Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung von Verwahrungsgebühren nach der Zollkostenverordnung - Gebührenschuldner im Sinne von § 13 VwKostG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Verwahrung von drittländischen Briefsendungen, die nach den Regeln des Weltpostvertrags transportiert werden, entstehen bei einem Zollamt Verwahrungsgebühren nach der Zollkostenverordnung.

2. Gebührenschuldner gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG sind neben dem Postdienstleister, der für die Bundesrepublik Deutschland die Verpflichtungen aus dem Weltpostvertrag erfüllt, alle Absender sowie sämtliche Empfänger der Postsendungen, unabhängig davon, ob sie Selbstverzoller sind.

3. Empfänger von Postsendungen haben die Lagerung von drittländischen Postsendungen, die nicht in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden können, schon dadurch veranlasst im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, dass sie durch Vorhandensein einer postalischen Adresse am Postverkehr teilnehmen (entgegen BFH, Urt. V. 26.09.2012, VI R 65/11).

4. Bei Vorhandensein mehrerer Kostenschuldner muss Auswahlermessen gemäß § 13 Abs. 2 VwKostG ausgeübt werden.

 

Normenkette

ZollKostV § 7; VwKostG § 13; ZollVG § 5 Abs. 2; FGO § 102

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.02.2018; Aktenzeichen VII R 21/16)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Verwahrungsgebühren für nicht zustellbare Postsendungen.

Die Klägerin, eine Universalpostdienstleisterin, befördert u. a. im Inland Postsendungen aus Nicht-EU-Ländern, die bei drittländischen Postdienstleistern mit einer Empfängeradresse im Inland aufgegeben wurden. Sie übernimmt diese Postdienstleistungen im Inland in Erfüllung der Verbindlichkeiten, die sich für die Bundesrepublik Deutschland aus den Verträgen zum Weltpostverein ergeben, und die durch Gesetz auf sie - die Klägerin - übertragen wurden. Neben der Klägerin gibt es keine anderen Postdienstleister, die für die Bundesrepublik Deutschland diese völkerrechtlichen Pflichten erfüllen. Da die Klägerin vertragliche Beziehungen weder zu den Absendern noch zu den Empfängern der Sendungen unterhält, kann sie für den inländischen Transport von keiner dieser Personengruppen Entgelte verlangen. Sie erhält lediglich die pauschalierten Ausgleichszahlungen, die im Rahmen des Weltpostvertrages an die Postverwaltungen der Vertragsparteien ausgezahlt werden.

Nachdem die Sendungen aus Drittländern im Zollgebiet bei den Auswechslungsstellen der Klägerin eingegangen sind, werden sie von ihr vorsortiert. Die Postsendungen, bei denen dies möglich ist, werden bei der Zollpoststelle, die bei der Auswechslungsstelle angesiedelt ist, gestellt, in den freien Verkehr überführt und - ebenso wie die gestellungsbefreiten Sendungen - den Empfängern zugestellt. Die Sendungen, die nicht zum freien Verkehr abgefertigt werden können, weil sie an Personen adressiert sind, die der gesetzlichen Vertretungsmacht der Klägerin nach § 5 Abs. 2 ZollVG widersprochen haben (Selbstverzoller), weil außen nicht die erforderlichen Informationen angebracht sind oder weil Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen im Raum stehen, werden in der Regel nicht bei der Zollpoststelle gestellt, sondern die Klägerin transportiert sie im Versandverfahren zum örtlich für den Adressaten zuständigen Zollamt, wo sie gestellt werden und damit das Versandverfahren beendet wird. Welche Sendungen für Selbstverzoller bestimmt sind, ist weder auf den Postübergabebögen, die die Sendungen im Versandverfahren begleiten, noch sonst für die Zollverwaltung ersichtlich.

Die Empfänger der Postsendungen, die nicht zum freien Verkehr abgefertigt werden konnten, informiert die Klägerin mit einem Standardschreiben über den Eingang der Postsendung bei dem für sie örtlich zuständigen Zollamt. Hierin wird darauf hingewiesen, dass nach sieben Tagen der Lagerung das Zollamt Verwahrungsgebühren erhebt (Anlage K 6 im Verfahren 4 K 103/10) bzw. Verwahrungsgebühren erst ab 5,-- € erhoben werden (Anlage 4 zum Schriftsatz der Klägerin vom 15.12.2015).

Die Sendungen, die nicht in den freien Verkehr überführt werden können, lagern in der Regel 14 Tage in dem für den Empfänger örtlich zuständigen Zollamt. Werden sie nicht innerhalb dieser Frist abgeholt, nimmt sie die Klägerin aus der Zollverwahrung zurück und übermittelt sie an den Absender [Berichtigungsbeschluss vom 18.07.2016: statt "den Absender" muss es heißen "den Postdienstleister, von dem sie die jeweilige Sendung übernommen hat].

Für die Zollverwahrung von Sendungen im Postverkehr sah die bis zum 30.09.2009 gültige Zollkostenverordnung (ZKostV a. F.) vom 26.06.1970 (BGBl. I 1970, 848), zuletzt geändert durch die Sechste Verordnung zur Änderung der Zollkostenverordnung (BGBl. I 2005, 175) eine Gebührenerhebung nur für Pakete vor, und zwar in Höhe von 0,50 € pro Tag (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 ZKostV a. F.). Die Gebühr wurde erst ab dem achten Lagertag erhoben (§ 10 Abs. 2 Nr. 4 ZKostV a. F.). Nach einer Dienstanweisung der Bundesfinanzverwaltung wurden von der Klägerin bzw. der A Lagergebühren auch nach Ablauf dieser Frist nich...

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