rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für Operation zur Brustvergrößerung regelmäßig nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Krankheitskosten, die zu zwangsläufigen Aufwendungen i. S. d. § 33 Abs. 2 S. 1 EStG führen, liegen bei einem Gewebeschwund der weiblichen Brust (Mammahypoplasie, Atropie mammae) nur dann vor, wenn die Betroffene in ihren Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt. Eine entstellende Wirkung ist nur bei einer erheblichen Auffälligkeit gegeben, die sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi „im Vorbeigehen” bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt. Sofern körperliche Auffälligkeiten nur im unbekleideten Zustand sichtbar sind, so wie es bei einem Volumenmangel der Brust, der durch Push-up-BH oder Einlagen im BH ausgeglichen werden kann, der Fall ist, ist eine Entstellung regelmäßig ausgeschlossen (Anschluss an LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 24.9.2013, L 4 KR 1/12).

2. Die zu behandelnde Krankheit besteht in einem solchen Fall nicht in der Abweichung des körperlichen Erscheinungsbildes vom Regelfall, sondern kann in der gegebenenfalls dadurch hervorgerufenen psychischen Belastung gesehen werden. Die von einer Mammahypoplasie ausgehende psychische Belastung ist daher nicht durch eine Operation, sondern mit den Mitteln der Psychotherapie zu lindern, auch wenn diese ähnlich hohe Kosten zur Folge hat (vgl. BSG, Urteil v. 28.2.2008, B 1 KR 19/07 R, BSGE 100, 119; FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 20.5.2014, 5 K 1753/13).

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung einer Operation zur Brustvergrößerung als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 EStG.

Die Kläger sind verheiratet und wurden für das Streitjahr 2016 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Bei der Klägerin wurde am … 2016 von der … GmbH eine Operation zur Brustvergößerung durchgeführt, für die ein OP-Honorar von 6.770 EUR einschließlich 19% Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wurde.

In ihrer Einkommensteuererklärung wurden die Aufwendungen für die Brustvergrößerung als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht.

Im Einkommensteuerbescheid 2016 vom 13. Juni 2017 wurden die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. In den Erläuterungen zur Festsetzung ist ausgeführt, dass die geltend gemachten Aufwendungen nicht hätten berücksichtigt werden können, da sie nicht außergewöhnlich im Sinne von § 33 EStG gewesen seien.

Am 28. Juni 2016 ist Einspruch eingelegt worden. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Krankheitskosten/Arztkosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen würden, als außergewöhnliche Belastung absetzbar seien. Die Operation sei ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen durchgeführt worden und die Kosten seien von der Krankenkasse nicht übernommen worden. Dem Einspruch war beigefügt eine „Fachärztliche Bescheinigung zur Vorlage bei der …” vom 26. April 2016 der Psychiaterin …. Darin wird ausgeführt, dass sich die Klägerin seit dem 25. April 2016 dort seit dem 25. April 2016 in ambulanter Behandlung befinde. Diagnostisch handele es sich um „Neurose, depressiv F 32.9, Persönlichkeit, selbstunsicher F60.6”. Nach ihren zwei Schwangerschaften empfinde die Klägerin ihre Brüste nicht nur als extrem klein, sondern auch als sehr unwohl geformt. Ihre Frauenärztin Dr. … habe ihr wegen Atrophie Mammae beidseitig eine Brustvergößerung dringend geraten. Ein zweiter Gynäkologe, Dr. …, habe die Diagnose Mammahypoplasie bestätigt und ebenfalls die Operation empfohlen. Aus fachärztlicher Sicht wäre eine operative Korrektur der Brüste zur Vermeidung irreversibler psychischer Schäden indiziert. In Anbetracht der schon erheblichen psychischen Beeinträchtigung handele es sich primär um eine medizinische Indikation, um weitere, vielleicht irreversible Schäden zu vermeiden. Die Kostenübernahme für die Operation durch die … werde aus fachpsychiatrischer Sicht empfohlen und spare in der Regel erhebliche Folgekosten. Eine psychotherapeutische Behandlung könne eine solche psychische Beeinträchtigung und den Leidensdruck in der Regel nicht auffangen oder ausreichend mildern, da die Konfrontation mit der Körperstörung täglich erneut erfolge.

Die Aufforderung durch das Finanzamt vom 6. März 2018, das Ablehnungsschreiben der … vorzulegen, wurde nicht beantwortet.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. April 2018 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nicht nachgewiesen worden sei. Es lägen keine Krankheitskosten vor, die zu zwangsläufigen Aufwendungen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG geführt hätten. Zwar sei vorgetragen worden, dass die Klägerin vor der Brustoperation stark psychosomatisch beeinträchtigt gewesen sei und d...

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