rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz für die Zerstörung des Motors eines gemieteten Kraftfahrzeugs durch „Verschalten” als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Bedienungsfehler („Verschalten”), der dazu führt, dass der Motor eines gemieteten LKW kurzzeitig mit überhöhter Drehzahl läuft und dadurch vollständig zerstört wird, ist als allenfalls leichte Fahrlässigkeit anzusehen.

2. Leistet der Verursacher des Motorschadens Schadensersatz an den Vermieter, da durch Bedienungsfehler verursachte Schäden nicht durch die für das Fahrzeug bestehende Vollkaskoversicherung gedeckt sind, stellt dies eine außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 Abs. 1 EStG dar.

 

Normenkette

EStG 1997 § 33 Abs. 1

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheides vom 20. Mai 2003 in Form der Einspruchsentscheidung vom 23. September 2003 wird die Einkommensteuer 2001 unter Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung i.H.v. 19.300 DM festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Kläger zuvor Sicherheit leisten.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger, der bei X beschäftigt ist, erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und „kennt sich mit Autos gut aus” (Bl. 25).

Im Oktober des Jahres 2000 hatte der Kläger anlässlich des Umzuges seines Sohnes einen LKW (Mercedes, 7,5-Tonner) gemietet. An diesem Fahrzeug hat er durch einen Bedienungsfehler „Verschalten”) einen Motorschaden verursacht. Der hierdurch entstandene Schaden war als Bedienungsfehler nicht durch die Vollkaskoversicherung gedeckt (Bl. 2, 25). Nach dem Gutachten vom 18. Oktober 2000 „muss ein Fahrfehler die Schäden verursacht haben” (Bl. 16 ff.; Rbh Bl. 36). Der Motor musste ausgetauscht werden. Insgesamt hat der Kläger im Jahre 2001 19.300 DM Schadensersatz an die Mietwagenfirma geleistet (Bl. 2).

In der Einkommensteuererklärung 2001 machte der Kläger diesen Betrag als außergewöhnliche Belastung geltend (Bl. 8 ff. Rbh). Bei der Durchführung der Veranlagung ließ der Beklagte insofern keine Einkommensminderung zu und erließ am 27. November 2002 einen dementsprechenden Einkommensteuerbescheid, den er im Einspruchsverfahren aus anderen Gründen am 20. Mai 2003 änderte. Mit Einspruchsentscheidung vom 23. September 2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Am 27. Oktober 2003 erhoben die Kläger Klage. Sie beantragen,

unter Änderung des Bescheides vom 20. Mai 2003 in Form der Einspruchsentscheidung vom 23. September 2003 die Einkommensteuer 2001 unter Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung i.H.v. 19.300 DM festzusetzen.

Das Geschehen sei von der Sache und der Höhe des Schadens her gesehen ein außergewöhnliches Ereignis, das zur Anwendung des § 33 EStG führe. Es liege kein typischer Unfall vor. Die Zwangsläufigkeit sei zu bejahen. Alle Versicherungsmöglichkeiten seien genutzt worden. Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Klägers liege nicht vor (Bl. Bl. 2, 44 f., 55 f). Der Schaden sei dadurch entstanden, dass der Kläger versehentlich vom fünften in den zweiten Gang heruntergeschaltet habe.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Aufwendungen seien nicht zwangsläufig gewesen, da der Kläger die entscheidende Ursache hierfür selbst gesetzt habe (Bl. 37 f.). Er habe nicht glaubhaft gemacht, dass er den Schaden nicht selbst verschuldet habe. Sein Verschulden sei vielmehr unbestritten (Bl. 52 f.).

Durch Gerichtsbescheid vom 26. Oktober 2006 hat der Senat die Klage als unbegründet abgewiesen. Am 4. Dezember 2006 haben die Kläger Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt (Bl. 72).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Akten des Beklagten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und auch begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht die streitigen Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG anerkannt.

1. Rechtliche Grundlagen

Eine außergewöhnliche Belastung liegt vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. „Zwangsläufig” sind Aufwendungen, wenn sich der Steuerpflichtigen ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 EStG).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen nicht auf die Zwangsläufigkeit der Zahlungsverpflichtung selbst ...

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