Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen an das Finanzamt verfassungskonform. kein Anspruch eines IT-Dienstleisters auf Nichtanwendung des ELSTER-Verfahrens infolge Sicherheitsbedenken und Geheimhaltungsverpflichtung gegenüber Kunden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen in elektronischer Form nach § 18 Abs. 1 UStG liegt innerhalb des verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers und verstößt auch nicht gegen Unionsrecht (Anschluss an BFH-Urteil v. 14.3.2012, XI R 33/09). Die Regelung verstößt zudem nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; dies gilt auch, soweit der Gesetzgeber die Zumutbarkeitskriterien mit Wirkung ab 1.1.2009 durch § 150 Abs. 8 AO konkretisiert hat.

2. Die Übermittlung der Daten im ELSTER-Verfahren an die Finanzbehörde ist nicht manipulationsanfälliger und damit nicht unsicherer als die Datebübermittlung im papiergebundenen System (Anschluss an Niedersächsisches FG, Urteil v. 20.10.2009, 5 K 149/05).

3. Zur Wahrung der Datensicherheit erfolgt die elektronische Übermittlung der Voranmeldung mittels ELSTER im zertifizierten Verschlüsselungsverfahren SSL (Secure-Socket-Layer-Protokoll, vgl. https://www.elster.de), wodurch gewährleistet wird, dass Daten während der Übertragung nicht gelesen oder manipuliert werden können, und sichergestellt ist, dass unbefugte Dritte während des Übertragungsvorgangs keinen Zugriff auf die Daten nehmen können. Die in jüngster Vergangenheit öffentlich bekannt gewordene Sicherheitslücke beim Verschlüsselungsverfahren SSL gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung, da sie erst bei einer höheren Version als der, die von der Finanzverwaltung verwendet wird, zur Anwendung kommt. Das Elster Online-Portal, das elektronische Finanzamt der Steuerverwaltung unter www.elsteronline.de, sowie ElsterFormular waren von dieser Schwachstelle nicht betroffen, weshalb ein unberechtigter Zugriff auf personenbezogene oder steuerlich relevante Daten der Bürger zu keinem Zeitpunkt möglich war.

4. Lediglich abstrakte Sicherheitsbedenken sowie ein etwaiges trotz Anwendung der zur Verfügung stehenden technischen Sicherungsmöglichkeiten verbleibendes Risiko eines „Hacker-Angriffs” auf die gespeicherten oder übermittelten Daten können keinen Anspruch auf eine Entbindung von der Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung im ELSTER-Verfahren rechtfertigen; die gilt gilt auch für einen als IT-Dienstleister tätigen Unternehmer, der mit seinen Kunden Geheimhaltungsvereinbarungen getroffen hat und über keinen firmeninternen Internetzugang verfügt.

 

Normenkette

UStG § 18 Abs. 1 Sätze 1-2, § 27 Abs. 9; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 S. 2; AO § 150 Abs. 8 Sätze 1-2, Abs. 2; StDÜV § 1 Abs. 2 Sätze 1-2, § 6 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 06.07.2015; Aktenzeichen XI B 79/14)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Kläger zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen in elektronischer Form durch Datenfernübermittlung.

Der Kläger ist im Bereich IT – Dienstleistungen als Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) tätig. Gleiches gilt für die Klägerin, deren Director der Kläger zu 1. ist.

Mit Schreiben vom 03. bzw. 04. September 2013 beantragten die Kläger mit gleichlautender Begründung, sie von der Verpflichtung zur Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen in elektronischer Form zu befreien. Zur Begründung führten sie aus, die Vorschriften des § 41a Abs. 1 EStG bzw. § 18 Abs. 1 UStG, wonach Arbeitgeber bzw. Unternehmer verpflichtet seien, Lohnsteuervoranmeldungen bzw. Umsatzsteuervoranmeldungen elektronisch an das Finanzamt zu übermitteln, verstießen gegen den verfassungsmäßig garantierten Gleichbehandlungsgrundsatz. Danach seien nämlich alle Bürger, also auch steuerpflichtige Unternehmer, vor dem Gesetz gleich zu behandeln.

Die Finanzämter müssten bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Ausnahmen von der Verpflichtung, Umsatzsteuervoranmeldungen elektronisch an das Finanzamt zu übermitteln, gewähren. Eine Voraussetzung liege z.B. dann vor, wenn ein Unternehmer nicht über einen Internetzugang oder entsprechendes Arbeitsgerät zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen in elektronischer Form verfüge. Da die Finanzämter in solchen Fällen Ausnahmen genehmigen müssten, könne jeder steuerpflichtige Bürger aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine solche Ausnahme verlangen. Anderenfalls würden nämlich solche steuerpflichtige Personen, die nicht über entsprechendes Arbeitsgerät zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen in elektronischer Form verfügten, denen gegenüber, die grundsätzlich in der Lage seien, Umsatzsteuervoranmeldungen in elektronischer Form zu erstellen, bevorzugt. Dieser Personenkreis müsse sich nämlich nicht beim Elster-Portal mit einem Kont...

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