rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlass von Nachzahlungszinsen wegen Körperschaftsteuernachforderung nach fehlerhafter Beurteilung einer Zahlung als Gewinnausschüttung

 

Leitsatz (redaktionell)

Erhöht das Finanzamt die Körperschaftsteuerfestsetzung, nach dem eine Zahlung an einen Gesellschafter nicht mehr als Gewinnausschüttung angesehen wird, erhebt es zugleich Zinsen nach § 233a AO und verrechnet die dadurch entstehende Zahllast mit der wegen der angenommenen Ausschüttung gezahlten und nunmehr zu erstattenden Kapitalertragsteuer, sind die Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen gem. § 227 AO zu erlassen, wenn –unabhängig davon, dass eine Verzinsung der Kapitalertragsteuer nach § 233a AO nicht vorgesehen ist– das Finanzamt Zinsen für einen Betrag (die Körperschaftsteuer) berechnet hat, der ihm in –mehr als– gleicher Höhe durch die Kapitalertragsteuer im selben Zeitraum zur Verfügung stand.

 

Normenkette

AO §§ 227, 233a, 226, 37 Abs. 2 S. 2, § 5; EStG § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 44b Abs. 5 S. 2, Abs. 4 S. 1, § 44 Abs. 1 Sätze 1, 3; FGO § 102

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.07.2009; Aktenzeichen I B 42/09)

 

Tenor

Unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2004 wird der Beklagte verpflichtet, die festgesetzten Zinsen in Höhe von 183.753 EUR wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Die Entscheidung ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Erlass von Nachforderungszinsen, die gemäß § 233a AO auf Körperschaftsteuer angefallen sind.

Die Klägerin ist eine GmbH, die am 11. November 1999 ihr Stammkapital von 2.493.050 DM um 1.500 EUR erhöht hat. Die neue Einlage wurde von der Gesellschaft für Rücklagenmanagement X GmbH (G) für 24.802.000 DM übernommen.

Am 6. Dezember 2000 fassten die Gesellschafter der Klägerin einen Gewinnausschüttungsbeschluss für 1999. Danach erhielt die G am 15. Dezember desselben Jahres eine Ausschüttung i. H. v. 23.148.000 DM brutto (Bl. 22). Am 10. Januar 2001 wurden 5.787.000 DM einbehaltene Kapitalertragsteuer beim Beklagten angemeldet und bezahlt (Bl. 9/23).

Im Körperschaftsteuerbescheid 1999 vom 9. März 2001 wurde die auf Grund der Ausschüttung ermittelte Körperschaftsteuerminderung i. H. v. 4.860.490 DM berücksichtigt und der Klägerin am selben Tag 3.402.512 DM an Körperschaftsteuer erstattet (Bl. 24/Bl. 1 Zins-A).

Am 25. Juli 2001 teilte das für die G zuständige Finanzamt dem Beklagten mit, dass es sich bei der Zahlung an die G nicht um eine Gewinnausschüttung i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 3 EStG handele. Dementsprechend änderte der Beklagte am 25. Juli 2002 den Körperschaftsteuerbescheid und erhob zugleich Zinsen nach § 233a EStG für 15 Monate i. H. v. insgesamt 183.753 EUR = 359.389,63 DM (Bl. 4 Zins-A). Der Beklagte verrechnete die nachzuzahlende Körperschaftsteuer und die Zinsen am 11. September 2002 mit der gezahlten und zu erstattenden Kapitalertragsteuer (Bl. 9).

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 2. August 2002, die Zinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen (Bl. 2). Diesen Antrag wies der Beklagte am 30. Januar 2003 (Bl. 30 f.) ebenso zurück, wie den dagegen eingelegten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2004 (Bl. 37 ff.).

Mit der Klage vom 5. März 2004 beantragt die Klägerin (Bl. 12),

den Bescheid vom 30. Januar 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die festgesetzten Zinsen in Höhe von 183.752 EUR wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen.

Der Sachverhalt sei nicht nur als einheitlicher Lebensvorgang zu werten, es bestehe zudem auch ein steuerrechtlicher Zusammenhang zwischen der Körperschaftsteuer und der Kapitalertragsteuer (Bl. 15). Dem Staat sei durch die gezahlte Kapitalertragsteuer sogar ein Liquiditätsvorteil entstanden. Zum einen seien rund 500.000 EUR mehr an Kapitalertragsteuer abgeführt worden als die Körperschaftsteuerdifferenz betrage (Bl. 18), zum anderen sei diese Zahlung auch noch zwei Monate früher erfolgt als die Körperschaftsteuererstattung auf Grund der Herstellung der Ausschüttungsbelastung. Daher habe eine Verrechnungsstundungssituation bestanden, so dass die Ermessensentscheidung des Beklagten rechtswidrig und der Ermessensspielraum auf Null reduziert sei. Zweck des § 233a AO sei es, Liquiditätsvorteile abzuschöpfen, die vorliegend aber gerade nicht gegeben gewesen seien. Zudem habe der Beklagte die für die Zinsentstehung relevanten Umstände selbst mitveranlasst, da er erst nach Mitteilung des für die G zuständigen Finanzamtes die Umqualifizierung vorgenommen habe, obwohl ihm alle Umstände bereits zuvor bekannt gewesen seien. Die Klägerin habe – mangels Gewin...

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