlich anwaltstypische Kleidung dar.

Diese anwaltstypische Berufskleidung werde als selbstverständlich vorausgesetzt. Das Tragen dieser Kleidung sei üblicher Standard in internationalen Wirtschaftsrechtssozietäten und spiegele die Erwartung der Mandanten an das äußere Erscheinungsbild von Rechtsanwälten wider. Die (anwalts-)adäquate Kleidung solle der Position des Rechtsanwalts Ausdruck verleihen und seiner Tätigkeit den von den Mandanten erwarteten äußeren Rahmen geben. Dem Anwalt einer internationalen Anwaltssozietät sei es nicht möglich, seiner beruflichen Tätigkeit in Freizeitkleidung nachzugehen. So sei bei der Internetpräsenz internationaler Rechtsanwaltssozietäten ohne weiteres ersichtlich, dass ein jeder (männliche) Anwalt auf den dort gezeigten Bildern mit Anzug, Anzughemd und Krawatte zu sehen sei. Dieses sei die übliche und typische Berufskleidung. Die berufliche Verwendungsbestimmung dieser Kleidung komme auch durch ihre Unterscheidungsfunktion zum Ausdruck; durch sie grenzten sich die angestellten Rechtsanwälte vom nichtjuristischen Personal der Sozietät ab.

Auch heute noch gelte für vor Gericht auftretende Rechtsanwälte - neben der Robenpflicht - eine gewohnheitsrechtliche Pflicht zum Tragen einer "Amtstracht", die ein weißes Hemd mit weißem Langbinder erfordere. Diese standesrechtliche Pflicht sage viel darüber aus, welches (äußerliche) Auftreten von einem Anwalt allgemein erwartet werde.

Die verfahrensgegenständliche Bekleidung erfülle in seinem, des Klägers, Fall nahezu ausschließlich die Funktion als Berufskleidung; eine priv...

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