Entscheidungsstichwort (Thema)

Unberechtigter Ausweis von Umsatzsteuerbeträgen durch Organgesellschaften

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein aus der gleichmäßigen Anwendung des BMF-Schreibens vom 01. April 1996 IV A 4/S0460a-20/96 (BStBl. I 1996, 370) abzuleitender Rechtsanspruch auf den Erlass von Nachzahlungszinsen in Fällen, in denen die nach fehlerhaft erteilten Endrechnungen zu verzinsende Umsatzsteuernachforderung lediglich darauf beruht, dass die Steuer nicht rückwirkend in dem Besteuerungszeitraum der ursprünglichen Rechnungserteilung berichtigt werden kann, setzt voraus, dass sogleich nach Aufdeckung des Fehlers durch den Unternehmer berichtigte Endrechnungen erteilt werden.
  2. Bei unberechtigtem Ausweis von Umsatzsteuerbeträgen durch Organgesellschaften i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG sind diese als Unternehmer i. S. des BMF-Schreibens vom 1. April 1996 anzusehen, so dass ihnen die Erteilung berichtigter Rechnungen gegenüber den Leistungsempfängern obliegt.
 

Normenkette

AO §§ 5, 227, 233a; UStG § 2 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 14 Abs. 2, § 17 Abs. 1; FGO § 102

 

Streitjahr(e)

1998, 1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.03.2009; Aktenzeichen V R 48/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Umfang eines Erlasses von Nachzahlungszinsen.

Dem Streitfall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin war zeitweise als Organträger an einer Organschaft beteiligt. Bis in das Jahr 2000 firmierte sie als A-AG und hatte ihren Sitz in M. Organgesellschaften waren die B-GmbH und die C-GmbH. Im Jahr 1998 übertrug die A-AG ihre Tochtergesellschaften B-GmbH und C-GmbH auf die D-GmbH (im Folgenden: D) als neuen Organträger. Der Sitz der A-AG wurde in der Folgezeit (wohl Anfang 2000) nach N verlegt. Ab dem 20. Juni 2000 firmierte die Klägerin als E-AG.

Die Organgesellschaften hatten in den Jahren 1994 bis 1996 unberechtigt Umsatzsteuerbeträge in Endrechnungen ausgewiesen.

Ab dem 19. Oktober 1998 fand eine Außenprüfung statt, die die fehlerhafte Behandlung der Umsatzsteuern in den Endrechnungen der (früheren) Organgesellschaften aufdeckte.

Schon vor Bekanntgabe des Prüfungsberichts vom 30. August 1999 erstattete das für den neuen Organträger zuständige Finanzamt O der D-GmbH am 21. Juni 1999 einen Guthabenbetrag von 3.457.919,57 DM.

Am 12. November 1999 erließ das Finanzamt M für Körperschaften an die A-AG für die Jahre 1994, 1995 und 1996 geänderte Umsatzsteuerbescheide, mit denen Unterschiedsbeträge zu Ungunsten der AG von 2.512.574,29 DM (1994), 1.428.347,84 DM (1995) und 1.377.267,63 DM (1996) und Zinsen nach § 233a AO in Höhe von 540.187 DM (1994), 221.386 DM (1995) und 130.834 DM (1996) festgesetzt wurden.

Der Gesamtbetrag der Umsatzsteuernachforderung für die Jahre 1994 bis 1996 betrug 5.318.191,81 DM mit Nachzahlungszinsen von insgesamt 892.407 DM. In den Erläuterungen der Bescheide ist angegeben:

Umsatzsteuer 1994:

Die nach § 14 Abs. 2 des UmsatzsteuergesetzesUStG – unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer wurde im Rahmen von Betriebsprüfungen folgender ehemaliger Organgesellschaften festgestellt:

B-GmbH ...

C-GmbH...

Die Gesellschaften sind mittlerweile aus dem umsatzsteuerlichen Organkreis ausgeschieden. Die Umsatzsteuer ist diesen Gesellschaften von den nunmehr zuständigen Finanzämtern erstattet worden.

Umsatzsteuer 1995 und 1996:

Die Erläuterungen beziehen sich insoweit nur auf die Organgesellschaft B-GmbH.

Am 08. Dezember 1999 wurde ein weiterer Guthabenbetrag von 1.860.272,17 DM gegenüber dem neuen Organträger D durch das Finanzamt O erstattet bzw. angerechnet, insgesamt wurden also 5.318.191,74 DM an D erstattet.

Am 17. Dezember 1999 berichtigte die Klägerin (noch als A-AG, M) gegenüber dem Finanzamt M für Körperschaften die Umsatzsteuervoranmeldung für Januar 1999 in 5.318.191,81 DM (= Erstattungsanspruch des ehemaligen Organträgers):

„Diese Beträge wurden im Rahmen der Rechnungsberichtigung der ehemaligen Organgesellschaften im Januar 1999 dem Finanzamt gemeldet und werden nunmehr als Erstattungsanspruch des ehemaligen Organträgers in dieser berichtigten Voranmeldung geltend gemacht.”

Am 20. Dezember 1999 leistete die Klägerin die Umsatzsteuernachzahlungen ihrer ehemaligen Organtöchter durch Verrechnung mit ihrem eigenen Körperschaftsteuerguthaben.

Unter dem 28. März 2000 stellte die Klägerin beim Finanzamt M für Körperschaften einen Antrag auf Erlass der Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer 1994 in Höhe von 540.187 DM, zur Umsatzsteuer 1995 in Höhe von 221.386 DM und zur Umsatzsteuer 1996 in Höhe von 130.834 DM, der in der Folgezeit auf die Mitteilung hin, dass wegen der Sitzverlegung die Akten an das zuständige Finanzamt in N abgegeben worden seien, um Stundungsanträge ergänzt wurde. Diesen wurde vom Finanzamt M entsprochen.

Am 29. August 2000 teilte das beklagte Finanzamt mit, dass der Erlass der Nachzahlungszinsen wie folgt beabsichtigt sei:

für 1994

477.375 DM

Rest: 62.812 DM

für 1995

197.754 DM

Rest: 23.632 DM

für 1996

130.834 DM

Rest: 0 DM

und erläuterte dies.

Daraufhin ließ die Klägerin am 19. September 2000...

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