rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungsbefugnis wegen neuer Tatsachen

 

Leitsatz (redaktionell)

Das FA ist auch dann zur Änderung einer Einkommensteuerfestsetzung wegen der nachträglich bekannt gewordenen Tatsache der unterlassenen Kürzung der als Sonderausgaben deklarierten Beiträge eines angestellten und daneben selbständig tätigen Rechtsanwalts zu gesetzlichen Rentenversicherungen um den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss befugt, wenn die insoweit uneindeutigen Eintragungen in der Lohnsteuerbescheinigung und einer Bescheinigung des tatsächlich zuständigen Versorgungswerks zwar Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hätten, der Steuerpflichtige aber seine Mitwirkungspflichten durch die Eintragung der nicht um die steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse geminderten Beiträge an das Versorgungswerk verletzt hat ( vgl. BFH-Beschluss vom 14.5.2013 X B 33/13, BStBl II 2013, 997).

 

Normenkette

AO § 150 Abs. 2 S. 1, § 173 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 2, Abs. 3 S. 5

 

Streitjahr(e)

2012, 2013, 2014, 2015, 2016

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte berechtigt war, die Einkommensteuerbescheide des Klägers der Veranlagungszeiträume 2012 bis 2016 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) zu ändern.

Der steuerlich beratene Kläger ist als Rechtsanwalt zugelassen und Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte Nordrhein-Westfalen. Er ist von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Seit dem Jahr…ist der Kläger als angestellter Rechtsanwalt beschäftigt und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zudem erzielt der Kläger im geringen Umfang Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt ....

Aufgrund seiner Mitgliedschaft im Versorgungswerk erhält der Kläger von seinem Arbeitgeber neben seinem Arbeitslohn auch den Arbeitgeberzuschuss zur Altersvorsorge zweckgebunden ausgezahlt, um diesen mit dem Arbeitnehmeranteil zusammen (also den Gesamtbetrag) als Selbstzahler an das Versorgungswerk zu entrichten.

Für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2012 fügte der Kläger eine an ihn adressierte Bescheinigung über entrichtete Mitgliedsbeiträge im Jahr 2012 des Versorgungswerks der Rechtsanwälte Nordrhein-Westfalen (Bescheinigung) seiner Steuererklärung bei. Auf der Bescheinigung befindet sich ein Hinweis, dass es sich bei dem ausgewiesenen Betrag um die gesamten entrichteten Mitgliedsbeiträge des Jahres 2012 handele. Zudem enthält die Bescheinigung einen allgemein gehaltenen Hinweis darauf, dass diese Bescheinigung als Nachweis gegenüber dem Finanzamt bzw. im Verhältnis zum Arbeitgeber gelte, soweit angestellte Mitglieder des Versorgungswerks anstelle des Arbeitgebers selbst die vollen Beiträge entrichten und den Arbeitgeberzuschuss ausgezahlt erhalten. Aus der Bescheinigung geht jedoch nicht hervor, dass konkret der Kläger den vollen Beitrag inklusive des Arbeitgeberzuschusses an das Versorgungswerk entrichtet hat und wie hoch der Arbeitgeberzuschuss gewesen ist. Für alle übrigen Veranlagungszeiträume befinden sich solche Bescheinigungen nicht in den Steuerakten und es ist zwischen den Beteiligten streitig, ob diese eingereicht worden sind oder nicht.

Es befinden sich für alle Streitjahre keine Ausdrucke der elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen in den Akten. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass in den elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen der Jahre 2012 bis einschließlich 2014 keine Angaben zum Arbeitgeberzuschuss zu gesetzlichen Rentenversicherungen oder zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen erfolgt sind (diese Angaben beträfen die Kennzahl -Kz.- 305 der Anlage Vorsorgeaufwand in diesen Veranlagungszeiträumen). In den Lohnsteuerbescheinigungen der Veranlagungszeiträume 2015 und 2016 ist der jeweils vom Kläger in der Kz. 304 ”AG-Anteil/AG-Zuschuss lt. Nr. 22 a/b der Lohnsteuerbescheinigung“ angegebene Wert eingetragen. Soweit die Lohnsteuerbescheinigungen elektronisch übermittelt worden sind und der jeweiligen Veranlagung zugrunde gelegt worden sind, enthielten diese keinen Hinweis darauf, dass es sich um Zahlungen an ein berufsständisches Versorgungswerk handelte.

Die Eintragungen des Klägers zu den Kz. auf der Anlage Vorsorgeaufwand stellten sich in den Streitjahren wie folgt dar:

VZ

 Kz. 301 ”Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen“

 Kz. 302 ”Beiträge zu gesetzlichen Rentenversicherungen“

 Kz. 304 (VZ 2015 und 2016) bzw. Kz. 305 (VZ 2012 bis 2014) abgekürzt ”Arbeitgeberanteil“

 2012

 keine Eintragung

 12.074 €

 keine Eintragung

 2013

 keine Eintragung

 14.252 €

 keine Eintragung

 2014

 keine Eintragung

 13.494 €

 keine Eintragung

 2015

 keine Eintragung

 13.576 €

 6.788 €

 2016

 keine Eintragung

 13.913 €

 6.956 €

In der Einkommensteuerakte befinden sich fünf Ausdrucke gespeicherter programmtechnischer Hinweise zur Einkommensteuer (sogenannte VPH). Diese beziehen sich inhaltlich auf die Anlage Vorsorgeaufwand und fordern dazu auf, Beiträge zu (freiwilligen) Zahlungen in die geset...

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