Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldberechtigung bei Getrenntleben der Eltern in der bisherigen Familienwohnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ungeachtet des familienrechtlichen Getrenntlebens der Eltern in der bisherigen Familienwohnung gehören dort lebende Kinder weiterhin zum gemeinsamen elterlichen Haushalt i. S. d. § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG, wenn beide Elternteile wie bisher ihren Beitrag zur materiellen und/oder immateriellen Betreuung der Kinder leisten.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 2 Sätze 1-2; BGB § 1567

 

Tatbestand

Die Klägerin und der Beigeladene lebten bis Mai 1998 mit den beiden jüngeren gemeinsamen Kindern in einem Haus. Die Klägerin hatte Ende 1997 die Scheidung beantragt. Da sie zunächst keine Wohnung gefunden hatte, verblieb sie mit den Kindern in dem Einfamilienhaus und schlief dort in dem Zimmer des Sohnes, der seinerseits zu seiner Schwester in deren Zimmer zog. Die Klägerin war weder vor noch nach der Trennung von dem Beigeladenen berufstätig. Der Beigeladene ging ganztägig seiner beruflichen Tätigkeit nach. An den Wochenenden hielt er sich in dem Einfamilienhaus auf.

Der Beklagte zahlte Kindergeld bis Mai 1998 auf Grund der bisherigen Berechtigtenbestimmung an den Beigeladenen. Im Mai 1998 widerrief die Klägerin die Berechtigtenbestimmung und beantragte, ihr das Kindergeld zu zahlen. Für den Zeitraum November 1997 bis Mai 1998 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin am 31.03.1999 ab. Der Beigeladene teilte dem Beklagten mit, er habe das an ihn überwiesene Kindergeld bis Mai 1998 an die Klägerin auf deren Konto weitergeleitet.

Gegen den Bescheid vom 31.03.1999 legte die Klägerin Einspruch ein und trug vor, die Kinder hätten seit der Trennung keinen Kontrakt mehr zu dem Beigeladenen. Sie hätten innerhalb des Hauses völlig voneinander getrennt gelebt. Der Beklagte wies den Einspruch zurück und führte aus, die Kinder hätten bis zur Trennung im gemeinsamen Haushalt der Eltern gelebt. Der Beigeladene habe Miete und Nebenkosten des Hauses getragen, Lebensunterhalt und Kleider dagegen die Klägerin. Dies zeige, das gemeinsam zumindest finanziell zum Unterhalt der Kinder beigetragen wurden sei.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt vor:

Seit Anfang November 1997 hätten sie im gemeinsamen Haus getrennt gelebt. Küche und Waschmaschine seien noch von allen im Haus genutzt worden, aber zu getrennten Zeiten. Der Beigeladene habe die Belastung für das Haus getragen und Unterhalt für die Kinder gezahlt. Hierin sei das Kindergeld nicht enthalte gewesen. Er habe 1.224 DM und später 784 DM monatlich gezahlt. Dieser Betrag sei willkürlich von ihm festgesetzt worden, ohne das es eine Unterhaltsvereinbarung gegeben habe. Ab März 1998 habe sie Sozialhilfe erhalten. Der Beigeladene habe die Kinder nicht versorgt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

dem Beklagten zu verpflichten, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 31.03.1999 in der Fassung der Einspruchsentscheidung für den Zeitraum November 1997 bis Mai 1998 Kindergeld für die Kinder A und B zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der Beigeladene trägt vor:

Das Kindergeld sei an die Kindesmutter weitergeleitet worden. Die Kinder hätten in seinem Haushalt gelebt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Nach § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Nach § 64 Abs. 2 EStG erhält bei mehreren Berechtigten derjenige Kindergeld, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt der Eltern aufgenommen, bestimmen diese untereinander den Berechtigten. Diese Berechtigtenbestimmung hatten die Klägerin und der Beigeladene zu Gunsten des Beigeladenen getroffen. Die Berechtigtenbestimmung hat die Klägerin erst im Mai 1998 widerrufen. Eine Änderung der Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum von November 1997 bis Mai 1998 kommt vorliegend nicht in Betracht. Denn in den Verhältnissen, die für die Zahlung des Kindergeldes für diesen Zeitraum erheblich waren, ist keine Änderung eingetreten. Die Kinder lebten in dem fraglichen Zeitraum im gemeinsamen Haushalt der Ehegatten. Eine Haushaltsaufnahme ausschließlich bei der Klägerin lag nicht vor.

Haushaltsaufnahme bedeutet die Aufnahme des Kindes in einer Familiengemeinschaft mit einem auf Dauer ausgerichteten Betreuungsverhältnis und Erziehungsverhältnis familienhafter Art (Schmidt/Weber-Grellet § 63 EStG Rd. 5). Ein Kind gehört dann zum Haushalt der Eltern oder eines Elternteils, wenn es dort wohnt, versorgt und betreut wird. Die Haushaltsaufnahme setzt neben dem örtlichen Merkmal der Familienwohnung weiterhin Vorsorgung, Versorgung und Unterhalt (materielles Merkmal) sowie die Zuwendung von Fürsorge und Begründung eines familiären Bandes (immaterielles Merkmal) voraus (Seewald/Felix § 61 EStG Rd. 43). Zudem muss die Haushaltsaufnahme auf einem Willensentschluss des Berechtigten (subjektiver Aspekt) beruhen (Seewald/Felix aaO Rd. 42). Leben die leiblichen Eltern mit ihren Kindern gemeinsam ...

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