Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer: Werbungskosten, Koffer eines Piloten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Arbeitsmitteln eines Piloten können auch eine Aktentasche oder ein sog. Trolley gehören, wenn diese ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend beruflich genutzt werden.

2. Eine vor Ablauf der Regel-Sperrfrist von sechs Monaten erhobene Untätigkeitsklage kann in die Zulässigkeit hineinwachsen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 6; FGO § 46 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für einen Koffer als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen sind.

Der Kläger zu 1. ist seit dem 27.04.1977 als Pilot (Kapitän) bei der A AG angestellt und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er lebt zusammen mit seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2., in Österreich. Die Eheleute werden aufgrund eines Antrags nach § 1 Abs. 3, § 1a EStG vom 17.01.2009 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt und gemäß §§ 26, 26 b EStG zusammen veranlagt.

Der Kläger machte mit seiner Steuererklärung für das Streitjahr 2008 (unter anderem) Aufwendungen für einen Koffer in Höhe von 225 € als Werbungskosten geltend.

Mit Bescheid vom 21.12.2009 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2008 auf 76.615 € fest. Die Kosten des Koffers blieben dabei unberücksichtigt. In den Erläuterungen zur Festsetzung wurde unter Hinweis auf das Urteil des FG Hamburg vom 17.01.1972, III 24/70 (EFG 1972, 329) ausgeführt, dass die Kosten eines normalen Koffers, der auch zum Transport von Reiseutensilien diene, nicht abzugsfähig seien.

Gegen den Bescheid legten die Bevollmächtigten der Kläger, die gegenüber dem Beklagten nach Aktenlage erstmalig mit Schreiben vom 05.11.2009 aufgetreten waren - und zwar ausdrücklich für beide Kläger - am 21.01.2010 Einspruch ein. Mit dem Einspruchsschreiben übersandten sie eine Rechnung der Firma B vom 26.06.2008 über einen schwarzen "Pilotentrolley Flight Kit". Als Gegenstand des Einspruchs wurde in dem genannten Schreiben der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 21.12.2009 bezeichnet; als Mandant wurde allerdings nur der Kläger aufgeführt.

Mit Schreiben vom 27.01.2010 und vom 26.02.2010, die jeweils an beide Kläger gerichtet waren, wies der Beklagte darauf hin, dass Aufwendungen für einen Koffer den Kosten der privaten Lebensführung nach § 12 EStG zuzurechnen seien, dass im Falle eines Zusammenhangs mit der beruflichen Tätigkeit zu prüfen sei, ob und in welchem Umfang eine berufliche Veranlassung vorliege, und dass die Aufwendungen, soweit eine leichte und eindeutige Trennbarkeit in einen beruflich und einen privat veranlassten Teil nicht gegeben sei, insgesamt zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Ausgaben gehörten.

Mit Entscheidung vom 26.03.2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte unter Hinweis auf den Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.10.1970 (GrS 2/70, BStBl II 1971, 17) ergänzend aus, dass es sich bei den Aufwendungen für den Koffer um sog. gemischte Aufwendungen handle, die im Hinblick auf das geltende Aufteilungs- und Abzugsverbot nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Bei dem streitigen Koffer handle es sich zwar um einen Gegenstand, der auf die beruflichen Bedürfnisse von Piloten zugeschnitten sei, der aber nach der Lebenserfahrung auch zum Transport privater Unterlagen und privaten Gepäcks bzw. auf privaten Reisen genutzt werden könne und genutzt werde. Es sei daher von einer privaten Nutzung auszugehen. Eine leichte und einwandfreie Trennung der Aufwendungen sei nicht möglich. Als Adressat der Einspruchsentscheidung wurde nur der Kläger aufgeführt.

Am 16.04.2010 haben beide Kläger dagegen Klage erhoben. Sie tragen vor, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Koffer um einen Pilotentrolley vom Typ "Flight Kit" handle und dass der Kläger diesen Koffer zu 100 % beruflich nutze. Er transportiere darin dringend benötigte Gegenstände wie Schreib- und Navigationsunterlagen, einen firmeneigenen Computer und einzelne Unterlagen, die für den jeweiligen Flug benötigt würden. Die Kläger haben hierzu Bilder und Angaben des Herstellers vorgelegt. Danach handelt es sich um einen schwarzen Leichtkoffer mit Rollen, ausziehbarem Zuggriff und Vortasche, der einen Aufkleber mit der Aufschrift "A Crew Luggage" trägt und dessen Hauptfach fächerförmig aufgeteilt ist. Auf die Bilder wird Bezug genommen (Anlage zum Schriftsatz der Kläger vom 12.05.2010 und vom 14.07.2010, s. Anlagenband zur Gerichtsakte).

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 21.12.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.03.2010 zu ändern und die beantragten Ausgaben für Arbeitsmittel in Höhe von € 225,00 zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich der Beklagte zunächst auf seine Einspruchsentscheidung. Darüber hinaus führt er aus, dass es sich bei dem Koffer nicht um einen "Pilotentrolley" handle, sondern um einen sog. "Bus...

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