rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Umsatzsteuerbefreiung für ein ohne behördliche Genehmigung betriebenes Seniorenheim; über 75-jährige Personen nicht automatisch pflegebedürftig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nur die Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime i.S. von § 1 Heimgesetz, denen auch eine Erlaubnis nach § 6 HeimG erteilt worden ist, sind formell rechtmäßig und können unter den weiteren Vorausssetzungen des § 4 Nr.16 Buchst.d UStG in der für die Jahre bis 1994 gültigen Gesetzesfassung von der Umsatzsteuer befreit sein. Eine nachträglich erteilte Erlaubnis wirkt nicht "ex tunc" zurück. Der Mangel der förmlichen Erlaubnis kann allenfalls dann unschädlich sein, wenn die Pflegeeinrichtung nachweislich z.B. im Hinblick auf ein schwebendes Erlaubnisverfahren behördlicherseits geduldet wurde.

2. Soweit die Finanzverwaltung die Auffassung vertritt, Menschen seinen ab Vollendung des 75. Lebensjahres ohne weiteres als pflegebedürftig i.S. von § 4 Nr.16 Buchst.d UStG 1980 i.V.m. § 68 BSHG anzuerkennen, wird dem nicht gefolgt.

 

Normenkette

UStG 1991 § 4 Nr. 16 Buchst. d; UStG 1993 § 4 Nr. 16 Buchst. d; UStG 1980 § 4 Nr. 16 Buchst. d; BSHG § 68 Abs. 1; HeimG §§ 6, 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.10.2003; Aktenzeichen V R 24/00)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes und erzielte in den Jahren 1991 bis 1994 Umsätze aus dem Betrieb eines gewerblichen Seniorenheimes. Streitig ist, ob sie für die aus dem Betrieb des Wohnheimes erzielten Umsätze die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 d UStG 1980 für sich in Anspruch nehmen kann. Unter dem ... wurde ihr vom Senator für Gesundheit, Jugend und Soziales für das Heim eine Betriebserlaubnis nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Heimgesetz (Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für behinderte Volljährige v. 7. August 1974, BGBl. I S. 1873) erteilt, die auf... Plätze beschränkt war. Die Erlaubnis wurde mit der Auflage verbunden, als Heimleitung eine Pflegefachkraft einzustellen. Darüberhinaus wurde sie mit dem Hinweis erteilt, nur rüstige, in der Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkte ältere Menschen aufnehmen zu dürfen. Den Antrag auf Erteilung der Heimerlaubnis hatte die Klägerin bereits am ... gestellt. Sie macht geltend, daß in den Streitjahren 1991 bis 1994 mindestens 2/3 der Heimbewohner das 75. Lebensjahr vollendet gehabt hätten, pflegebedürftig gewesen seien und folglich der gesetzliche Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 16 d UStG 1980 erfüllt gewesen sei. Die Klage hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen:...

Der Rechtsstreit geht auf eine bei der Klägerin für die Jahre 1990 bis 1994 durchgeführte Betriebsprüfung zurück, die unter anderem zu der Feststellung führte, daß die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 16 d UStG 1980 nicht erfüllt seien (vgl. Bericht v....). Dementsprechend unterwarf das FA die aus dem Betrieb des Wohnheims erzielten Umsätze mit Bescheiden vom ... über Umsatzsteuer 1991 und 1994 sowie vom ... über Umsatzsteuer 1992 und 1993 der Umsatzsteuer, wobei es die Vorsteuerbeträge für die genannten Streitjahre berücksichtigte und den bis dahin bestehenden Vorbehalt der Nachprüfung jeweils nach § 164 Abs. 3 AO aufhob. In den hiergegen eingelegten Einsprüchen vom ... trug die Klägerin vor, die Erlöse aus der Seniorenpension seien der Umsatzsteuer unterworfen worden, obwohl mindestens 2/3 der Leistungen des Seniorenheimes pflegebedürftigen Personen im Sinne des § 68 BSHG zugute gekommen seien. Sie bäte um eine nicht zu enge Auslegung des Begriffs der „Pflegebedürftigkeit”, so daß Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 d UStG zu bejahen sei. Mit Bescheiden vom ... nahm das FA sodann Änderungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zugunsten der Klägerin vor, indem es die streitigen Umsatzsteuern wie folgt festsetzte:

1991

DM 11.447,00

1992

DM 59.578,00

1993

DM 67.810,00

1994

DM 98.483,00

Die Einsprüche der Klägerin wies es mit Einspruchsentscheidung vom ... als unbegründet zurück. In den Entscheidungsgründen führte es aus, nach § 4 Nr. 16 d UStG in der für die Streitjahre geltende Fassung seien unter anderem Umsätze aus dem Betrieb eines Altenheimes, Altenwohnheimes oder Pflegeheimes steuerfrei, wenn im vorangegangenen Jahr mindestens 2/3 der Leistungen den in § 68 Abs. 1 BSHG oder den in § 53 Nr. 2 AO genannten Personen zugute gekommen seien. Pflegebedürftig seien nach § 68 Abs. 1 BSHG solche Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens der Hilfe bedürften. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht gegeben. Die Klägerin habe in einem Schreiben vom ... an die zuständige senatorische Behörde unter Hinweis auf den Antrag auf Betreiben eines Altenheimes unter anderem mitgeteilt, daß ein reines Altenheim (und kein Pflegeheim) betrieben werde, in dem nur rüstige Menschen betreut würden. Aus diesen Ausführungen werde zweifelsfrei erkennbar, daß im Prüfungszeitraum b...

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