Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Kapitalertragsteuern nach § 27 Abs. 5 KStG 2002

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Zahlungen an die Gesellschafter aus der Auflösung einer Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB kann § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 a. F. nicht dahingehend ausgelegt werden, dass abweichend von der gesetzlichen Verwendungsreihenfolge ein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto möglich ist. Der Wortlaut der Regelung ist eindeutig.

2. Von einer Inanspruchnahme der Kapitalgesellschaft als Haftungsschuldnerin ist nicht deshalb abzusehen, weil dadurch möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt eine Doppelbesteuerung desselben Steuersubstrats ausgelöst werden kann.

 

Normenkette

KStG 2002 a.F. § 27 Abs. 1, 3; KStG 2002 a. F. § 27 Abs. 5; AO § 191 Abs. 1; HGB § 272 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin nach § 27 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 15.10.2002 (KStG 2002 a. F.).

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die vormals unter der Firma A Verwaltungsgesellschaft mbH auftrat. Gesellschafter sind B, C und seit 2004 D.

Im Dezember 2000 brachte die Gesellschafterin C ... Aktien der E AG in die Klägerin ein. Dieser Einbringungsvorgang wurde von der Finanzverwaltung als steuerbarer Vorgang gewertet. In Höhe der daraus resultierenden Zahlungsverpflichtung von 2.545.001,58 € wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 01.04.2005 eine disquotale Ausschüttung an C beschlossen. Gegen den Einkommensteuerbescheid für 2000 der C wurde Einspruch eingelegt. Für den Fall, dass der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid erfolgreich sein sollte, verpflichtete sich C bereits im Rahmen des Gesellschafterbeschlusses vom 01.04.2005, den ausgezahlten Betrag wieder in die Kapitalrücklage der Gesellschaft einzulegen. Im Einzelnen wurde beschlossen:

"1. Aus der Kapitalrücklage der Gesellschaft wird abweichend von der Satzung, die eine quotale Beteiligung vorsieht, ausschließlich an Frau C ein Betrag in Höhe von Euro 2.545.001,58 ausgezahlt (disquotale Ausschüttung aus der Kapitalrücklage).

2. Soweit der unter I. genannte Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid nicht erfolgreich ist und es dadurch nicht zu einer entsprechenden Einlage in die Gesellschaft durch Frau C in Höhe des zuvor aufgrund des Beschlusses nach Ziff. II.1 erhaltenen Betrages von Euro 2.545.001,58 kommt, wird zum Ausgleich etwaiger Vermögensnachteile der Gesellschafterin D bereits hiermit beschlossen, dass anteilig im Verhältnis zu der unter Ziff. II.1 beschlossenen disquotalen Ausschüttung an die Gesellschafterin C, eine dem derzeitigen Anteil der Gesellschafterin D am Stammkapital der Gesellschaft (in Höhe von 17 %) entsprechende disquotale Ausschüttung in Höhe von ... € erfolgt."

Mit Gesellschafterbeschluss vom 13.06.2005 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin eine "disquotale Rückzahlung aus der Kapitalrücklage" an D in Höhe von 24.222 €. Die Gesellschafterin D wurde zugleich verpflichtet, im Rahmen des "Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren" den ausgezahlten Betrag der Rücklage wieder zuzuführen. Hintergrund dieser Auszahlung war die Schenkung der Gesellschaftsanteile seitens der Großeltern an D in 2004. Zur Begleichung der darauf festgesetzten Schenkungsteuerschuld wurde der im Übrigen einkommenslosen Gesellschafterin D der entsprechende Betrag aus dem steuerlichen Einlagekonto gezahlt.

In 2006 erhielt die Gesellschafterin D weitere Gesellschaftsanteile geschenkt. Zur Begleichung der darauf festgesetzten Schenkungssteuer wurde in 2008 eine weitere disquotale Auszahlung in Höhe von ... € an D beschlossen.

In 2011 hatte der Rechtsbehelf der C gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 Erfolg, die Steuer wurde vom Finanzamt erstattet.

Durch Gesellschafterbeschluss vom 18.04.2012 wurde vereinbart, dass die erfolgten disquotalen Ausschüttungen angepasst und die Verhältnismäßigkeit der Entnahmen zur Beteiligungsquote künftig gewahrt werden sollten. Auf Grund dessen erfolgte eine Auszahlung an B. C hatte in Erfüllung ihrer bedingten Einlageverpflichtung aus dem Gesellschafterbeschluss vom 01.04.2005 nur mehr einen Betrag von 1.258.242,18 € an die Klägerin zurückzuzahlen.

Für die Zahlungen an C und D im Streitjahr 2005 stellte die Klägerin jeweils eine Steuerbescheinigung für die Gesellschafterinnen aus, wonach es sich dabei um steuerfreie Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto (§ 27 KStG 2002 a. F.) handele. Bei den beiden Gesellschafterinnen wurden dementsprechend die ausgeschütteten Beträge einkommensteuerlich nicht berücksichtigt.

Mit Bescheid vom 24.08.2009 stellte der Beklagte das steuerliche Einlagekonto unter Berücksichtigung der Ausschüttung zum 31.12.2005 auf ... € fest.

Mit Haftungsbescheid vom 09.12.2009 nahm der Beklagte die Klägerin als Haftungsschuldnerin gemäß § 27 Abs. 5 KStG 2002 a. F. in Anspruch. Die Klägerin treffe die Haftung als Ausstellerin unrichtiger Steuerbescheinigungen. Die von der Klägerin...

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