vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgeltungssteuer: Berücksichtigung von Werbungskostenüberschüssen aus der Gewährung von Gesellschafterdarlehen nach § 32d Abs. 2 EStG – Erzielung begünstigter Kapitalerträge bei Forderungsverzicht gegen Besserungsschein – Irrtum über die Erforderlichkeit der Option zur Anwendung des progressiven Tarifs

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Für die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG auf Werbungskostenüberschüsse fehlt es an der Erzielung begünstigter Kapitalerträge, wenn ein Gesellschafter gegenüber der darlehensnehmenden GmbH gegen Besserungsschein auf das Darlehen sowie die Zinsansprüche verzichtet hat.
  2. Die abstrakte Möglichkeit einer Einkünfteerzielung nach Eintritt der auflösenden Bedingung in der Zukunft reicht hierfür nicht aus.
  3. Der Antrag auf Anwendung des progressiven Tarifs für Erträge aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft muss auch dann nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gestellt werden, wenn der Steuerpflichtige irrtümlich davon ausgeht, dass bereits eine andere Ausnahmevorschrift des § 32d Abs. 2 EStG greift.
 

Normenkette

EStG § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b S. 1, Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 7, Abs. 9

 

Streitjahr(e)

2009, 2010

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.10.2017; Aktenzeichen VIII R 19/16)

 

Tatbestand

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Beide Kläger waren in den Streitjahren 2009 und 2010 an der A GmbH (künftig GmbH) beteiligt, und zwar der Kläger zu 66% und die Klägerin zu 8%. Seit 1997 gewährten die Kläger der GmbH Darlehen, die sie selbst zum größten Teil bei Banken refinanzierten.

In der Einkommensteuererklärung für 2009 erklärte der Kläger im Zusammenhang mit diesen Gesellschafterdarlehen einen Werbungskostenüberschuss von 89.814 €, der sich aus folgenden Zinseinnahmen und gezahlten Refinanzierungskosten bzw. sonstigen Werbungskosten zusammensetzte:

Bezeichnung Darlehen

 Darlehensnummer

 Einnahmen

 Werbungskosten

 Darlehen 280.000 €, aufgenommen 1997

 0

 12.455,79

 Darlehen 715.808,64 €, aufgenommen 2000

 155,83

 35.473,55

 s.o.

 0

 7.783,80

 Darlehen 500.000 €, aufgenommen 2000

 0

 28.250,04

 Darlehen 250.000 €, aufgenommen 2006

 0

 11.187,50

 Darlehen 100.000 € für Stammeinlage, aufgenommen 2009

 0

 5.800,00

 Darlehen 1.000.000 €, aufgenommen 2007

 55.828,68

 41.144,44

 Darlehen 29.000 €, aufgenommen 1997

 0

 1.116,55

 Bankgebühren

 0

 527,63

 Steuerberatungs- und Finanzierungskosten

 0

 2.059,11

 Summe

 55.984,51

 145.798,41

Die Klägerin erklärte für 2009 im Zusammenhang mit von ihr gegebenen Gesellschafterdarlehen einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 1.292 €.

In der Einkommensteuererklärung für 2010 erklärte der Kläger im Zusammenhang mit den Gesellschafterdarlehen einen Werbungskostenüberschuss von 58.070 €, der sich wie folgt zusammensetzte:

Bezeichnung Darlehen

 Darlehensnummer

 Einnahmen

 Werbungskosten

 Darlehen 986.103,06 €, aufgenommen 1997 und 2000 (zusammengefasst)

 0

 33.510,16

 Darlehen 500.000 €, aufgenommen 2000

 0

 28.250,04

 Darlehen 250.000 €, aufgenommen 2006

 0

 8.625,00

 Darlehen 100.000 € für Stammeinlage, aufgenommen 2009

 0

 5.800,00

 Darlehen 1.000.000 €, aufgenommen 2007

 67.862,51

 46.164,58

 Darlehen 29.000 €, aufgenommen 1997

 0

 657,19

 Bankgebühren

 0

 523,02

 Steuerberatungs- und Finanzierungskosten

 0

 2.403,34

 Summe

 67.862,51

 125.933,33

Die Klägerin erklärte für 2010 im Zusammenhang mit den von ihr gegebenen Gesellschafterdarlehen einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 1.302 €.

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) legte die von den Klägern erklärten Werbungskostenüberschüsse im Einkommensteuererstbescheid für 2009 vom 15.2.2011 zunächst antragsgemäß zugrunde.

Im Anschluss hieran befasste sich die Qualitätssicherungsstelle des FA mit den für 2009 erklärten Einkünften aus Kapitalvermögen. Diese kam nach Prüfung zu der Feststellung, dass bei den Darlehen verschiedene Varianten zu unterscheiden seien:

1. Bei fünf der Darlehen sei zwar laut Darlehensvertrag ein Zins vereinbart worden. Tatsächlich lägen dem FA aber schriftliche Zins- und Darlehensverzichte aus den Jahren 2000, 2003, 2004 und 2006 vor. Diese würden allerdings nur solange gelten, bis sich die finanzielle Situation der GmbH bessere. In 2009 seien keine Zinsen für diese Darlehen gezahlt worden.

2. Für ein Darlehen sei zwar ein Zins vereinbart, tatsächlich aber nicht gezahlt worden. Das Darlehen habe weiterhin Bestand, wobei allerdings ein Teilverzicht von 115.000 € vereinbart worden sei.

3. Für ein weiteres Darlehen sei am 28.1.2009 einmalig eine Teilzinsrate in Höhe von 155,83 € gezahlt worden. Für dieses Darlehen liege indes ein Zins- und Darlehensverzicht aus dem Jahr 2004 vor.

4. Für ein weiteres Darlehen würden aktuell die vereinbarten monatlichen Zinsen gezahlt.

Hieraus ergäben sich folgende Schlussfolgerungen: Die Voraussetzungen des § ...

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