Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Grundlagenbescheides durch Urteil – Fristbeginn für Ablaufhemmung des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO – Antrag auf Anpassung des Folgebescheides durch Anfechtung des Grundlagenbescheides

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Im Falle einer Änderung des Grundlagenbescheides durch eine gerichtliche Entscheidung beginnt die in § 171 Abs. 10 Satz 1 AO bestimmte Frist für die Hemmung der Festsetzungsfrist des Folgebescheides mit der Rechtskraft des Urteils.
  2. Bei der Anfechtung eines Grundlagenbescheides kann nicht auf Grund der letztlich verfolgten Änderung des Folgebescheides im Wege der Auslegung von einer Antragstellung auf Anpassung des Folgebescheides an den geänderten Grundlagenbescheid i. S. des § 171 Abs. 3 AO ausgegangen werden, aufgrund deren die Festsetzungsfrist des Folgebescheides nicht vor der unanfechtbaren Entscheidung über diesen Antrag ablaufen kann.
  3. Die fehlerhafte Unterlassung der Anpassung des Folgebescheides begründet keine Korrekturverpflichtung der Behörde nach Treu und Glauben ohne Rücksicht auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung.
 

Normenkette

AO §§ 122, 124, 169 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 171 Abs. 3, 10 S. 1, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 110 Abs. 1 Nr. 1; BewG § 11

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.11.2013; Aktenzeichen II R 57/11)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, den Vermögensteuerbescheid auf den 01.01.1990 an die Änderung des Feststellungsbescheides über den gemeinen Wert der Anteile der"A” AG (auch vormals: „B” GmbH) anzupassen, oder ob eine solche Änderung auf Grund einer Festsetzungsverjährung ausscheidet.

Die Klägerin war zu 55,5 % Anteilseignerin der „A” AG. Diese Gesellschaft war sei ihrerseits zu 50 % Anteilseignerin an der „C” AG. Die übrigen Anteile an der vorgenannten AG hielt die „D” GmbH. Die „C” AG führte vor dem Finanzgericht Düsseldorf unter dem Az.: 6 K 8485/93 BA ein im Verfahren wegen Feststellung des gemeinen Werts nicht notierter Anteile zum 31.12.1989. Im Urteil vom 07.12.1999 hat das Finanzgericht nach dem Tenor des Urteils „in Abänderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des gemeinen Werts der Anteile vom 17.07.1992 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 17.05.1993 und vom 29.04.1998” den gemeinen Wert der Anteile zum 31.12.1989 auf 509 DM je 100 DM des Grundkapitals festgestellt.

In Umsetzung dessen erließ der Beklagte am 02.05.2000 bzw. 15.05.2000 geänderte Feststellungsbescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung des gemeinen Werts der Anteile für die beiden Anteilseigner der „C” AG, die „D” GmbH und die „A” AG. Eine Änderung des Vermögensteuerbescheides auf den 01.01.1990 für die Klägerin unter Berücksichtigung des geänderten Feststellungsbescheides betreffend den gemeinen Wert der Anteile an der „A” AG erging in der Folgezeit hingegen nicht.

Nachdem mit Bescheid vom 27.03.2006 der Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1990 für die „C” AG geändert worden war, beantragte die AG eine Änderung des Bescheides über die Anteilsbewertung zum 31.12.1989. Diesen Antrag lehnte der Beklagte im Bescheid vom 08.10.2007 ab und verwies zur Begründung auf den Ablauf der Feststellungsfrist für die Anteilsbewertung auf den 31.12.1989. Eine Änderung im Rahmen des § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) sei nicht möglich, weil der geänderte Einheitswertbescheid zu keiner Änderung der Anteilsbewertung führe. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die „C” AG die im Verfahren 6 K 3366/08 BA erhobene Klage gegen die Ablehnung der Änderung erhoben…zurückgenommen, worauf hin das Verfahren mit Beschluss vom 24.09.2010 eingestellt worden ist.

Mit Schreiben vom 11.01.2008 beantragte die Klägerin, die wie sich aus dem finanzgerichtlichen Urteil vom 07.12.1999 ergebende Änderung im Rahmen der Vermögensteuerfestsetzung auf den 01.01.1990 vorzunehmen. Der Beklagte lehnte die beantragte Änderung im Bescheid vom 09.07.2008 unter Hinweis auf den Eintritt einer Festsetzungsverjährung ab.

Zur Begründung ihres Einspruchs sowie nach dessen Zurückweisung in der Einspruchsentscheidung vom 04.08.2008 zur Begründung der dagegen unter dem 29.08.2008 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend: Bezogen auf den geänderten Feststellungsbescheid für die Holding-Gesellschaft sei die Zwei-Jahres-Frist des § 171 Abs. 10 AO zur Auswertung des geänderten Feststellungsbescheides ihrerseits durch einen Antrag nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt worden. Ein Antrag in Bezug auf die Änderung des Folgebescheides sei im Streitfall zwar nicht ausdrücklich gestellt worden. In diesem Zusammenhang sei jedoch zu berücksichtigen, dass die „C” AG den Rechtsstreit wegen der Anteilsbewertung nicht im eigenen Interesse sondern letztendlich zur Reduzierung der Vermögensteuerbelastung dper Anteilseigner als eigentliches materielles Ziel geführt habe. Die Änderung des Feststellungsbescheides sei – für die Finanzverwaltung erkennbar – lediglich aus strafverfahrensrechtlichen Gründen notwendig gewesen. Auf ...

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