rechtskräftig

 

Leitsatz (redaktionell)

Zu den Voraussetzungen eines Pflegekindverhältnisses

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und seine Ehefrau nahmen am 21.8.1997 das Kind A, geboren am …1982, als Pflegekind in ihren Haushalt auf. Am 21.9.1997 verließ A den Haushalt, nachdem sich Unstimmigkeiten im Verhältnis zu den Pflegeeltern ergeben hatten. Das zuständige Jugendamt hat bescheinigt, dass sich das Kind beim Kläger und dessen Ehefrau in Pflege befunden hat.

Den Antrag auf Kindergeld vom 26. 9.1997 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 22.12.1997 mit der Begründung ab, dass sich das Kind nur für kurze Zeit im Haushalt des Klägers aufgehalten habe. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung wurde am 26.1.1998 zur Post gegeben.

Mit der am 18.2.1998 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Versagung des Kindergeldes. Er ist der Auffassung, dass ihm das Kindergeld für die Dauer der Pflegschaft und der Aufnahme in seinen Haushalt zustehe und beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 22.12.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.1.1998 mit der Maßgabe abzuändern, dass für das A Kindergeld für August und September 1997 gewährt wird.

Die Beklagte beantragt,

Klagabweisung.

Sie ist der Auffassung, dass die Aufnahme des Kindes in den Haushalt des Klägers nur für kurze Zeit angelegt war, so dass nicht vom Bestehen eines familienähnlichen Bandes ausgegangen werden könne.

Für das weitere Vorbringen des Klägers wird ergänzend auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 19.5.1999 Bezug genommen.

Die Kindergeldakten … haben vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Der Vorsitzende entscheidet gemäß § 79 a Abs. 2 FGO i.V.m. § 90 a FGO durch Gerichtsbescheid.

Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger steht für die Dauer der Haushaltsaufnahme des Kindes A das Kindergeld zu.

Für die Gewährung von Kindergeld werden gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetztes (EStG) Kinder i.S.d. § 32 Abs. 1 EstG, also auch Pflegekinder berücksichtigt. Das sind nach der Legaldefinition des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht und der Steuerpflichtige sie mindestens zu einem nicht unwesentlichen Teil auf seine Kosten unterhält.

Diese Merkmale sind zwischen dem Pfleger (sowie seiner Ehefrau) und dem Kind A in dem hier fraglichen Zeitraum erfüllt. Das Kind wurde im August 1997 in den Haushalt des Klägers aufgenommen und von diesem Zeitpunkt ab vom Kläger und seiner Ehefrau versorgt und erzogen. Es hat im Haushalt des Klägers und seiner Ehefrau ein Zuhause gefunden, was insbesondere daraus hervorgeht, dass der Kläger ein eigenes Zimmer für A eingerichtet und vorgehalten hat und ihm vom Jugendamt die Pflegschaft angetragen und das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen worden ist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob dem Kläger zu dieser Zeit bereits das uneingeschränkte Sorgerecht für das Kind zustand. Für die Begründung eines Pflegekindverhältnisses kommt es hierauf nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 20.1.1995 III R 14/94, BStBl II 1995, 582).

Es kann auch davon ausgegangen werden, dass die Aufnahme auf längere Dauer angelegt war. In diesem Sinne ist der sprachlich mißglückte Wortlaut des Gesetzes (auf längere Dauer berechnetes Band) zu verstehen (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach Familienleistungsausgleich § 32 Tz. 46). Auf Dauer angelegt ist die Beziehung, wenn beabsichtigt ist, das Kind wie ein eigenes auf längere Zeit in die Familienbeziehung aufzunehmen. Hierfür kommt es, wie die Rechtsprechung bereits entschieden hat, auf die Absicht des Kindergeldberechtigten an (vgl. FG Münster, Urteil vom 30.7.1998 3 K 7530/97 Kg veröffentlicht in Juris). Um ein familienähnliches Band zu begründen ist es dagegen nicht erforderlich, dass das Pflegekindschaftsverhältnis auf ein Fortbestehen bis zur Volljährigkeit des Kindes angelegt ist. Es muß lediglich bei der Aufnahme des Kindes beabsichtigt sein, es auf längere Zeit aufzunehmen, und zwar auf einen Zeitraum, der die Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses erlaubt, was von den Umständen des Einzelfalles abhängt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 7.9.1995 III R 95/93, BStBl II 1996, 63). Anders verhält es sich, wenn die Aufnahme lediglich als vorübergehende Überbrückung beispielsweise bis zum Eintritt der Volljährigkeit (vgl. hierzu FG Düsseldorf, Urteil vom 27.02.1998 18-K-1354/97, EFG 1998,953) oder bis zur erwarteten anderweitigen Unterbringung gedacht ist.

Nach den Umständen des Streitfalls kann davon ausgegangen werden, dass die Aufnahme des Kindes A in den Haushalt des Klägers auf Dauer angelegt war. Hierfür spricht nicht nur die glaubhaft bekundete Absicht des Klägers. Nach dem vom Kläger im Erörterungstermin überreichten Protokoll über die Erziehungskonferenz vom 22.0.8.1997 gingen die Eltern, die Pflegeeltern und die zuständige B...

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