Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verfassungswidrigkeit der Verlustabzugsbeschränkung bei Steuerstundungsmodellen gem. § 15b EStG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beschränkung des Verlustabzugs bei Steuerstundungsmodellen gem. § 15b EStG unterliegt auch bei Eintritt von Definitiveffekten keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln.

2. Angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 15b EStG scheidet eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend aus, nur verrechenbare Verluste im Falle des Definitivwerdens als abzugsfähige Verluste zu behandeln.

 

Normenkette

EStG § 15b

 

Tatbestand

Streitig ist die Feststellung eines Verlustes aus der Beteiligung an einem Steuerstundungsmodell.

Der Kläger trat am ... November 2005 der A GmbH & Co KG (KG) mit einer Einlage von 50.000 € als Kommanditist bei. Die Beteiligung erfolgte mittels eines offenen Treuhandverhältnisses über die Treuhänderin B GmbH. Die KG wurde in ihrem Emissionsprospekt mit Rücksicht auf die konzeptionell prognostizierten Anfangsverluste in Höhe von 88 % des aufzubringenden Kapitals selbst als Verlustzuweisungsgesellschaft i.S. von § 2b des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. bezeichnet; in einem Nachtrag wurde auf die Einführung von § 15b EStG durch Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22. Dezember 2005 hingewiesen.

Der Beklagte stellte ab 2005 bis 2007 Verluste in siebenstelliger Höhe für die KG fest. Auf den Kläger entfielen davon verrechenbare Verluste i.S. von § 15b EStG von 6.900,44 € in 2005, von 5.513,82 € in 2006 und von 7.431,32 € in 2007. Die gegen diese Gewinnfeststellungsbescheide gerichtete Klage, die auf die Verfassungswidrigkeit wegen mangelnder Bestimmtheit von § 15b EStG gestützt war (2 K 86/10), nahm der Kläger aus formalen Gründen zurück. Die gegen die entsprechenden Bescheide über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG gerichtete Klage (2 K 236/15) wurde ebenfalls zurückgenommen.

Nach den Prospektangaben für die Beteiligungsofferte an der KG, die den Zeitraum 2005 bis 2019 umfassten, sollten nach anfänglichen Verlusten ab 2012 Gewinne erzielt werden. Tatsächlich erwirtschaftete die KG aber auch 2012 weiterhin Verluste und wurde per ... 2013 aufgelöst; die verbliebenen Vermögenswerte und Schulden wurden zum 1. Januar 2014 auf ihre Liquidatorin, die C GmbH, übertragen. Die Schlussbesteuerung erfolgte in 2013, dem Streitjahr.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2015 über die Feststellung der verrechenbaren Verluste i.S.v. § 15b EStG auf den 31. Dezember 2013 stellte der Beklagte für den Kläger einen Ergebnisanteil von ./. 67,96 €, einen anteiligen Veräußerungsverlust von 521,45 €, die Summe der verrechenbaren Verluste mit 13.693,89 € und den verrechenbaren Verlust auf den 31. Dezember 2013 mit 0 € fest. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies der Beklagte mit Entscheidung vom 21. Dezember 2015 zurück. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Beschränkung des Verlustausgleichs bestünden nicht. Eine veranlagungszeitraumübergreifende Verlustnutzung bewege sich im verfassungsrechtlich unbedenklichen Rahmen, eine Umqualifizierung der aufgelaufenen Verluste in voll ausgleichsfähige im Falle der Aufgabe der Tätigkeit der Gesellschaft sei nicht geboten. Im Übrigen sei er, der Beklagte, an die einfachgesetzliche Regelungslage gebunden.

Mit der Klage vom 29. Dezember 2015 begehrt der Kläger die Feststellung eines Gesamtverlustes aus der Beteiligung i.H.v. 13.693,89 € und dessen Verrechenbarkeit mit seinen anderen Einkünften des Streitjahres. Der Kläger ist der Auffassung, dass § 15b EStG jedenfalls in den Fällen gegen die Verfassung verstoße, in denen es infolge der Beendigung der Betätigung der Gesellschaft zu einem Definitivverlust komme. Er habe eine rechtlich zulässige und in der Prognose erfolgreiche gewerbliche Beteiligung gehalten. Insoweit sei durch den Ausschluss des Verlustausgleichs der Kernbereich einer Nettoertragsbesteuerung verletzt.

Der Kläger beantragt, den Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S.v. § 15b EStG auf den 31. Dezember 2013 vom 13. Oktober 2015 und die Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 2015 mit der Maßgabe zu ändern, dass ein ausgleichsfähiger Verlust in Höhe von 13.693,89 € festgestellt wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte sieht sich an die geltende Rechtslage gebunden. Verfassungsrechtliche Zweifel bestünden im Übrigen auch dann nicht, wenn es - wie im Streitfall - infolge der Liquidation der Gesellschaft nicht mehr zu einem Ausgleich der verrechenbaren Verluste komme.

...

 

Entscheidungsgründe

Der zulässigen Klage bleibt der Erfolg versagt.

I.

Der angegriffene Feststellungsbescheid gem. § 15b EStG ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ausgleichsfähige Verluste in der begehrten Höhe festzustellen.

1.) Gem. § 15b Abs. 1 EStG dürfen Verluste aus einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkun...

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