vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedarfsbewertung des Anteils am Betriebsvermögen einer Kommanditgesellschaft: Saldierung eines positiven Kapitalkontos mit negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten – Wertfeststellung für Betriebsvermögen im Liquidationsstadium

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Feststellung des gemeinen Werts eines Anteils am Betriebsvermögen einer Kommanditgesellschaft für Zwecke der Erbschaftsteuer darf nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG ein positives Kapitalkonto des Erblassers nicht mit den negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten saldiert werden.
  2. Auch für den Anteil an einer Personengesellschaft, deren Auflösung beschlossen ist und die sich im Stadium der Liquidation befindet, ist gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG ein Wert festzustellen, wenn an dem jeweiligen Stichtag noch positives oder negatives Betriebsvermögen vorhanden ist.
 

Normenkette

BewG § 95 Abs. 1, § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 S. 1, Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a, § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 1, §§ 11, 12 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.06.2020; Aktenzeichen II R 43/17)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist die Schwester des Erblassers. Der Erblasser war Kommanditist der H GmbH & Co. KG (H KG). Weitere Kommanditisten waren O und R. Persönlich haftende Gesellschafterin der H KG war die H GmbH.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 17. Dezember 2012 verkaufte und übertrug die H KG ihr Anlagevermögen einschließlich aller immaterieller Vermögensgegenstände mit Ausnahme ihrer Anteile an verbundenen Unternehmen sowie ihrer Forderungen diesen gegenüber mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 an die A GmbH & Co. KG. Ferner verkaufte die H KG ihr Vorratsvermögen mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 an die AA Gesellschaft mbH. Diese trat mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 in die mit der H KG bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Nach B. § 6 des Vertrags sollten die Vertragsverhältnisse der H KG zu ihren Kunden, insbesondere alle Forderungen und Verbindlichkeiten aus im Rahmen ihres Handelsgeschäfts erbrachten Lieferungen und Leistungen, nicht auf die A GmbH & Co. KG übergehen. Nach B. § 7 des Vertrags sollte die A GmbH & Co. KG darüber hinaus nicht in die Vertragsverhältnisse der H KG zu ihren Lieferanten eintreten.

Die Gesellschafter der H KG beschlossen am 21. Dezember 2012 die Auflösung der Gesellschaft. Dies wurde am 30. Januar 2013 in das Handelsregister des Amtsgerichts eingetragen.

Der Erblasser verstarb am 7. Mai 2014. Er wurde von der Klägerin allein beerbt.

Am 7. Mai 2014 wies das für den Erblasser bei der H KG geführte Kapitalkonto einen positiven Wert € auf. Die für die Kommanditisten O und R bei der H KG geführten Kapitalkonten wiesen negative Werte auf.

Das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer gegen die Klägerin zuständige Finanzamt forderte mit Schreiben vom 29. Juli 2015 beim beklagten Finanzamt eine gesonderte Feststellung des Wertes des Anteils des Erblassers an der H KG an. Die Klägerin gab am 10. September 2015 beim beklagten Finanzamt eine Feststellungserklärung ab, mit der sie den Wert des Anteils des Erblassers an der H KG mit einem negativen Wert angab. Hierzu gelangte sie, indem sie das positive Kapitalkonto des Erblassers mit den negativen Kapitalkonten der anderen Kommanditisten zusammenrechnete.

Das beklagte Finanzamt stellte mit Bescheid vom 18. Februar 2016 der Klägerin gegenüber den Wert des Anteils des Erblassers an der H KG auf den 7. Mai 2014 fest. Dabei folgte es im Wesentlichen den Angaben der Klägerin in ihrer Feststellungserklärung, rechnete das positive Kapitalkonto des Erblassers jedoch nicht mit den negativen Kapitalkonten der anderen Kommanditisten zusammen.

Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Die H KG sei zum Todestag des Erblassers überschuldet gewesen. Der Anteil des Erblassers an der Gesellschaft sei deshalb mit 0 € anzusetzen. Die H KG habe im Jahr 2013 ihr Handelsgeschäft aufgegeben und die Liquidation eingeleitet. Wertzuwächse seien nicht mehr zu erwarten gewesen. Eine Rückzahlung der Einlage des Erblassers sei aus diesem Grunde ausgeschlossen gewesen. Ein fremder Dritter hätte für den Anteil des Erblassers nur einen Betrag gezahlt, der dem saldierten Wert der Kapitalkonten sämtlicher Kommanditisten entsprochen hätte.

Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 21. September 2016 zurück und führte aus: Nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a des Bewertungsgesetzes (BewG) sei dem jeweiligen Gesellschafter das Kapitalkonto aus der Gesamthandsbilanz vorweg zuzurechnen. Deshalb könne es zu einem positiven Wert für einen Anteil am Betriebsvermögen kommen, auch wenn der Wert des Betriebsvermögens insgesamt negativ sei. Einem Kommanditisten könne kein negativer Wert des Gesamthandvermögens zugerechnet werden, wenn er seine Einlage geleistet habe und nicht nachschusspflichtig sei.

Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Am Todestag des Erblassers habe kein Betriebsvermögen mehr vorgelegen....

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