Entscheidungsstichwort (Thema)

Finanzgerichtsordnung, Körperschaftsteuergesetz (FGO, KStG): Aussetzung der Vollziehung wegen verfassungsrechtlicher Zweifel an § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG

 

Leitsatz (amtlich)

Mit Rücksicht auf die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht, ob § 8c Satz 2 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (jetzt § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG) verfassungswidrig ist (Beschluss des Senats vom 29. 8. 2017 (2 K 245/17), ist wegen jener Verfassungsfrage Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Insoweit ist dem Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtschutzes der Vorrang vor dem öffentlichen, vornehmlich haushalterischen Interesse einzuräumen. Im Rahmen der für die Aussetzungsentscheidung maßgeblichen summarischen Prüfung ist eher zu erwarten, dass § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG nicht nur für die Zukunft, sondern auch rückwirkend für nichtig erklärt wird.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3 S. 1; KStG § 8c Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

I.

Streitig ist der Untergang verrechenbarer Verluste aufgrund der Anwendung von § 8c Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).

Die Antragstellerin ist eine Kommanditgesellschaft. An ihr waren per 31. Dezember 2012 als alleinige - am Gewinn und Verlust nicht beteiligte - Komplementärin die A GmbH sowie als Kommanditistinnen die B UG (haftungsbeschränkt) zu 10 % und die C ... GmbH (im Folgenden C) zu 90 % beteiligt. Alleinige Gesellschafterin der C war die D ... GmbH (im Folgenden D). Deren Gesellschafter waren in 2012 zunächst E mit 98 % und F mit 2 %. Am ... April 2013 übertrug E von seinem Anteil im Nennwert von ... € einen Anteil von ... € auf F; damit waren beide Gesellschafter mit 50 % beteiligt. Am ... November 2013 übertrug E auch seinen verbliebenen Anteil auf F, der damit Alleingesellschafter der D wurde.

Für die Kommanditistin C war mit Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum Schluss des Wirtschaftsjahres 2012 ein verrechenbarer Verlust von ... € festgestellt worden. Im Rahmen ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2013 betrachtete die Antragstellerin die für die C per 31. Dezember 2012 festgestellten verrechenbaren Verluste und die im Streitjahr entstandenen Verlustanteile als nach § 8c KStG untergegangen. Dem folgte der Antragsgegner mit Bescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 3. Januar 2017 auch im Hinblick auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 4. Juli 2008 (BStBl I 2008, 736). Dem Bescheid war als Anlage eine von der Antragstellerin eingereichte Anlage zur gesonderten und einheitlichen Feststellung für 2013 beigefügt, aus der sich der verrechenbare Verlust nach § 15a Abs. 4 EStG für die C mit nunmehr 0,00 € ergab. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 1. Februar 2017, mit dem verschiedene Einwendungen erhoben wurden. U. a. machte die Antragstellerin geltend, dass zweifelhaft sei, ob § 15a-Verluste einer Kapitalgesellschaft auf der Ebene der Tochterpersonengesellschaft überhaupt von § 8c KStG erfasst werden könnten. Der überwiegende Teil des Schrifttums lehne dies ab. Zugleich beantragte die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung, die der Antragsgegner am 21. März 2017 ablehnte. Das Einspruchsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Am 3. April 2017 erging aus hier nicht interessierenden Gründen ein geänderter Bescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG. Hinsichtlich der Feststellungen zu § 15a EStG heißt es in dem Bescheid: "Die Feststellungen zu § 15a EStG sind ersichtlich aus der Anlage". In der dem Bescheid beigefügten Anlage ist die Summe der Einkünfte nach § 15a/15b EStG aufgelistet. Ebenfalls unter dem 3. April 2017 erging ein Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 15a Abs. 4 EStG zum Schluss des Wirtschaftsjahres 2013, mit dem für die C ein verrechenbar Verlust von 0 € festgestellt wurde. In dem Bescheid heißt es: "Vergleiche auch die Anlage zum Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2013".

Am 1. Februar 2018 hat die Antragstellerin bei Gericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begehrt. Sie stützt sich vornehmlich darauf, dass die Verlustabzugsbeschränkung in § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG verfassungswidrig sei. Für den "kleinen Fall" einer Anteilsübertragung habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Verfassungswidrigkeit von § 8c Satz 1 KStG festgestellt. Nach Maßgabe des Vorlagebeschlusses des Finanzgerichts Hamburg vom 29. August 2017 (2 K 245/17) könne für die Übertragung von mehr als 50 % der Anteile nichts anderes gelten.

Sofern die Finanzverwaltung offensichtlich trotz der Entscheidung des BVerfG an der Vorschrift des § 8c KStG für mittelbare Anteilsübertragungen festhalten wolle, könne dem nicht gefolgt werden. Überdies sei auch zweifelhaft, ob ...

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