rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung der Bewertung der Steuerberaterprüfung. Klagefrist, Wiedereinsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die mündliche Eröffnung der Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung setzt ohne Erteilen einer schriftlichen Rechtsmittelbelehrung die einmonatige Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage in Gang.

2. Ein berechtigtes Interesse an der schriftlichen Bestätigung eines mündlich erlassenen Verwaltungsaktes besteht nicht, wenn der Inhalt eindeutig und unmissverständlich ist.

3. Ein unter der Bezeichnung „Widerspruch” an das Landesfinanzministerium gerichtetes Schreiben ist angesichts des eindeutigen Wortlauts keiner Auslegung dahin zugänglich, dass darin eine Klageerhebung gegen den Bescheid über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung gesehen werden könnte.

4. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht zu gewähren, wenn der Bevollmächtigte des Klägers hätte erkennen können und müssen, dass es sich bei der Klagefrist nach § 47 Abs. 1 FGO um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist handelt, deren Lauf durch das Ingangsetzen eines Verwaltungsverfahrens nicht gehemmt werden kann.

 

Normenkette

FGO § 47 Abs. 1 S. 1, § 56; StBerGDV § 28; AO 1977 § 119 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.11.2003; Aktenzeichen VII R 9/03)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nahm im Wege der zweiten Wiederholungsprüfung an der Steuerberaterprüfung 1999 teil. In der schriftlichen Prüfung erzielte der Kläger einen Notendurchschnitt von 4,50. Im Rahmen der mündlichen Prüfung bewerteten die Prüfer den Vortrag des Klägers sowie das erste Prüfungsgebiet (steuerliches Verfahrensrecht) jeweils mit 5,0, das dritte Prüfungsgebiet (BWL,VWL) sowie das vierte Prüfungsgebiet (Verbrauch- und Verkehrssteuern) jeweils mit 4,5 sowie die sonstigen Prüfungsgebiete mit 4,0. Angesichts des Notendurchschnitts bei der mündlichen Prüfung von 4,42 lag die Endnote von 4,46 über der in § 28 Durchführungsverordnung zum Steuerberatungsgesetz (DVStB) zulässigen Zahl von 4,15.

Ausweislich der Niederschrift über den mündlichen Teil der Steuerberaterprüfung am 15.02.2000 bestand aus der fünfköpfigen Gruppe lediglich der Kläger nicht. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses gab dem Kläger das Ergebnis der Gesamtprüfung („nicht bestanden”) bekannt. Abschnitt VII der Niederschrift enthält den Hinweis, dass der Kläger keine Begründung der Entscheidung begehrt habe. Gleichwohl seien ihm die tragenden Gründe für die Bewertung erläutert worden. Einwendungen gegen die Prüfung habe es nicht gegeben.

Mit Schreiben vom 22.02.2000, auf dessen weitere Einzelheiten verwiesen wird, legte der seinerzeitige Bevollmächtigte des Klägers, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Dr. A…, W…., gegen die Prüfungsfeststellung „nicht bestanden” Widerspruch ein und beantragte eine substantiierte Begründung für die Prüfungsentscheidung. Daraufhin teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 28.02.2000, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, mit, das verwaltungsinterne Kontrollverfahren mit dem Ziel eingeleitet zu haben, die Prüfungsentscheidung nochmals zu überprüfen. Zugleich bat der Beklagte den Kläger, sein Begründungsbegehren zu spezifizieren.

In der Stellungnahme vom 28.02.2000, auf deren Einzelheiten ebenfalls verwiesen wird, fasste der Prüfungsausschuss die Leistungen des Klägers sowie die Bewertung zusammen. Der Ausschuss sah keine Veranlassung, von seiner ursprünglichen Bewertung abzuweichen. Der Beklagte übersandte die Stellungnahme des Prüfungsausschusses dem Kläger unter dem 27.03.2000 zur Kenntnis und erklärte in einem weiteren Schreiben vom 12.04.2000 das verwaltungsinterne Kontrollverfahren für beendet. Der seinerzeitige Bevollmächtigte des Klägers bat daraufhin in seinem Schreiben vom 30.03.2001, mangels förmlicher Widerspruchsentscheidung das Widerspruchsverfahren fortzuführen. In seiner Entscheidung vom 17.04.2001 verwarf der Beklagte den Einspruch des Klägers vom 22.02.2000 als unzulässig.

Ebenfalls am 17.04.2001 reichte der seinerzeitige Bevollmächtigte des Klägers gegen die Prüfungsentscheidung vom 15.02.2000 in Gestalt der ablehnenden Entscheidung vom 12.04.2000 Klage ein, die er wie folgt begründete: Die Klage sei zulässig. Durch das Schreiben vom 22.02.2000 habe er, der Kläger, unverzüglich im Sinne von § 119 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung (AO) verlangt, den Verwaltungsakt der mündlichen Prüfungsentscheidung vom 15.02.2000 schriftlich zu bestätigen. Der Begriff des berechtigten Interesses sei weit auszulegen. Die Absicht, eventuell einen Rechtsbehelf einzulegen, begründe ein derartiges berechtigtes Interesse. Nachdem der Beklagte es unterlassen habe, trotz Aufforderung den mündlich erlassenen Verwaltungsakt vom 15.02.2000 schriftlich zu bestätigen, sei die Rechtsbehelfsfrist im Sinne von § 356 AO nicht in Gang gesetzt worden. Da der Beklagte bis zum heutigen Tage nicht einmal eine schriftlic...

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