Revision eingelegt (BFH XI R 12/17)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerliche Behandlung von Zahlungskarten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Überlassung einer Zahlungskarte gegen den Einbehalt eines als Pfand bezeichneten Betrags ist eine Lieferung, wenn der Karteninhaber nach Übergabe frei über die Karte verfügen kann.

2. Die Überlassung der Zahlungskarte ist keine Nebenleistung zu dem (nicht steuerbaren) Tausch von Zahlungsmitteln, denn ihr kommt als Transportmittel und notwendiger Schlüssel für die elektronische Zahlung ein eigenständiger Wert zu.

3. Es liegt kein Umsatz im Zahlungsverkehr vor, denn die Bereitstellung der Zahlungskarte führt noch nicht zu einer Übertragung von Geldern des Karteninhabers an einen Zahlungsempfänger. Die Leistung des Unternehmers gegenüber dem Kartenerwerber beschränkt sich darauf, dass mit der Karte die technischen Voraussetzungen für die bargeldlose Zahlung vermittelt werden.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1; MwStSystRL Art. 135 Abs. 1 Buchst. d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.01.2022; Aktenzeichen XI R 19/19 (XI R 12/17))

BFH (Urteil vom 26.01.2022; Aktenzeichen XI R 19/19)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein sogenanntes Kartenpfand für den Erwerb einer elektronischen Zahlungskarte eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) darstellt.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand die Entwicklung und der Vertrieb von bargeldlosen Zahlungsmöglichkeiten im Soft- und Hardwarebereich ist. .... Die Klägerin ist Organträgerin der ... GmbH (im Folgenden A), die in den Streitjahren 2008 bis 2013 den Besuchern von Fußballstadien elektronische Zahlungskarten (im Folgenden E-Karten) zur bargeldlosen Bezahlung von Speisen und Getränken in Stadien überließ.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der A für die Nutzung der E-Karte treffen im Einzelnen folgende Regelung:

"§ 1 Vertragsbeziehungen

(1) Mit dem Bezug der E-Karte kommt ein Vertrag zwischen dem Kartenaussteller und dem Karteninhaber über die Nutzung der E-Karte als Zahlungssystem gemäß den nachfolgenden Bedingungen zustande.

....

§ 3 Erwerb

(1) ...

(2) Der Karteninhaber erwirbt kein Eigentum an der E-Karte. Die E-Karte berechtigt lediglich zur Verfügung über das Kartenguthaben.

(3) Die E-Karte wird grundsätzlich gegen ein Pfand zur Nutzung überlassen. Der Kartenaussteller kann bei der Ausgabe von bestimmten Karteneditionen (z.B. Dauerkarten mit Bezahlfunktion) auf die Erhebung eines Pfandes verzichten. Eine Erstattung des Pfandes ist ausgeschlossen bei einem Verlust der E-Karte, bei einer Beschädigung der Karte oder nach Ablauf der Rücktauschfrist des § 6 (3).

(4) Die E-Karte hat grundsätzlich einen Mindestausgabewert von 10 € Verzehrguthaben sowie ggf. Pfand). Eine Änderung des Mindestausgabewertes ist möglich.

§ 5 Gültigkeitsdauer

Die E-Karte kann ab Erwerb ein Jahr und einen Tag für die Bezahlung bei den angeschlossenen Akzeptanzstellen verwendet werden.

§ 6 Rücktausch

....

(3) Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer kann der Karteninhaber den Rücktausch eines etwaigen Kartenguthabens innerhalb von 2 Jahren verlangen. Der Anspruch auf Rücktausch eines etwaigen Kartenguthabens verjährt nach 2 Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf der Gültigkeitsdauer des § 5.

...

(5) Ein Rücktausch erfolgt gegen Rückgabe der E-Karte. Im Falle einer Beschädigung des Speichers bzw. der aufgebrachten eindeutigen Karten-ID der E-Karte durch unsachgemäßen Gebrauch (z.B. Lochen der Karte, Kartenbruch) ist ein Rücktausch ausgeschlossen, außer der Karteninhaber weist ein noch bestehendes Kartenguthaben nach. Die Erstattung des Kartenpfands ist in diesem Fall jedoch ausgeschlossen.

Nach dem Preis- und Leistungsverzeichnis der A beträgt das Kartenpfand 2 €.

Die A erhielt bzw. erhält aufgrund von Vereinbarungen mit den Stadionbetreibern bzw. Catering-Unternehmen Provisionen, die bemessen werden nach den mit der Zahlungskarte bezahlten Umsätzen oder an festen Größen wie Zuschauerzahlen. Dafür bietet sie einen umfassenden Service für den Kartenzahlungsverkehr an, in dem sie den Caterern Kartenlesegeräte zur Verfügung stellt und im Stadion mit eigenem Personal den Vertrieb, die Aufladung und die Rückgabemöglichkeit der Zahlungskarten organisiert. Die Einnahmen aus dem Kartenpfand einer Veranstaltung erfasst die A jeweils in einem Saldo, d. h. das am Ende der Veranstaltung erstattete Kartenpfand wird nicht gesondert erfasst, sondern mit den Einnahmen verrechnet. Die Erlöse aus dem Kartenpfand wurden in der Buchführung zu 80 % als Erlöse und zu 20 % als Verbindlichkeiten erfasst. Die so erfassten Verbindlichkeiten werden im Folgejahr bilanziell erneut bewertet, 10 % werden in "Erlöse Pfand" umgebucht, die restlichen 10 % werden in die Rückstellungen eingestellt. Nach weiteren zwei Jahren werden auch die restlichen 10 % aus den Rückstellungen als Erlöse erfasst.

Die Einnahmen aus dem Kartenpfand behandelte die Klägerin in den Streitjahren als umsatzsteuerfrei. Die Provisionseinnahmen wurde...

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