rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtliche Kontrolle von Berufszugangsprüfungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die gerichtliche Kontrolle von Berufszugangsprüfungen findet nur in eingeschränktem Umfang statt.

Dem Prüfling steht ein Recht auf Information über die Gründe der Bewertung seiner Prüfungsleistung zu.

Das Begründungsverlangen bei mündlichen Prüfungen muss rechtzeitig erhoben und sachlich begründet werden.

Die Prüfungsbehörde hat eine Fürsorgepflicht, wenn sie erkennen kann, dass der Prüfling Gefahr läuft, seinen Informationsanspruch nicht rechtzeitig oder formgerecht geltend zu machen.

Eine Beweisaufnahme über den Ablauf der mündlichen Prüfung durch Vernehmung der Beteiligten ist zulässig und ggf. erforderlich, auch wenn es nicht innerhalb von zwei Monaten nach der mündlichen Prüfung sondern erst später zu einer schriftlichen Fixierung der Gründe für die Bewertung der mündlichen Prüfungsleistung gekommen ist.

 

Normenkette

GG Art. 12, 19 Abs. 4; DVStB § 28 Abs. 1-2, § 31; StBerG § 37; FGO § 76 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger ist im Jahre 2000 zum zweitenmal durch die Steuerberaterprüfung gefallen (1. Versuch 1999). Die Beklagte hatte ihn zwar mit einer Durchschnittsnote von 4,5 gemäß § 25 Abs. 2 Durchführungsverordnung zum Steuerberatungsgesetz (DVStB) zur mündlichen Prüfung zugelassen. Der Prüfungsausschuss 1 der Beklagten bewertete die Leistungen des Klägers in der mündlichen Prüfung vom 12. Januar 2000 jedoch mit der Durchschnittsnote 4,07, die sich folgendermaßen zusammensetzt:

Vortrag

Note 3

Prüfer 1

Note 3

Prüfer 2

Note 4,5

Prüfer 3

Note 4,5

Prüfer 4

Note 4

Prüfer 5

Note 4,5

Prüfer 6

Note 5

Da die durch zwei geteilte Summe aus den Gesamtnoten der schriftlichen und mündlichen Prüfung mit 4,28 (4,5 + 4,07 : 2) die Zahl 4,15 überstieg, teilte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses - gleichzeitig Prüfer 6 - dem Kläger am Ende der mündlichen Prüfung mit, dass er die Steuerberaterprüfung nicht bestanden habe. Der Vorsitzende begründete die Entscheidung des Prüfungsausschusses. Auf eine weitergehende Begründung verzichtete der Kläger. Anfang der folgenden Woche beantragte der Kläger bei der Beklagten Einsicht in seine Prüfungsakte, die daraufhin am 7. Februar 2001 stattfand.

Am 9. Februar 2001 hat der Kläger Klage erhoben. Er machte zunächst geltend, seine Leistungen in den Prüfungsabschnitten 2 bis 6 seien zu schlecht bewertet worden. Beim Prüfer 2 sei er nur eine Frage (zur ertragsteuerlichen Behandlung ausländischer Dividenden) schuldig geblieben. Alle anderen Fragen dieses Prüfungsdurchganges habe er zutreffend beantwortet, so zum neu eingeführten Halbeinkünfteverfahren. Seine Antworten seien offenbar durchweg richtig und umfassend gewesen, denn die anderen Prüfungskandidaten seien jeweils nur noch zu Detailfragen gehört worden. Die an ihn gerichteten Fragen seien in keinem Falle mangels zutreffender Beantwortung durch ihn an die anderen Kandidaten weitergereicht worden. Auch beim Prüfer 3 habe er keine wesentlichen Fehler gemacht oder Schwächen gezeigt, die eine Benotung mit 4,5 rechtfertigen würden. Die Fragen des Prüfers seien allerdings sehr unpräzise gewesen, so dass er nicht habe erkennen können, worauf der Prüfer tatsächlich habe hinauswollen. Der Prüfer habe außerdem erwartet, dass er die einschlägigen Gesetzesnormen auswendig zitieren könne. Dies sei jedoch kein Leistungsmerkmal. Schließlich sei er anlässlich eines Versprechens (Verwaltungskosten statt Vertriebskosten) durch mehrfaches Nachfragen des Prüfers verunsichert worden. Der Prüfer 4 habe nahezu ausschließlich ihn geprüft. Gegenstand der Prüfung sei eine Umwandlung aus einer Aktiengesellschaft in eine Personengesellschaft gegen den Widerstand eines Minderheitsaktionärs gewesen, ein Prüfungsgegenstand von höchstem Niveau. Selbst seine mit 3,33 und 3,5 vorbenoteten Mitprüflinge hätten ihm später bestätigt, dass sie hierzu nichts gewusst hätten und sein Herantasten an das Gebiet als beeindruckend empfunden hätten.

Zeugnis der Mitkandidaten Herr A und Frau B.

Angesichts des Schwierigkeitsgrades und des Umstandes, dass er zu allen Fragen mindestens hinreichend geantwortet habe, sei die Bewertung mit 4,0 kaum verständlich. Im Übrigen seien nach § 37 Abs. 3 Nr. 5 StBerG lediglich Grundzüge des Gesellschaftsrechtes zu prüfen. Das Umwandlungsrecht übersteige den Bereich der Grundzüge deutlich. Auch beim Prüfer 5 sei neben der mit 4,33 vorbenoteten Mitkandidatin lediglich er geprüft worden. Er habe alle Fragen sachlich und inhaltlich richtig beantwortet. Einzige Unsicherheit habe er bei der Frage nach dem Veröffentlichungsort des Änderungsgesetzes zum Steuerberatungsgesetz (Bundesgesetzblatt Band 1 oder Band 2) gezeigt. Hier habe er falsch mit Band 1 geantwortet. Diese falsche Antwort auf dem Gebiet nebensächlichen Detailwissens könne jedoch die Benotung mit 4,5 nicht tragen. Die Benotung mit 5,0 durch den Prüfer 6 überschreite eindeutig das Prüferermessen. Die erste Frage sei zum Berufsrecht gestellt worden, nämlich dahingehend, ob die Steuerberat...

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