Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung von Zinsen auf zu Unrecht gewährte Ausfuhrerstattungen

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist zweifelhaft, ob der Zinsanspruch, wird eine zu Unrecht gewährte Ausfuhrerstattung zurückgefordert, ebenfalls der vierjährigen Verjährungsfrist des Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO (EG) Nr. 2988/95 unterliegt (Abweichung von BFH, Urteil vom 17.03.2009, VII R 3/08).

Bei der Prüfung der Frage, ob das nationale Recht eine längere Verjährungsfrist als die in Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO (EG) Nr. 2988/95 vorgesehene Frist vorsieht (Art. 3 Abs. 3 VO (EG) Nr. 2988/95), ist auch der jeweilige Beginn der Verjährungsfrist einzubeziehen. Das führt dazu, dass § 197 BGB a.F. die gemeinschaftsrechtliche Verjährungsvorschrift des Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO (EG) Nr. 2988/95 verdrängt (Abweichung von BFH, Urteil vom 17.03.2009, VII R 3/08).

 

Normenkette

EGV 2988/95 Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, 3; BGB a.F. §§ 197-198, 201

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2012; Aktenzeichen VII R 61/10)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Zinsbescheides.

Die Klägerin führte im Jahre 1991 mit mehreren Ausfuhrsendungen lebende Rinder unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung nach Saudi-Arabien aus. Mit Rückforderungsbescheid vom 11.02.1998 forderte das beklagte Hauptzollamt die gewährten Erstattungen zurück; der Rückforderungsbescheid vom 11.02.1998 ist zwischenzeitlich bestandskräftig, nachdem das Finanzgericht Hamburg auf die von der Klägerin erhobene Klage mit Urteil vom 24.03.2004 (IV 120/03) den Rückforderungsbetrag auf € 19.746,36 reduziert hatte.

Mit Zinsbescheid vom 18.12.2002 setzte das beklagte Hauptzollamt auf den zurückgeforderten Betrag gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) Zinsen zunächst in Höhe von € 836.941,85 fest, die jedoch nach Ergehen des Urteils des Finanzgerichts Hamburg vom 24.03.2004 mit Änderungsbescheid vom 07.07.2004 auf einen Betrag von € 11.695,61 reduziert wurden.

Die Klägerin hat nach erfolglosem Einspruchsverfahren am 28.09.2004 Klage erhoben, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, dass die vom beklagten Hauptzollamt geltend gemachte Zinsforderung verjährt sei.

Die Klägerin beantragt,

den Zinsbescheid vom 18.12.2002 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.07.2004 sowie die Einspruchsentscheidung vom 03.09.2004 aufzuheben.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet gemäß § 90 a Abs. 1 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.

Die zulässige Anfechtungsklage führt zum Erfolg. Der angefochtene Zinsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Zinsbescheid ist die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG (in der Fassung vom 27.08.1986). Danach sind Ansprüche auf Erstattung besonderer Vergünstigungen - zu denen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 MOG Ausfuhrerstattungen gehören - vom Zeitpunkt des Empfangs an mit 3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall erfüllt: Die Klägerin ist Schuldnerin der streitgegenständlichen Zinsforderung. Das folgt aus dem zwischenzeitlich bestandskräftigen Rückforderungsbescheid des beklagten Hauptzollamtes vom 11.02.1998, der an die Klägerin gerichtet war. Dass die mit dem Zinsbescheid vom 18.12.2002 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.07.2004 festgesetzten Zinsen unzutreffend berechnet worden sind, macht die Klägerin nicht geltend. Sie wendet lediglich ein, dass die vom beklagten Hauptzollamt geltend gemachte Zinsforderung verjährt sei. Im Hinblick auf diesen Einwand merkt der erkennende Senat im Einzelnen Folgendes an:

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Bestimmung des Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18.12.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. Nr. L 312/1, im Folgenden: VO Nr. 2988/95), der für die Verfolgung von Unregelmäßigkeiten eine Verjährungsfrist von vier Jahren ab ihrer Begehung festsetzt, auf verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie die Rückforderung einer Ausfuhrerstattung anwendbar, die der Ausführer infolge von Unregelmäßigkeiten zu Unrecht erlangt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 29.01.2009, C-278/07, Rz. 23, Leitsatz 1). Wie sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Senats vom 24.03.2004 (IV 120/03) ergibt, sind die der Klägerin gewährten Ausfuhrerstattungen deshalb teilweise zurückgefordert worden, weil die Klägerin insoweit inhaltlich unzutreffende Sekundärnachweise vorgelegt und damit den Nachweis nicht erbracht hatte, dass die Rinder in Saudi-Arabien zum freien Verkehr abgefertigt worden waren. Die Vorlage inhaltlich unzutreffender Sekundärnachweise stellt eine Unregelmäßigkeit im Sinne des Art. 1 Abs. 2 VO Nr. ...

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