Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozessrecht: Sprungklage bei Versäumung der Einspruchsfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Sprungklage ist nicht an die beklagte Behörde zur Behandlung als Einspruch abzugeben, wenn die dafür erforderliche Monatsfrist nach dem Ablehnungsbescheid nicht eingehalten worden ist.

 

Normenkette

FGO § 45 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide.

Der Beklagte erließ Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für die Monate Februar bis Dezember 2003 (zuletzt geändert am 14.5.2004) und hinsichtlich des Jahres 2004 für das I. Kalendervierteljahr (am 13.5.2004) und für II. Kalendervierteljahr 2004 (am 10.8.2004). Gegen den letztgenannten Bescheid ist am 18.8.2004 ein Einspruch eingelegt worden.

Mit Schreiben vom 26.7.2004, bei Gericht eingegangen am 27.7.2004, erhob die Klägerin Klage, in der sie sich ausdrücklich gegen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für den Zeitraum zwischen Februar 2003 und Juli 2004 wendet. Der im selben Schriftsatz gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist mit Beschuss des Gerichts vom 11.11.2004 zurückgewiesen worden (Az.: VII 197/04).

Die Klägerin rügt, dass der Beklagte keine Vorsteuern anerkannt und Umsätze willkürlich geschätzt habe.

Die Klägerin beantragt, die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für den Zeitraum zwischen Februar 2003 und Juli 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten für den Zeitraum zwischen Februar 2003 und Dezember 2003 Bescheide entsprechend ihren Erklärungen zu erlassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er meint, die Klage sei unzulässig, weil ein Einspruchsverfahren nicht durchgeführt worden sei und die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer unmittelbaren Klagerhebung nicht vorlägen. Einspruch sei lediglich gegen den Vorauszahlungsbescheid II. Kalendervierteljahr 2004 eingelegt worden. Die Aktivlegitimation der den Einspruch erhebenden Person sei nicht erkennbar. Die Aufforderung zum Nachweis sei unbeantwortet geblieben. Im Übrigen nimmt der Beklagte Bezug auf seine Ausführungen im Verfahren wegen einstweiligen Rechtsschutzes. Dort hatte er in der Sache vorgetragen, dass die angemeldeten Guthaben nicht zur Erstattung angewiesen, sondern eine Umsatzsteuersonderprüfung vorgesehen worden sei, weil Umsätze im Bereich der Finanzdienstleistungen in der Regel gemäß § 4 Nr. 8 UStG steuerfrei seien. Unternehmensgegenstand der Klägerin sei ihrer eigenen Auskunft gemäß die Vermittlung von Finanzanlagen.

Dem Gericht lagen vor die Umsatzsteuernebenakte und die Akte "Allgemeines", die der Beklagte für die Klägerin führt, jeweils zur oben angegebenen Steuernummer und die Akten des o.g. Verfahrens über einstweiligen Rechtsschutz.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

Hinsichtlich der Bescheide bis einschließlich I. Kalendervierteljahr 2004, gegen die kein Einspruch gegenüber dem Beklagten eingelegt wurde, ist die Klage gemäß § 44 Abs. 1 FGO unzulässig wegen des Fehlens eines außergerichtlichen Vorverfahrens. Das Vorverfahren ist auch nicht ausnahmsweise gemäß §§ 45f FGO entbehrlich, denn es liegt keine Zustimmung des Beklagten zu einer Sprungklage vor (§ 45 Abs. 1 FGO).

Eine Abgabe der Sprungklage an den Beklagten zur Behandlung als Einspruch gemäß § 45 Abs. 3 FGO entfällt, wenn feststeht, dass auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen des außergerichtlichen Rechtsbehelfs - hier wegen Versäumung der Monatsfrist nach Erlass der angegriffenen Bescheide - nicht erfüllt wären (FG Hamburg, Urteile vom 2.11.1994 - V 259/93, EFG 1995, 464, rechtskräftig; vom 15.12.1995 - II 81/94, EFG 1996, 498, rechtskräftig durch Beschlüsse des BFH vom 27.9.1996 - I B 22/96, BFH/NV 1997, 311 und BVerfG vom 7.3.1997 - 2 BvR 163/97, Steuer-Eildienst 1997, 236; vom 4.6.2002 - III 16/02, EFG 2002, 1394).

Hinsichtlich des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids für das II. Vierteljahr 2004 ist die Klage unzulässig, weil dieser Bescheid erst am 10.8.2004 und damit nach Erhebung der Klage am 26.7.2004 ergangen ist. Ebenso wie vor Erlass des Bescheids nicht wirksam Einspruch gegen ihn eingelegt werden kann (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, AO § 355, Rdnr. 8 m.w.N.), kann auch eine Klage nicht vor Erlass des angefochtenen Bescheides erhoben werden. Aus demselben Grund kommt auch eine Abgabe der Klage zur Behandlung als Einspruch (§ 45 Abs. 3 FGO) nicht in Frage.

Hinsichtlich Umsatzsteuer für den Monat Juli 2004 ist schließlich nicht ersichtlich und wird auch von der Klägerin nicht behauptet, dass überhaupt ein Vorauszahlungsbescheid erlassen worden ist, der mit einer Klage angefochten werden könnte.

Die Klägerin hat gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1329343

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge