vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweispflichten für Anwendung der Differenzbesteuerung: Umfang der Prüfungspflichten für die Gewährung von Vertrauensschutz – Berücksichtigung von Vertrauensschutzgründen im Festsetzungsverfahren. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 15/21)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Wiederverkäufer trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStG normierten Voraussetzungen der Differenzbesteuerung in der Person seines Vorlieferanten.
  2. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Differenzbesteuerung kann nicht unabhängig von weiteren Prüfungsmaßnahmen des Wiederverkäufers aus Vertrauensschutzgründen fingiert werden, wenn es sich bei den Ankäufen von Gebrauchtwagen um einmalige Geschäftsbeziehungen mit dem Wiederverkäufer unbekannten Personen handelt und der letzte Halter der angekauften Pkw nicht mit der Person des Verkäufers identisch ist (Abgrenzung zum EuGH-Urteil „Litdana” vom 18.5.2017 C-624/15, HFR 2017, 661).
  3. Die Prüfung, ob der Steuerpflichtige Vertrauensschutz in Anspruch nehmen kann, kann nicht im Festsetzungs-, sondern allein im Billigkeitsverfahren erfolgen.
 

Normenkette

UStG § 25a Abs. 1 Nrn. 1, 2 S. 2

 

Streitjahr(e)

2014

 

Tatbestand

Der Kläger war im Streitjahr 2014 Unternehmer i.S.v. § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Er handelte mit gebrauchten Pkw.

Im März 2016 begann der Beklagte (das Finanzamt --FA--) mit einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei dem Kläger, die das Streitjahr 2014 sowie das Folgejahr 2015 umfasste. Die Prüfung wurde mit Bericht vom 13.6.2016 abgeschlossen, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Die Prüferin führte in ihrem Bericht (dort insbesondere unter Tz. 2.2.5) sinngemäß u.a. Folgendes aus:

Ein Großteil der Ankäufe sei unter der Annahme erfolgt, dass der jeweilige Verkäufer das Fahrzeug als Privatperson verkauft habe. Insoweit seien die unter Privatleuten üblichen Musterverträge ausgefüllt worden. Die Verkäufer kämen zu einem nicht unwesentlichen Teil aus M-Stadt, da der Kläger nach seinen Angaben im Prüfungszeitraum regelmäßig auf dem dortigen X-Platz Fahrzeuge „zu günstigen Preisen gefunden habe”. Hierzu sei zu sagen, dass die Fahrzeuge dort häufig deshalb so günstig angeboten würden, weil viele in der Kfz-Branche auftretende „Privatverkäufer” tatsächlich nicht registrierte Händler seien. In diesen Fällen könne ein Kaufvertrag ohne die in §§ 14, 14a UStG vorgesehenen Inhalte nicht als Nachweis des § 25a UStG-fähigen Ankaufs angesehen werden. Hier müsse insbesondere der Hinweis vorhanden sein, ob der Verkauf § 25a UStG unterlegen habe oder nicht. Der Kläger habe beim Ankauf erkennen müssen, dass die Personen der Verkäufer nicht mit den letzten Halterdaten übereingestimmt hätten. Daraus habe er den Schluss ziehen müssen, dass der jeweilige Verkäufer als Händler tätig gewesen sei, sofern ihm keine Verkaufsvollmacht des letzten Halters vorgelegen habe. Die betreffenden Fahrzeuge seien der Regelbesteuerung zu unterwerfen, woraus eine Erhöhung des Umsatzes von 34.705 € netto resultiere.

Zu 22 Fahrzeugen, die der Kläger gehandelt habe, habe das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) keine Daten liefern können, weil in den letzten sieben Jahren keine Fahrzeuge mit diesen Fahrgestellnummern im Inland zugelassen gewesen seien. Offenbar seien die notierten Fahrgestellnummern unzutreffend. Es sei jedoch vom Unternehmer zu verlangen, dass er in seinen Buchführungsunterlagen und Rechnungen richtige und überprüfbare Daten angebe. Gleichwohl werde es nicht für ermessensgerecht gehalten, alle 22 betroffenen Fahrzeuge der Regelbesteuerung zu unterwerfen, da es sich wohl um Versehen handle. Im Schätzungswege erfolge daher eine Versagung der Differenzbesteuerung für 20% der betroffenen Umsätze. Hieraus ergebe sich ein nachzuversteuernder Umsatz von 5.143 € netto.

Vertrauensschutz könne der Kläger nicht in Anspruch nehmen.

Auf die Stellungnahme des Klägers vom 23.6.2016 zum Prüfungsbericht wird Bezug genommen.

Am 4.7.2016 erließ das FA einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerbescheid, in dem es die Umsatzsteuer auf 14.932,60 € heraufsetzte (Nachzahlung 7.969,89 €).

Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein.

Mit Schreiben vom 29.8.2016 nahm das FA zu dem Einspruch Stellung. Auf dieses Schreiben wird wegen seines Inhalts Bezug genommen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 18.4.2018 setzte das FA die Umsatzsteuer auf 14.533,60 € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Die Besteuerung des Umsatzes in Höhe von 2.100 € aus Tz. 2.2.5 Buch. a des Prüfungsberichts entfalle. Im Übrigen werde daran festgehalten, dass die Voraussetzungen des § 25a UStG nicht vorlägen. Dem stehe auch das EuGH-Urteil vom 18.5.2017 C-624/15 („Litdana”) nicht entgegen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger vorträ...

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