Revision eingelegt (BFH IV R 42/13)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuergesetz, Abgabenordnung: Beginn und Ende einer Mitunternehmerschaft bei einer Schiffsgesellschaft, die zur Tonnagebesteuerung optimiert hat

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft ist auch Mitunternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Mitunternehmer ist er nur dann, wenn er aufgrund seiner gesellschaftlichen oder einer wirtschaftlich vergleichbaren Stellung Mitunternehmerinitiative ausüben kann und Mitunternehmerrisiko trägt.

2. Eine vereinbarte zivilrechtliche Rückwirkung hat keine Auswirkung auf die steuerliche Beurteilung der Mitunternehmerstellung des Erwerbers, wenn es den Vertragsparteien gerade darum geht, dass durch die Rückwirkung eine Mitunternehmerstellung des Erwerbers erreicht wird.

3. Für die steuerliche Berücksichtigung schwebend unwirksamer Rechtsgeschäfte ist entscheidend, ob der Steuerpflichtige selbst die erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen abgegeben hat und ob beide Vertragsbeteiligten am wirtschaftlichen Ergebnis des Rechtsgeschäfts festhalten wollen. Die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages ist danach unbeachtlich, soweit lediglich die für den Eintritt der Wirksamkeit des Vertrages erforderliche Genehmigung eines Dritten aussteht und der Dritte vertraglich verpflichtet war, die Genehmigung zu erteilen.

4. Das wirtschaftliche Eigentum an einem Gesellschaftsanteil geht bereits dann auf den Erwerber über, wenn sich der Veräußerer durch den Kaufvertrag verpflichtet, alle sich aus der Beteiligung ergebenden Rechte auszuüben und alle Handlungen vorzunehmen, die im Hinblick auf Erhaltung und Wertsteigerung der Beteiligung aus Sicht des Käufers sinnvoll sind.

5. Die Eintragung in das Handelsregister ist nur dann Voraussetzung für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, wenn die Eintragung ins Handelsregister im Kaufvertrag als aufschiebende Bedingung für den Übergang des Anteils vereinbart worden ist.

6. Für die Ausübung der Mitunternehmerinitiative ist es ausreichend, dass der Veräußerer aufgrund der getroffenen Vereinbarungen im Innenverhältnis zum Erwerber bei der Stimmabgabe dessen Interessen wahrzunehmen hat.

7. Der Begriff des "Gesellschafters" in § 5a Abs. 4a Satz 2 EStG ist nicht anders zu verstehen als der "Mitunternehmer" i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

8. Grundsätzlich steht es dem Steuerpflichtigen frei zu entscheiden, ob er Gesellschaftsanteile an- und verkaufen oder vermitteln möchte. Es handelt sich hierbei um unterschiedliche Arten von Geschäften. Ein Missbrauch im Sinne von § 42 AO liegt deswegen nicht vor, wenn sich der Steuerpflichtige für den An- und Verkauf von Anteilen entscheidet, um die Steuervorteile des § 5a EStG (Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinnes) zu nutzen.

 

Normenkette

AO §§ 179-180; EStG §§ 5a, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; BGB § 184

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.06.2017; Aktenzeichen IV R 42/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht einen negativen Feststellungsbescheid erlassen hat, weil die Klägerin nicht Mitunternehmerin der Beigeladenen geworden ist, oder ob die Klägerin in die gesonderte und einheitliche Feststellung 2008 der Beigeladenen einzubeziehen ist.

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2007 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist der An- und Verkauf sowie die Vermittlung von Beteiligungen aller Art, insbesondere Schiffsbeteiligungen. Die Klägerin erwarb im Streitjahr 2008 Kommanditbeteiligungen an der Beigeladenen und veräußerte sie noch im selben Jahr weiter.

Die Beigeladene ist eine 1994 gegründete ... Gesellschaft, die am ... 1994 in das Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg ... (HRA ...) eingetragen wurde. 1998 betrieb sie ihr Schiff erstmalig. Laut Emissionsprospekt sollte dieses nach ca. 13 Jahren veräußert werden. Der Verkauf des Schiffes erfolgte im August 2012 und die Übergabe am 17. September 2012. Gem. § 20 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen trat diese damit in Liquidation. Die Auflösung der Beigeladenen wurde am ... 2013 in das Handelsregister eingetragen.

Der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen in der Fassung vom 8. November 2007 und 12. Januar 2008 enthält folgende Regelungen:

§ 3 Gesellschafter und Kapitaleinlagen

1.... Die Beteiligung der Kommanditisten erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung ihrer Eintragung in das Handelsregister. In der Zeit von ihrem Beitritt bis zu ihrer Eintragung als Kommanditisten in das Handelsregister sind sie als atypisch stille Gesellschafter mitunternehmerisch beteiligt. Die Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrages finden bereits für diesen Zeitraum entsprechende Anwendung.

§ 9 Gewinn- und Verlustrechnung

Der nach Abzug aller Kostenerstattungen und Vergütungen gemäß §§ 7 und 8 des Vertrages verbleibende Gewinn und Verlust wird auf alle Kommanditisten im Verhältnis ihrer gezeichneten Pflichteinlagen verteilt. ...

§ 16 Übertragung und Belastung von Kommanditanteilen

1. Die vollständige oder tei...

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