Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsausgaben-/Vorsteuerabzug für Gartenfeste („Herrenabende”) einer Rechtsanwaltskanzlei: Abzugsverbot für unangemessenen Repräsentationsaufwand

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Betriebsausgaben/Vorsteuern, die im Rahmen eines Gartenfests („Herrenabend”) im Privatgarten des namensgebenden Sozius einer eine Rechtsanwaltskanzlei betreibenden Partnerschaftsgesellschaft für die Unterhaltung/Verpflegung von Geschäftsfreunden aufgewandt werden, unterliegen jedenfalls dann keinem Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 oder Nr. 7 EStG/§ 15 Abs. 1a UStG, wenn sich die Aufwendungen für das keine kulturelle Spitzenleistungen beinhaltende Musikprogramm und die Verpflegung ohne kulinarische Besonderheiten auf rd. 60€/Teilnehmer beschränken.
  2. Sind Aufwendungen für eine Feier gemischt veranlasst, weil daran sowohl Gäste aus dem privaten als auch dem beruflichen Umfeld sowie Personen aus den Bereichen Politik, Presse, Wirtschaft und Sport teilgenommen haben, sind die Gesamtkosten anteilig nach Gästen aufzuteilen.
  3. Bestehen nach Ausschöpfung der im Einzelfall angezeigten Ermittlungsmaßnahmen keine gewichtigen Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst ist, bereitet seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so ist dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, 5 S. 1 Nrn. 4, 7, § 12 Nr. 1 S. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1; UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 1a; AO § 162; FGO § 96 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

2006, 2007, 2008

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.03.2019; Aktenzeichen VIII B 129/18)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für die Veranstaltung von so genannten Herrenabenden im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit bzw. anteilig als Vorsteuern zu berücksichtigen sind. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang, soweit es die Feststellung betrifft.

Die Klägerin betreibt als eingetragene Partnerschaft eine Kanzlei, die, …, 2006 aus den Partnern A (verstorben) und B bestand. 2007 sind als weitere Partner C und D aufgenommen worden. Sie veranstaltete in den Streitjahren 2006 bis 2008 so genannte Herrenabende, zu denen ausschließlich Männer eingeladen wurden. Diese Abende standen 2006 unter dem Motto „…”, 2007 unter dem Motto „…” und 2008 unter dem Motto „…”. Die Klägerin lud dazu die Gäste persönlich schriftlich auf ihrem Briefpapier unter ihrem Kanzleinamen ein. Die Abende fanden im Garten des Wohngrundstücks des Partners A statt, wo u. a. die Gäste begrüßt, unterhalten und bewirtet wurden. Die gesamten Aufwendungen für die Veranstaltungen wurden von der Klägerin bei den Betriebsausgaben als Werbeaufwand gewinnmindernd sowie anteilig mit den Vorsteuern bei der Umsatzsteuer für die Streitjahre berücksichtigt.

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt    für die Streitjahre 2006 bis 2008 gelangte der Prüfer im Bericht vom 7. April 2010 zu der Feststellung, dass die Kosten für die sog. Herrenabende von jeweils brutto … Euro (2006), … Euro (2007) und … Euro (2008) als Aufwendungen, die sowohl privat als auch betrieblich veranlasst seien, nicht zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen sind (§ 12 Nr. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG -). Der Beklagte änderte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Feststellungsbescheide für die Streitjahre und erhöhte die festzustellenden Einkünfte aus selbständiger Arbeit um die Aufwendungen für die sog. Herrenabende (Änderungsbescheide vom 20. August 2010). Ebenso machte der Beklagte den darauf entfallenden Vorsteuerabzug von 2.428,52 Euro (2006), 3.447,55 Euro (2007) und 3.625,57 Euro (2008) rückgängig (Änderungsbescheide gemäß § 164 Abs. 2 der AbgabenordnungAO – vom 20. August 2010). Die gegen die Änderungsbescheide eingelegten Einsprüche vom 9. September 2010 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 28. Juni 2011 als unbegründet zurück.

Mit der Klage im ersten Rechtsgang hatte die Klägerin vorgetragen:

Zu den Herrenabenden, die erstmals vor ..x Jahren A veranstaltet habe, seien Mandanten, Geschäftsfreunde und maßgebliche Persönlichkeiten aus Verwaltung, Politik, öffentlichem Leben und Vereinen eingeladen worden. Die Einladungen seien von allen Partnern gemeinsam unterzeichnet worden. Die Veranstaltungen seien in der Weise abgelaufen, dass zunächst von 18.00 bis 20.00 Uhr die Gäste von allen Partnern und den dort als … tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begrüßt worden seien. Danach habe nochmals eine Begrüßung aller Gäste von der Bühne durch einen im Hauptberuf als … tätigen Dritten stattgefunden. Bei dieser Gelegenheit seien die Eingeladenen um Spenden für einen bestimmten gemeinnützigen Zweck gebeten worden. Nachdem das Unterhaltungsprogramm gegen 23.00 Uhr schon mit Rücksicht auf die Nachbarn beendet worden sei, habe sich den Gästen Gelegenheit geboten, die Abende in Gesprächsrunden ausklingen zu lassen. Ebenfalls s...

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