rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Doppelnatur des Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheides und fehlendes oder unleserliches Versendedatum eines Bescheides bei Nichtbeachtung der Fristen

 

Leitsatz (amtlich)

Die schriftliche, mit Rechtsbehelfsbelehrung versehene Mitteilung der Familienkasse an den Kindergeldberechtigten über die (teilweise) Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und über den vom Bescheidadressaten zu erstattenden Rückzahlungsbetrag beinhaltet zwei getrennt zu behandelnde Verwaltungsakte. Zum einen den im Festsetzungsverfahren ergehenden Bescheid über das Bestehen oder Nichtbestehen des Kindergeldanspruchs. Zum anderen den im Erhebungsverfahren ergehenden Bescheid, mit dem der Erstattungsverpflichtete auf Rückzahlung in Anspruch genommen wird.

Ein unleserliches oder fehlendes Bescheiddatum hindert den Beginn der Einspruchsfrist im Sinne des § 355 AO ab Bekanntgabe gemäß § 122 AO grundsätzlich nicht.

Unleserlichkeit oder Fehlen eines Datums auf einem Kindergeld-/Steuerbescheid führt bei im Übrigen ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung (Einspruchsmöglichkeit, Name und Sitz der Einspruchsbehörde und abstrakte Belehrung über die einzuhaltende Frist) nicht zur Zulässigkeit des Einspruchs bis zum Ablauf der Jahresfrist des § 356 Abs. 2 AO.

Keine Anwendung des § 75 EStG als lex specialis zu § 226 AO bei Aufrechnung gegen Kindergeldnachzahlungen.

Ein bewusstes Abwarten bis zur Ankündigung der Vollstrekkung steht einer Wiedereinsetzung nach § 110 AO wegen Versäumung der Einspruchsfrist hinsichtlich des der Forderung zugrunde liegenden Bescheides regelmäßig entgegen.

 

Normenkette

AO §§ 122, 355, 110, 226; EStG § 75

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines geänderten Festsetzungs- und Rückforderungsbescheides betreffend das Kindergeld für die Monate Oktober 2001 bis August 2003 für das Kind A des Klägers (-Kl-).

Der Kl. bezog für das Kind A und sein weiteres Kind B bis zum Ende von deren Schulzeit im Juli 2001 laufend Kindergeld. Für das Kind B wurde nach Vorlage der Bescheinigung einer PR-Agentur entsprechend einer darin bescheinigten Praktikumsdauer von August bis Dezember 2001 befristet Kindergeld festgesetzt und gezahlt.

Betreffend das für den Streitfall relevante Kind A legte der Kl. zunächst eine kurze schriftliche Ausbildungsbestätigung vom 05.09.2001 und nachfolgend den Ausbildungsvertrag vom 01.08.2001 über eine Ausbildung A"s zur Werbekauffrau in der Zeit von 01.08.2001 bis 31.07.2003 nebst einer Ausbildungsbescheinigung des Arbeitgebers zur Vorlage bei der Familienkasse vom 20.09.2001 vor, nach welcher die Ausbildung vom 01.09.2001 bis voraussichtlich zum 31.08.2003 dauern sollte. Der Bekl. setzte daraufhin Kindergeld für A laufend ab August 2001 fest. Intern wurde die Zahlung kassenmäßig im Hinblick auf das voraussichtliche Ende der Ausbildungszeit zunächst bis einschließlich August 2003 befristet (vgl. Bl 102 KG-A). Das Kindergeld für A wurde entsprechend der Festsetzung laufend an den Kl. ausgezahlt.

Mit einem aufgrund der Befristung im automatisierten Verfahren zentral von der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg erstellten und versendeten Bescheid vom 20.08.2003 wurde die Kindergeldfestsetzung wegen des Endes der Berufsausbildung mit Ablauf des Monats August 2003 aufgehoben. Gleichzeitig wurde der Kl. zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der bis dahin erfolgten Kindergeldzahlungen gebeten, eine dem Bescheid als Vordruck beigefügte Bescheinigung vom Ausbildungsbetrieb - u.a. über das Ende der Ausbildung und die bezogene Ausbildungsvergütung - vollständig ausgefüllt wieder einzureichen.

Als eine Reaktion des Kl. hierauf nicht erfolgte, erinnerte die Bekl. ihn mit Schreiben vom 03.11.2003 (Bl. 103 KG-A) an die Erledigung insbesondere im Hinblick auf einen Nachweis über die Fortdauer bzw. das Ende der Ausbildung. Um Einreichung der Unterlagen binnen zwei Wochen wurde gebeten. Der Bekl. wies ergänzend darauf hin, dass im Fall einer ausbleibenden Antwort des Kl. die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind A mit Ablauf des Monats September 2001 (Monat der Ausstellung der Ausbildungsbescheinigung durch den Ausbildungsbetrieb) aufgehoben werden müsse und das über den genannten Monat hinaus gezahlte Kindergeld von dem Kl. zurückzuzahlen sei. Auch hierauf reagierte der Kl. nicht.

Mit Schreiben vom 19.01.2004 (Bl 104 f KG-A) gab die Bekl. dem Kl. nochmals gemäß § 91 Abgabenordnung (-AO-) Gelegenheit zur Stellungnahme. Er wurde darauf hingewiesen, dass er Kindergeld für das Kind A für den Zeitraum Oktober 2001 bis August 2003 erhalten habe, obwohl darauf möglicherweise kein Anspruch bestanden habe. Er habe trotz Aufforderung keinen Nachweis über das Ende der Berufsausbildung vorgelegt; der Anspruch sei für den Zeitraum somit nicht mehr nachgewiesen. Auf die mögliche Aufhebung der Festsetzung ab Oktober 2001 und die daraus resultierende Erstattungsverpflichtung in Höhe von EUR 3.494,15 wurde der Kl. erneut hingewiesen. Die Bekl. bat um Äußerung binnen drei Wochen, nach dere...

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