Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine verfassungsrechtlichen Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge nach § 238 AO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die gegen die Höhe der Zinsen gem. § 238 AO erhobenen verfassungsrechtlichen Zweifel lassen sich nicht auf Säumniszuschläge übertragen.

2. Den vorwiegend als Druckmittel konzipierten Säumniszuschlägen lässt sich ein fester typisierter Zinssatz nicht verlässlich entnehmen.

 

Normenkette

AO §§ 240, 238; GG Art. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.11.2022; Aktenzeichen VII R 55/20)

 

Tatbestand

Streitig ist die Feststellung von zur Tabelle angemeldeten Säumniszuschlägen.

Der Kläger wurde am ... 2016 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen von A bestellt.

Unter dem 2. Juni 2016 meldete der Beklagte Abgabenforderungen (vornehmlich Lohnsteuer IV. Quartal 2015 und I. Quartal 2016, Einkommensteuer I. Quartal 2016, Umsatzsteuer 2012 bis 2014 sowie I. bis IV. Quartal 2015) zunächst in Höhe von 30.278,96 € gem. § 174 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) zur Tabelle an, darin enthalten waren Säumniszuschläge in Höhe von 1.152,50 € für den Zeitraum März 2015 bis April 2016. Als Anlagen beigefügt waren eine Forderungsaufstellung, Lohnsteuer-Überwachungsbögen für 2015 und 2016, der Einkommensteuerbescheid 2012 mit Festsetzung der Vorauszahlung I. Quartal 2016, Umsatzsteuerbescheide 2012 bis 2014 sowie der Umsatzsteuer-Überwachungsbogen 2015.

Am 16. Juni 2016 wurde die Forderungsanmeldung um 2.061,42 € gemindert aufgrund der Aufrechnung des Guthabens aus der Einkommensteuerfestsetzung 2015 mit Lohnsteuer für das IV. Quartal 2015 und das I. Quartal 2016. Dieser Minderung war eine überarbeitete Forderungsaufstellung über 28.217,54 € und die Berechnung der Einkommensteuer für 2015 zur Begründung beigefügt. Eine zweite Forderungsanmeldung über 1.237,50 € erfolgte mit Schreiben vom 21. Juni 2016. Gegenstand dieser Anmeldung war die Umsatzsteuerabschlusszahlung für 2015 unter Berücksichtigung der bereits zur Tabelle angemeldeten Beträge für das I. bis IV. Quartal Umsatzsteuer 2015, deren Berechnung als Anlage beigefügt war.

Nachdem die Einkommensteuervorauszahlung für das I. Quartal 2016 auf 0,- € herabgesetzt worden war, minderte der Beklagte seine Forderungsanmeldung nochmals am 17. Juli 2017 um 873,54 € auf 27.344,00 € und am 7. September 2017 auf 26.767,50 €. Zusammen mit der Nachmeldung von 1.237,50 € waren am 16. Oktober 2017 Forderungen von 28.005,00 € zur Tabelle angemeldet.

Im Prüfungstermin vom 22. Juli 2016 hatte der Kläger zunächst die Forderungen bestritten, weil nicht zu erkennen sei, welche Tilgungen durch wen bzw. wann erfolgt seien. Es sei auch nicht erkennbar, ob die Tilgung durch Zahlungen des Schuldners oder Dritter bzw. durch Verrechnungen oder sonstige Vorgänge herbeigeführt worden seien. Insoweit wurde um die Übersendung eines Kontoauszuges für das Steuerkonto gebeten; letzteres lehnte der Beklagte ab. Ferner bat der Kläger um Überprüfung, inwieweit angesichts der offensichtlichen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners Säumniszuschläge zu verhängen oder jedenfalls im Insolvenzverfahren nicht mehr geltend zu machen seien. Vorsorglich beantragte der Kläger den Erlass der Säumniszuschläge, sofern ein derartiger Antrag erforderlich sei.

Nachdem der Beklagte seine Forderungen und deren Reduzierungen nochmals mit Schreiben vom 7. September 2017 (Anl. K 7) erläutert und die Säumniszuschläge um die Hälfte erlassen hatte, stellte er mit Feststellungsbescheid gem. § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO)vom 13. November 2017 Insolvenzforderungen in Höhe von 28.005,00 € fest. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 2017 hat der Kläger am 22. Januar 2018 Klage erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Säumniszuschläge in voller Höhe zu erlassen seien. Anders als unter Geltung der Konkursordnung bestehe die von der Rechtsprechung anerkannte Erlassmöglichkeit schon dann, wenn nach der Insolvenzordnung Zahlungsunfähigkeit nur drohe. Im Übrigen sei auch der Rechtsgedanke von § 156 Abs. 2 AO heranzuziehen. Wenn die Festsetzung einer Steuer und steuerlicher Nebenleistungen unterbleiben könne, wenn die Erhebung keinen Erfolg haben werde, müsse dies auch für Säumniszuschläge gelten, und zwar bereits wegen voraussichtlicher Erfolglosigkeit bei drohender Zahlungsunfähigkeit.

Im Übrigen dienten Säumniszuschläge ausschließlich einem Erzwingungszweck, sie könnten folglich nicht zu einem Teil unbillig und zum anderen billig sein. Säumniszuschläge seien insoweit kein Zinsersatz. Wenn sie jedoch als Druckmittel erfolglos blieben und dann als Zinsersatz fungierten, müsste auch die Frage nach der angemessenen Zinshöhe gestellt werden.

Den Einwand, dass der Beklagte nicht hinreichend dargetan habe, in welcher Form Tilgungen, sei es durch Erstattungen des Beklagten oder Verrechnungen, erfolgt seien, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung fallen gelassen.

Der Kläger beantragt,

den Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO vom 13. November 2017 und die Einspruch...

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