vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufteilung des Arbeitslohnes eines Berufskraftfahrers bei grenzüberschreitender Tätigkeit im Wohnsitz- oder Drittstaat und im Ansässigkeitsstaat des Arbeitgebers

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das Besteuerungsrecht für die Einkünfte eines im Inland wohnenden Berufskraftfahrers bei einer die Grenze zwischen dem Wohnsitzstaat oder einem Drittstaat und dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitgebers überschreitenden Fahrten steht nach Art. 10 Abs. 1 DBA NL 1959 Deutschland nur insoweit zu, als die Arbeit nicht in den Niederlanden ausgeübt wurde.
  2. Soweit der Berufskraftfahrer während eines Arbeitstages sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland und/oder in einem Drittstaat Fahrtstrecken zurückgelegt hat, ist die Vergütung im Verhältnis der jeweiligen Arbeitsstunden bzw. bei hierfür nicht ausreichenden Aufzeichnungen im Schätzungswege aufzuteilen.
  3. Im letztgenannten Fall ist eine hälftige Aufteilung nicht zu beanstanden (BMF-Schreiben vom 19.09.2011, BStBl 2011 I S. 849).
 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 32b Abs. 1 Nr. 2; AO § 162 Abs. 1; DBA Niederlande 1959 Art. 10 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2013, 2014

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 01.06.2022; Aktenzeichen I R 45/18)

 

Tatbestand

Strittig ist im Hinblick auf das Besteuerungsrecht Deutschlands als Wohnsitzstaat des Klägers und das Besteuerungsrecht der Niederlande als Ansässigkeitsstaat des Arbeitgebers des Klägers die Aufteilung von Arbeitslohn, die der Kläger als Berufskraftfahrer für Arbeitstage bezogen hat, an denen er mit seinem Fahrzeug sowohl in den Niederlanden als auch in einem anderen Staat der Europäischen Union und/ oder der Schweiz unterwegs war.

Der Kläger, der letztmals für das Jahr 2013 mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde, ist bei der C mit Sitz in … (Niederlande) als Berufskraftfahrer beschäftigt. In den Streitjahren (2013 und 2014) war er mit Transportfahrzeugen seines Arbeitgebers in den Niederlanden, in Deutschland, in Belgien, in Frankreich und in der Schweiz unterwegs. Im Streitjahr 2013 war er an insgesamt 130 von 219 Arbeitstagen sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland unterwegs, im Streitjahr 2014 war dies an 102 von 228 Arbeitstagen der Fall. Der Kläger legte zusammen mit den Steuererklärungen als „Fahrtenbuch” bezeichnete, von seinem Arbeitgeber abgezeichnete monatliche Aufstellungen für die Streitjahre vor, aus denen für jeden Arbeitstag unter Angabe der jeweiligen Orte die zurückgelegte Fahrtstrecke, die dabei durchfahrenen Staaten und die Zeitpunkte der Grenzübertritte hervorgingen. Auf diese Aufstellungen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Der Kläger ermittelte für 2013 einen in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitslohn von 1.899,53 Euro (4,110 %) und für 2014 einen solchen von 3.412,38 Euro (7,456 %). Dabei ging er davon aus, dass das Besteuerungsrecht an Tagen, an denen er zumindest einen Teil der Fahrtstrecke in den Niederlanden zurückgelegt hatte, den Niederlanden zustehe.

Der Beklagte sah das Besteuerungsrecht der Niederlande dagegen nur für den Teil des Arbeitslohns als gegeben an, der auf Tage entfiel, an denen der Kläger eine ausschließlich durch die Niederlande führende Fahrtstrecke zurückgelegt hatte. Das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn, der auf ausschließlich außerhalb der Niederlande zurückgelegte Fahrtstrecken entfiel, stehe Deutschland zu. Soweit der Kläger an ein und demselben Tag eine sowohl durch die Niederlande als auch durch andere Staaten führende Fahrtstrecke zurückgelegt habe, sei das Besteuerungsrecht je hälftig auf die Niederlande und auf Deutschland aufzuteilen. Der Arbeitslohn sei daher im Jahr 2013 zu 79/219tel und im Jahr 2014 zu 68/228stel steuerpflichtig und lediglich im Übrigen steuerfrei und nur – nach Abzug der damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Werbungskosten – bei der Berechnung des besonderen Steuersatzes gemäß § 32b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen. Entsprechend dieser Berechnung setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2013 durch Bescheid vom 11. August 2015 auf 962 Euro und die Einkommensteuer für 2014 durch Bescheid vom 17. Februar 2016 auf 876 Euro fest.

Der Kläger legte dagegen Einsprüche ein. Mit Schreiben vom 19. Mai 2016 vertrat er die Ansicht, dass dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers abweichend von Art. 14 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem König-reich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DBA Niederlande 2015) vom 20. April 2012 (Bundesgesetzblatt – BGBl – II 2012, 1415) das ausschließliche Besteuerungsrecht für eine nicht in diesem Staat ausgeübte unselbständige Arbeit zustehe, wenn der Arbeitgeber, der die Vergütungen wirtschaftlich trage, nicht im Tätigkeitsstaat ansässig sei. Soweit ein Berufskraftfahrer seine Tätigkeit in dem Staat ausübe, in dem der Arbeitgeber an...

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